Vampirzorn
Wahrheit damit näher, als er sich träumen ließ.
»Bist du ... in Ordnung, Toni?« Francescos Stimme klang neugierig, und Antonio war klar, dass er sich nun zusammenreißen musste.
»Ja ... ja, natürlich!«, sagte er, etwas Furchtbares in seinem Innern niederkämpfend – eine innere Stimme, die herausschrie, dass nichts in Ordnung war, ganz im Gegenteil. »Und jetzt ... halte deine Zunge im Zaum, dann werde ich dir erzählen, was Angelo mir sagte.«
»Schieß los!«
»Der Hund ist am Ende. Du hast den Vertrag schon so gut wie in der Tasche. Du wirst gewinnen, und zwar spielend. Deine Gegner werden auf ganzer Linie scheitern. Sie haben dir nicht viel entgegenzusetzen, du wirst auf keinen nennenswerten Widerstand stoßen ... aber dafür wird es die ideale Gelegenheit sein, sie für alle Zeiten aus dem Geschäft zu drängen. Deine Kosten: minimal ...« Es war Verrat, doch dessen war Antonio sich kaum bewusst. Er hatte kein schlechtes Gefühl, sondern empfand lediglich Vergnügen dabei.
»Das ist alles?« Francesco klang verwirrt. »Hat Angelo keine Einzelheiten genannt?«
»Du sollst ausführen, was du tun willst. Deine Planungen sind völlig ausreichend. Keine Einzelheiten, nein.«
»So einfach?« Francesco war überrascht. »Nach all den ... Geschichten, die er uns aufgetischt hat? Hör zu, ich habe Angus hier bei mir – unseren Verbindungsmann vor Ort, du weißt schon –, und er meint, dass es keineswegs einfach werden dürfte! Er lebt schon lange hier, Toni, und weiß, wie in dieser Gegend der Hase läuft!«
»Ich kann dir nur wiedergeben, was Angelo mir gesagt hat«, entgegnete Antonio gleichmütig. »Er sagt, du wirst es leicht haben. Was soll ich dir sonst erzählen?« Doch dann fügte er, um zumindest so zu tun, als interessiere er sich dafür, hinzu: »Wie läuft es bei dir? Habt ihr alles im Griff?«
»Nichts kann ungesehen an uns vorüberkommen«, erwiderte Francesco. »Seit anderthalb Tagen sind wir in Bereitschaft. Natürlich ist das letzte Stadium eines Vertragsabschlusses die entscheidende Phase. Aber wir haben ja den Helikopter zur – äh, ›Luftüberwachung‹? –, um das höher gelegene Terrain im Auge zu behalten, du weißt schon! Außerdem haben wir uns eine Eins-A-Ausrüstung bei italienischen Freunden in Newcastle besorgt. Und dann gibt es ja noch so etwas wie ein Bauchgefühl, und meins sagt mir, dass alles nach Plan verlaufen wird. Angelo dürfte also wahrscheinlich recht haben. Sehen wir den Tatsachen doch mal ins Auge: Er sollte sich besser nicht irren!«
»Dann gibt es ja weiter nichts zu sagen«, meinte Antonio. »Du wirst mich doch auf dem Laufenden halten?«
»Ich melde mich wieder, sobald es etwas Neues gibt. Mach’s gut, Bruder.«
»Du auch«, sagte Antonio. Damit legte er auf ...
... und saß einfach nur da, während er spürte, dass sein Gesicht auf einmal ein merkwürdiges Eigenleben führte. In seinem Hinterkopf vernahm er das ferne, irrsinnige Lachen seines Vaters ...
Radu hatte sie gerufen, und Alan-vom-Moor – Alan Goresci, die eigentliche Bestie von Bodmin Moor, ein umherziehender Gelegenheitsarbeiter, der auf Bauernhöfen sein Auskommen fand und verheerende Schäden unter dem Vieh – bislang allerdings nur unter dem Vieh – anrichtete, indem er es wahllos abschlachtete – und der junge Garth Trevalin waren seinem Ruf gefolgt. Als Mondkinder und Abkömmlinge früherer Knechte eilten sie Radu zu Hilfe, zwar nicht ohne die Unterstützung des Alten John, doch indem sie ihren Weg zu ihm fanden, traten sie den Beweis an, dass Francesco Francezci sich irrte: Sie konnten sehr wohl unbemerkt an ihm vorübergelangen. Was waren sie denn schon? Bloß zwei Ski-Urlauber aus dem Südwesten, die den letzten richtigen Schnee der Saison ausnutzen wollten! Und da sie noch nicht einmal ausgereifte Knechte waren, hing ihnen auch nicht der Geruch, die Aura des Großen Wolfes, an. Weder schirmten sie ihre Gedanken ab noch ließen sie sie suchend umherschweifen, und bis auf einen letzten Rest aus grauer Vorzeit war ihr Blut dasjenige ganz gewöhnlicher Menschen.
In Edinburgh hatten sie sich getroffen und dort einen Wagen und Kletterausrüstungen gemietet. Anschließend waren sie weiter ins Spey Valley gefahren und hatten sich in Newtonmore, noch ein ganzes Stück südlich von Aviemore und den Cairngorms, Zimmer genommen. Der Hunde-Lord hatte gefühlt, dass sie da waren. Er spürte ihre Unterkunft auf und gab die Nachricht an den Alten John weiter, der sich sofort auf
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