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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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etwa war der Inhalt des Briefes. Tsi-Hongs Rang und Dienststellung reichten nicht aus, die Situation weiter zu klären. Aber da er Drakesh bisher stets gefördert hatte und man ihm deshalb unterstellen könnte, irgendwie darin »verwickelt« zu sein, barg der Brief im Grunde eine weitere, zusätzliche Warnung. Sollte es im Kloster oder der ummauerten Stadt irgendetwas geben, was man nach Drakeshs (oder vielmehr Tsi-Hongs) Dafürhalten dort besser nicht finden würde – irgendetwas, was nicht in den Rahmen der offiziell genehmigten Experimente passte –, sei nun der Zeitpunkt gekommen, sich davon zu trennen ...
    Daran schloss sich eine scheinbar harmlose Bemerkung an:
    Weil es in einer Handvoll tibetischer Grenzstädte und -dörfer immer öfter zu Aufständen kam, sollte der Nachfolger des kommandierenden Offiziers der Garnison von Xigaze schon in neun oder zehn Tagen seinen Posten antreten. Zudem würde er aufgrund der Kampfhandlungen von einer halben Kompanie Sondereinsatztruppen unterstützt – Sturmtruppen! Gepanzerte Transportfahrzeuge für die Gruppe formierten sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt am Luftlande-Brückenkopf in Golmud an der chinesisch-tibetischen Grenze. Es könnte sich als klug erweisen, sich auf eine Zusammenkunft mit dem Major vorzubereiten, sobald er vor Ort eintreffe ...
    Der letzte Drakul begriff die Warnung des idiotischen Obersts sehr wohl. Da der Brief ihn vor einer Woche erreicht hatte, dürfte eine Inspektion seiner »Einrichtung« unmittelbar bevorstehen. Ja, Drakesh wusste, dass es sich so verhielt, denn in den vergangenen achtundvierzig Stunden hatten seine Albino-Fledermäuse ihn von der Ankunft mehrerer Konvois gepanzerter Fahrzeuge in Xigaze und von hektischer Betriebsamkeit in der bislang eher verschlafenen Garnison unterrichtet. Ebenso würden ihm seine fliegenden Späher – unsichtbar vor dem blendenden Weiß der Winterlandschaft – beim ersten Anzeichen größerer Truppenbewegungen in seine Richtung sofort Bericht erstatten. Und das würde bald geschehen, dessen war er sich sicher.
    Schade, denn hätten sie ihm lediglich eine symbolische Streitmacht geschickt, hätte Drakesh es mit ihnen aufnehmen und sich so ein paar Wochen Luft verschaffen können. Aber eine halbe Kompanie gut ausgebildeter Kommandotruppen? Seine Mönche waren zwar Vampire, zugegeben, aber sie bestanden auch nur aus Fleisch und Blut. Und seine Kampfkreaturen – nun, sie wuchsen zwar heran, waren jedoch noch nicht weit genug entwickelt, um aus ihren Bottichen geholt und losgelassen zu werden. Nicht anders als seine zahllosen Kinder in der ummauerten Stadt waren sie noch unreif, und obwohl nach seinem Bild geschaffen, würde es geraume Zeit dauern, bis sie – ganz gleich ob Mensch oder Monster – ihrem Vater gleichkamen.
    Doch so lange wollte der letzte Drakul nicht mehr warten. Seine Pläne mussten sofort umgesetzt werden; der morgige Tag würde in Erinnerung bleiben (bei den Überlebenden zumindest) als der Beginn des letzten, langen Winters, der der Zivilisation, wie die Menschheit sie kannte, den Tod brachte, zugleich aber auch als die Geburt einer neuen Ordnung. Er hatte gehofft, es so lange hinauszögern zu können, bis die Kreaturen in seinen Bottichen völlig ausgewachsen waren und seine Brut in der ummauerten Stadt ihre Mütter leer gesaugt und ihre Knochen abgenagt hatte; doch leider war es nun unvermeidlich. Denn nun brauchte er ein Ablenkungsmanöver, etwas, das die Aufmerksamkeit der Soldaten in Xigaze von ihm ab- und nach Peking hinlenkte, etwas, was sie dorthin zurückbeorderte oder auch an jede andere Front, die sich demnächst eröffnen würde. Denn er hatte ein Ablenkungsmanöver von noch nie da gewesener Tragweite im Sinn.
    Was Daham Drakesh allerdings nicht wusste (und auch Tsi-Hong nicht, andernfalls hätte er es niemals gewagt, eine Warnung, ganz gleich welcher Art, zu senden) war, dass die Massenvernichtungswaffen, die er entwendet hatte, kein Geheimnis mehr waren. Sie befanden sich nicht länger an ihrem Platz und stellten auch keine Bedrohung mehr dar. Vor zwei Wochen nämlich hatte Yuri Andropow seinen Amtskollegen in Peking über die Bombe in Chungking unterrichtet und die notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt, die sie letztlich mit Drakesh in Verbindung brachten. Und zwar als Reaktion auf ein Ultimatum der Briten: Sollte er, Andropow, den chinesischen Behörden keine Mitteilung machen, wollten sie es tun.
    Nicht anders als die Engländer und die Russen warteten

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