Vampirzorn
halb im Harz untergetauchten Leichen mit dem umgeklappten Kolben seiner Waffe an.
»Ich hatte also recht«, meinte er. »Er ist nicht nur erwacht, sondern auch bereits auferstanden, und er ist hungrig. Zumindest war er das ...«
Einer der Leichname war der eines jungen Mannes; daran war nichts Außergewöhnliches, bis auf den Wolfsgeruch. »Ein Mondkind«, bemerkte Francesco. »Ausgesaugt bis zum letzten Tropfen und dann ins Harz geworfen, nur um sicherzugehen, dass Radus Biss nicht doch fruchtet. Der Hunde-Lord macht keine Leutnante – wenigstens noch nicht. Und dieser andere hier – eindeutig ein Drakul. Asiat, voll entwickelter Leutnant und zweifellos der Anführer seiner Gruppe. Das sagt uns, dass seine Leute wahrscheinlich nicht mehr unter uns weilen. Er dürfte wohl der Letzte gewesen sein.«
»Sein Rücken sieht aus wie ein ›Z‹«, murmelte Manoza beinahe ehrfürchtig. »Und diese Messerschnitte hier gehen durch bis zum Schädel. Außerdem fehlt sein Herz! Er sieht aus, als habe jemand ihn durch den Wolf gedreht!«
Francesco schüttelte den Kopf. »Diese Schnitte stammen nicht von einem Messer. Das waren Klauen.«
Unten indes, am Fuß des Trümmerhügels, zuckte Tanziano zusammen. Mit einem Ruck drehte er sich im Kreis. Seine Augen irrten unstet umher, bemüht, einem Schatten zu folgen, der im flackernden Schein der Fackeln von Wand zu Wand huschte. Schließlich blieb sein Blick an einem senkrechten Spalt in der Höhlenwand haften, und einen Moment lang war ihm, als werde der Fackelschein von zwei roten Punkten reflektiert.
Dancer neigte seinen runden Schädel zu einem Nicken. Er biss die Zähne zusammen, hielt seine Waffe vor sich gestreckt und bewegte sich, unbemerkt von seinen Gefährten, langsam darauf zu ...
... während der Francezci zu Manoza meinte: »Es ist, wie ich dir sagte – der Blutkrieg hat begonnen, und sie sind bereits aufeinander losgegangen. Irgendwo in diesem Labyrinth werden wir auf den Rest von ihnen stoßen – auf diejenigen, die du auf ihrem Weg hierher beobachtet hast, die Frau und das Letzte ihrer Mädchen, und natürlich auf den Hunde-Lord Radu –, sofern sie sich nicht bereits alle gegenseitig umgebracht haben! Aber hoffen darf man ja immer, eh?« Damit wandte er sich um und blickte nach unten. »Guy«, begann er, »wir folgen jetzt der anderen ...
... Spur. Guy? Dancer?« Einzig der Widerhall seiner Stimme war zu hören, sonst nichts. Tanziano war verschwunden.
Hastig kletterten der Francezci und Manoza wieder hinab. »Dancer?«, rief Francesco. »Wo zur Hölle ...?« Es war, als habe die Höhle bloß auf eine solche Frage gewartet.
»Wo zur Hölle ...? Wo zur ...? Wo ...?«, hallte es von den Wänden wider.
Und dann vernahmen sie etwas, das kein Echo war – ein heiseres Flüstern nur, für ihre geschärften Vampirsinne jedoch klar und deutlich wahrzunehmen. Und es erscholl nicht nur in Francescos Ohren, sondern auch in seinem Geist: »Oh, in der Tat! Wo zur Hölle? Die Hölle ist hier , Ferenczy-Abschaum!«
»Wolf!«, knurrte Francesco, während das hustende, grollende Bellen in seinem Kopf verklang. Er stand Rücken an Rücken mit Manoza, beide starrten sie in die Schatten zur Linken und Rechten. Im ersten Augenblick rührte sich nichts. Doch dann flog etwas hinter einer gewaltigen, natürlichen Felssäule hervor und überschlug sich träge in der rauchgeschwängerten Luft, ehe es mit einem nassen Geräusch auf den grob behauenen Steinplatten landete und, eine rote Schleimspur hinter sich herziehend, noch ein Stück weit schlitterte. Es handelte sich um einen Arm, wie ein Hühnerschlegel am Gelenk abgerissen. Fleisch, Sehnen und Bänder von Brust und Schulter baumelten noch daran, und er steckte immer noch in den Ärmeln von Guy »Dancer« Tanzianos Parka, Jackett und Hemd!
Als das Geheul erscholl, löste sich die Spannung. Doch Francesco war klar, dass es mehr war als bloß ein Heulen. Es war ein Lachen!
Es hallte in seinem Kopf wider, hallte durch das Gewirr aus Höhlen und Gängen, prallte wie ein außer Rand und Band geratener Derwisch von Wand zu Wand, von Nerv zu Nerv.
»Wolfsgeheul!«, sagte Manoza unnötigerweise.
»Und Gelächter!«, knurrte Francesco. »Der Bastard lacht uns aus!«
»Ich habe nur ein Heulen gehört«, sagte Manoza, sichtlich erschüttert. Beinahe wie ein Irrer blickte er den Francezci aus weit aufgerissenen Augen an. »Francesco, sind wir am Durchdrehen oder was ist hier los? Was, zum Teufel, tun wir hier
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