Vampirzorn

B. J. nicht aus den Augen.
    Sie blinzelte, nur ein einziges Mal, und in ihrer Miene spiegelte sich Überraschung, wenn nicht Besorgnis. »Einen Hund?«
    »Haben Sie einen, Miss Mirlu? Einen großen Hund? Einen Wachhund vielleicht, der unten aufpasst, nachdem Sie schließen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Auf den Gedanken bin ich noch nie gekommen. Ich habe das Lokal immer für ziemlich sicher gehalten. Außerdem mag ich Hunde nicht besonders, sie riechen!« Ianson musste lächeln, auch wenn er es nicht zeigte. Denn sie hatte zwar ihre Fassung bewahrt, aber ihr Akzent war auf einmal wie weggeblasen.
    »Und Ihre Mädchen? Hat eine von denen vielleicht einen großen Hund? Margaret Macdowell, zum Beispiel?«
    Sie zuckte die Achseln. »Es hat noch nie eine einen Hund mitgebracht, nein.«
    »Weshalb waren Sie dann so bestürzt, als ich einen Hund erwähnte?«
    »Eh?« Sie wirkte erschrocken, verwirrt. »Was sag’n Se da? Ich und bestürzt?« Ihr Akzent war wieder da.
    »Sie sind nicht von hier, nicht wahr?« Diesmal verbarg Ianson sein Lächeln nicht.
    »Mein Gott, Sie springen wirklich von einem Thema zum anderen!« Sie brachte es fertig, das Lächeln, wenn auch etwas gequält, zu erwidern. »In der einen Minute reden Sie noch über Hunde, und dann woll’n Se wissen, woher ich komme!«
    »Ihr Akzent«, erklärte er. »Ich, ich komme aus Edinburgh. Aber ich versuche, meinen Dialekt unter Kontrolle zu halten. Lediglich wenn ich aufgeregt bin, gelingt es mir nicht. Nicht dass ich mich dessen schämen würde, verstehen Sie, aber es ist nun mal meine Art, mich präzise auszudrücken. Sie dagegen ... sin’ nich’ von hier. Mir machen Sie nichts vor, da können Sie woll’n Se und sag’n Se sagen, so oft sie wollen!«
    »Gehört das auch zu Ihren Ermittlungen, herauszufinden, woher ich komme?«
    Jetzt war sie ein bisschen wütend. »Nun, damit Sie beruhigt sind – und wir endlich weitermachen können: Ursprünglich stamme ich aus den Highlands. Meine Eltern waren aus Garve und Strathpeffer, aber wir zogen nach London, als ich noch ein Kind war. Sie haben also recht, mein Akzent ist nicht echt – nicht ganz echt, aber notwendig. Meine Gäste halten mich für eine Schottin, und so lange es ihnen gefällt, bin ich eben die ›kleine Schottin‹. Sind Sie jetzt zufrieden? Und falls es weiter nichts gibt ...« Sie machte Anstalten aufzustehen, doch Ianson packte ihre Hand, gerade fest genug, um sie nicht wegzulassen.
    »Als Polizist«, erklärte er, »entwickelt man nun mal gewisse Gewohnheiten, und nicht alle davon sind unbedingt gut. Ich möchte mich dafür entschuldigen, Miss Mirlu ...«
    »... B. J.«, unterbrach sie ihn. »Nun, jedenfalls für meine Freunde!«
    »... dass ich so hinterhältig vorgehe«, redete der Inspektor weiter. »Aber, sehen Sie, allem Anschein nach wurde John Moffat von einem großen Hund getötet. Und ich muss mich davon überzeugen ...«
    »... dass nicht jemand von hier sie beschützt hat? Inspektor, soweit ich weiß, hat niemand von uns auch nur im Traum jemals daran gedacht, dass so etwas passieren könnte! Im Wetterbericht hieß es, es würde Schnee geben, deshalb ließ ich Margaret früher gehen. Das machen wir immer so, wenn schlechtes Wetter bevorsteht; dann gebe ich den Mädchen, die außerhalb wohnen, früher Feierabend. Ich habe selbst das Taxi für Margaret gerufen, und sie ist direkt vor der Tür eingestiegen.« (Das war eine Lüge, in Wirklichkeit hatte B. J. sich bereits auf dem Weg nach Small Auchterbecky befunden; allerdings wusste sie, dass ihre Mädchen ihr Alibi bestätigen würden, und wenn es das Letzte war, was sie auf der Welt taten.) »Das Nächste, was wir hörten, war, dass das arme Ding überfallen wurde.« Sie hob die Hände. »Was soll ich Ihnen sonst noch sagen? Das ist alles!«
    »Nun, nicht ganz«, meinte Ianson finster. »Schließlich wurde der Mann, der sie überfiel, ermordet – oder sollte ich lieber sagen: getötet? Mord ist Mord, B. J., auch wenn man eine Bestie umbringt!« Dies entsprach seiner tiefsten Überzeugung.
    Er versuchte es auf eine andere Art. »Konnte John Moffat wissen, dass sie früher nach Hause ging?«
    »Er war oft genug hier, ja«, erwiderte B. J. Doch plötzlich legte sie die Stirn in Falten. »Ein großer Hund«, murmelte sie. »Jemand mit einem großen Hund. Hmm! Wie groß ungefähr?«
    »Oh?« Ianson beugte sich zu ihr. »Gibt es vielleicht etwas, was ich wissen sollte?«
    »Ich weiß nicht recht«, meinte sie. »Ich bin mir nicht