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Vampyrus

Vampyrus

Titel: Vampyrus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Kühne
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laufen konnte. Jetzt war es nicht mehr weit bis nach Hause. Liese würde schon warten, er war spät dran.
    Die Haustür führte direkt in die gute Stube. Sie saß am Tisch, den Kopf auf eine Hand gestützt. Ihr braunes Haar war straff zurückgekämmt zu einem Knoten und mit Verwunderung bemerkte er im schwachen Licht der Petroleumlampe, dass es von silbernen Strähnen durchzogen war.
    „Es tut mir leid, Liese“, setzte er an, als sie mit einem Schrei aufsprang, sich in eine Ecke der Stube drückte und ihn aus weit aufgerissenen Augen ansah.
    „Karl, bist du es? Aber wir haben dich doch gestern begraben. Wieso bist du hier? Bei allen Heiligen, beschützt mich.“ Sie sank auf die Knie und hob flehentlich die Arme. Mit zwei großen Schritten war er bei ihr. „Liese, meine Liebe, hab keine Angst. Ich bin hier, ich lebe. Es geht mir gut. Ich habe nur furchtbaren Hunger.“
    „Bist du es wirklich, Karl? Du siehst schrecklich aus …“
    „Genug der Worte, Weib, ich habe Hunger“, brüllte er. Sie sprang verschreckt auf, griff den Brotkorb und das große Brotmesser und stellte beides auf den Tisch. Dann ging sie in die Speis, brachte ein Stück Schinken, eine Salami und Butter. Karl saß schon am Tisch, hatte eine dicke Scheibe Brot abgeschnitten und biss nun in die Salami. Das Brot stopfte er sich hinterher in den Mund und kaute heftig. Im nächsten Augenblick spürte er einen ekelhaften Brechreiz, die soeben runtergeschluckten Brocken wollten wieder nach oben, und er begann zu würgen.
    „Was zum Teufel – das Zeug ist ranzig, widerlich!“, er spuckte alles aus, während Liese beruhigend seinen Kopf streichelte. „Das kann nicht sein, mein Gemahl, ich habe die Sachen erst gestern gekauft.“ Er wandte sich ihr zu, sah das geliebte Antlitz und spürte eine Gier in sich, unbekannt, verwirrend, überwältigend. Sein Blut rauschte in seinem Kopf, als er sie packte und an sich zog. Sie wehrte sich kurz, gab nach, als seine Lippen die ihren fanden. Er biss sie in die Lippe, schmeckte ihr warmes, süßes Blut. Ein nie gekanntes Glücksgefühl durchströmte ihn. Er zog ihren Körper noch näher an seinen. Mehr, er brauchte mehr. Wild und unkontrolliert biss er immer wieder zu, in ihre Lippen, ihre Zunge, ihre Wangen. Ihre panischen Schreie gellten in seinen Ohren und heizten sein Blut an. Wie im Rausch biss er weiter, fand ihre Halsschlagader, spürte ihr Blut sprudeln und trank gierig. Wie ein Déjà-vu zuckte es durch sein Gehirn. Zähne, die sich in seine Halsschlagader bohrten, der Schmerz als Attila zu saugen begann, dann das Gefühl, alles habe seine Richtigkeit. Er gab sein Blut für eine große Sache und werde seine Belohnung erhalten. Der Frieden, der ihn überkam, als er sich ganz Attila hingab und fühlte, wie sein Blut diesem neue Kraft verlieh.
    Er nahm einen großen Schluck aus Lieses Ader, das Blut begann weniger zu werden. Als ihm klar wurde, dass er sie ausgetrunken hatte, ihr bleiches Gesicht vor seinen Augen, brüllte er in ohnmächtigem Gram. Was hatte er getan? Er hatte sein geliebtes Weib gebissen und getötet! Hatte ihr Blut getrunken und fühlte sich stark und mächtig. Er war ein Teufel, ein Dracul!
    Während Karl schluchzend und unfähig zu denken seine geliebte Liese in den Armen wiegte, stürmten Attila und János auf der Suche nach ihm durch Buda. „Ich kann ihn immer noch riechen, schwach, aber sein Menschengestank ist weiterhin vorhanden.“ Attilas Nasenflügel blähten sich, als er nach links deutete. Sie hatten Karls Spur auf dem Friedhof wieder aufgenommen.
    Diesmal war auch alles schief gelaufen. Zuerst mussten sie das Austrinken dieses Geschöpfes abbrechen, weil eine Horde äußerst gut gelaunter, singender Studenten die Kettenbrücke stürmte. Sie fanden Karl, lasen ihn auf und brachten ihn in die Obhut der Schwestern von St. Josef und der Heiligsten Jungfrau. Selbstverständlich wollten sie ihr Werk auch dort vollenden, doch dem Hospital war eine Kirche angegliedert, und es wimmelte nur so von Heiligen. Bei ihrem ersten Versuch einzudringen, wurden sie sofort von so einem drittklassigen Heiligen entdeckt, der gleich anfing, wie ein Idiot rumzubrüllen. Das hatte zur Folge, dass Dutzende von Heiligen aus ihren Gruften stiegen und Kreuze, Mauersteine und Weihwasserkessel auf sie warfen. Attila schwor, der heilige St. Josef höchstpersönlich habe ihm einen Dachziegel an den Kopf gedonnert. János beteuerte, die Heiligste Jungfrau habe um die Ecke gelugt, um ihm von seiner Mutter

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