Vanilla High (German Edition)
Dies sind die Momente, in denen ich nicht weiß, wer ich bin, was mich ausmacht, für was ich stehe. „Es sind drei Sachen, die ich dir geben will. Die Bombe, den Programmierer und eine zweite Identität für den Notfall, ein Chip mit Identität und Geld zum fliehen, falls es denn sein muss.“ - „Hast du so was auch?“ - „Ja, aber es wäre eine Katastrophe, wenn ich es verwenden müsste. Ich liebe meine Kinder über alles.“ - „Aber warum machst du dann das alles? Warum setzt du dich diesem Risiko aus?“ Sie schweigt eine Weile, dann antwortet sie: „Ich glaube, dass es so gut geht. Ich muss doch hoffen, dass Gott auf unserer Seite ist.“ Solche Ansichten sind theologisch fragwürdig. Ich glaube, dass weiß sie auch. Wenn wir doch damit den Lauf der Geschichte ändern könnten. Aber vermutlich ändern wir gar nichts. Möglicherweise machen wir für die kommenden Life Center noch Werbung. „Wenn du aussteigen willst, kannst du es jetzt noch tun.“ - „Nein, das will ich nicht sagen. Ich habe ja das Profil für einen Selbstmordattentäter. Ich habe nichts zu verlieren außer meinem kümmerlichen Leben. Ich habe keine Familie, keine Kinder“ - „So stimmt das ja auch nicht Arul. Du hast eine Nichte und einen Neffen, einen Bruder, eine Mutter, die dich trotz allem liebt, Freunde.“ - „Hätte ich Chancen, mit der zweiten Identität zu entkommen?“ - „Das hängt ein bisschen von dir ab. Sie haben natürlich Fotos von dir und in diesem Land gibt es Hunderttausende von Kameras, die an Systemen angeschlossen sind, die mit automatischer Gesichtserkennung arbeiten. Möglicherweise können wir uns reinhacken und die Daten manipulieren. Der Vorteil ist ja, dass die Bilder überall verfügbar sein müssen. Da sind dann die Sicherheitsbarrieren nicht ganz so hoch. Dann hättest du eine gute Chance. Ansonsten musst du die Kameras meiden, die natürlich insbesondere an zentralen Plätzen, Bahnhöfen und Flughäfen zum Einsatz kommen. So gut, wie es geht, würden wir dich bei deiner Flucht unterstützen. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit von der Ostküste aus einen Fischkutter zu nehmen, der nach Island geht. Es gibt Schiffe, die nehmen Passagiere mit, ohne groß zu fragen.“ Island gehört zur EU und zwischen der EU und den Vereinigten Staaten gibt es kein generelles Auslieferungsabkommen mehr. „Ich bin mir fast sicher. Wir werden die Bewegung hin zur permanenten Jugend nicht stoppen können. Ich kriege meinen besten Freund nicht überzeugt. Ich weiß doch, was auf unserer Insel los ist“ - „Das Ganze ist nicht nur schlecht für die Menschheit, es ist zumindest auch eine schreiende soziale Ungerechtigkeit. Nur die Milliardäre und die superreichen Millionäre könnten sich eine Behandlung leisten. Die Armen müssten sterben, während die Reichen jung leben dürften. Bisher gab es eine Gerechtigkeit in unserer ungerechten Welt: Auch die Reichen alterten und mussten sterben, obgleich es auch schon jetzt einen beträchtlichen Unterschied in der Lebenserwartung gibt.“ Sie redet wie gedruckt. Ich kenne sie eigentlich so nicht. Ich greife ihre Hand, möchte an die Märchenwelt anknüpfen, die uns entglitten ist. „Ich bin natürlich dabei Elisabeth. Ich bin dabei! Man muss auch ein wirkungsvolles Fanal gegen die Abschaffung der Menschheit, wie sie ist, setzen.“ Sie streichelt mich wieder, so als ob ich für meine Bemerkung eine Belohnung verdient hätte. Ich weiß, dass es von ihr nicht belohnend gemeint ist. Es ist Zärtlichkeit, die sie für mich empfindet. „Wollen wir weiter gehen?“, fragt sie. Sie nimmt mich wieder an die Hand. Wir nehmen den Weg, der am Bach entlang führt. Das Gefälle ist nur mäßig. Irgendwann erzähle ich ihr von Alina Magdalena, von dieser nicht gekannten Sexualität. Ich habe Vertrauen zu ihr. Ich erzähle von dem Hintern, den ich wie einen Götzen angebetet habe, von der Peitsche, mit der ich auf Befehl den Hintern gezüchtigt habe. Sie ist eine Frau. Sie verurteilt mich nicht, im Gegenteil, sie küsst mich leidenschaftlich, zeigt, wie sie für mich empfindet. Ich weiß, sie würde am liebsten sich mit mir in die Büsche schlagen, um es mit mir zu tun, ohne Peitsche, ohne Befehle. Sie löst sich von mir und meint scherzhaft: „So einer bist du also!“ - „Schlimm?“ - „Nein, gar nicht, jeder hat solche Seiten.“ - „Ich könnte mir aber nicht vorstellen, deinen Po zu züchtigen.“ - „Vielleicht könntest du es doch, in einer besonderen Situation. Es fängt
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