Vanilla High (German Edition)
jährlich; dann hätten wir in fünfzehn Jahren die reinen Investitionskosten von siebeneinhalb Milliarden wieder eingespielt.“ - „Und etwa 500 Bürger der USA wären potenziell unsterblich. Alles Superreiche!“ - „Wir könnten die ersten Behandlungen tatsächlich teurer machen. Es fänden sich genug, die einen erheblich teureren Preis bezahlen würden.“ - „500 Menschen in fünfzehn Jahren ist nicht viel“ - „Das stimmt. Bei ihnen auf La Reunion sind es ja inzwischen viel mehr.“ - „Ja, es sind Tausende, die genauen Zahlen kenne ich wie gesagt nicht, es könnten etwa zwölftausend sein, mehr als ein Prozent der Bevölkerung.“ Ich stehe auf einer Warteliste. Nach Schätzungen kann ich damit rechnen, in den nächsten zwei Jahren behandelt zu werden. Die Kapazitäten werden immer weiter ausgebaut. Mein genauer Termin hängt vom Zufall ab.“ - „Und die Behandlung ist kostenlos?“ „Ja! Wer dran kommt, bestimmt eine Art Lotterie“ - „Das würde ich mir für die USA auch wünschen, aber das ist auf absehbare Zeit unrealistisch. Wenn die erste Anlage erfolgreich ist, werden schnell neue entstehen, mit viel geringeren Investitionskosten als bei dem ersten Prototyp“ - "Nun ja, trotzdem, die Reichen dürfen leben, die Armen dürfen altern und sterben, selbst wenn der Preis einer Behandlung auf 200000 Dollar sinken würde, ein Hundertstel ihres Einstiegspreises.“ -„Ja, das ist zuerst einmal bitter. Wollen sie einen Whisky?“ - „Ja gerne!“ Er organisiert eine Flasche Scotch mit zwei Gläsern. Ich trinke gierig. „Welcher Religionsgruppe gehören sie eigentlich an, Herr Ramassamy? Sie sind doch indischer Herkunft.“ - „Ja, meine Familie stammt ursprünglich aus Südindien. Ich selbst bin konvertierter Katholik.“ Er schaut mich aufmerksam an. „Die katholische Kirche steht dem Life Center Projekt sehr kritisch gegenüber. Glücklicherweise haben die in unserem Land nichts zu sagen.“ Ich vermeide ihm zu entgegnen, dass in seinem Land eine Oligarchie von Reichen regiert, unter dem Deckmantel einer radikalen, lutheranischen Kirche und diese Reichen wollen leben. Stattdessen antworte ich: „Man darf nicht so genau und wörtlich nehmen, was die katholische Kirche formuliert. Das ist wie mit ihrer konservativen Sexualmoral, die sie nicht aufgeben will. Kaum ein Katholik hält sich dran.“ - „Und dennoch sind sie in dieser Glaubensgemeinschaft beigetreten. Ich nehme an als Erwachsener.“ - „Der katholische Glaube hat neben seiner Sexualmoral und seiner Einstellung zu Manipulationen am Lebenscode natürlich ganz andere Felder, die ihn einzigartig machen. Für mich war es der Monotheismus, der besonders überzeugend war, und der Katholizismus ist glaubhafter als der Islam und die lutheranischen Kirchen.“ - „Meines Wissens gibt es auch monotheistische Spielarten des Hinduismus“ - „Schon, aber es gibt keinen Jesus Christus, nirgendwo diese Kultur der Nächstenliebe und die Hindus kennen keine wirkliche Erlösung, das himmlische Paradies an der Seite Gottes.“ Er guckt mich skeptisch an. „Ich selbst bin Atheist. Ich brauche keinen Gott, der mir sagt, was richtig und falsch ist. Ich könnte ihn sowieso nicht hören. Aber lassen wir das. Dafür sind sie nicht hergekommen.“ - „Ich unterhalte mich gerne über diese Themen.“ Das ist nicht gelogen. Ich bin froh, dass mir die katholische Sexualmoral eingefallen ist. Damit kann ich wunderbar die katholische Einstellung, meine persönliche Einstellung relativieren. „Meine Utopie ist natürlich, dass jeder, ob arm oder reich, Zugang zu einer Behandlung hat. Aber wenn ich realistisch bin, werden wir das aus eigener Kraft nicht in den nächsten zwanzig, dreißig Jahren schaffen.“ Ich vermeide es, ihn auf die Menschen in Afrika und Südamerika aufmerksam zu machen, auf die, die in den Armutsregionen Asiens leben. „Es wird vermutlich lange dauern“, führt er fort. „Aber ich werde dann alle Zeit der Welt haben, um mein Projekt zu Ende zu führen.“ - „Die Zukunft ist ungewiss“, füge ich an. „Ja, die Zukunft ist ungewiss. Die Tabok könnten so viel beschleunigen“ - „Auch wir auf Reunion wissen nicht, was die Tabok letztendlich mit dem Rest der Welt vorhaben, vielleicht gar nichts weiteres.“ - „Das wäre schade!“ - „Wie schätzen sie das Verhältnis ihrer Regierung zu La Reunion ein.“ - „Man wartet ab. Wir würden natürlich gerne von weiterer Technik der Tabok profitieren. Dem Planeten würde es gut
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