Vanilla High (German Edition)
sich da nicht einem Risiko aus?“ - „Ich schätze, man drückt bei mir ein Auge zu. Ich bin halt ein Privilegierter in dieser Gesellschaft. Im Übrigen haben sich meine Freunde bei ihrer Zeitschrift über sie erkundigt und die sind wohl bereitwillig damit rausgerückt, dass sie gerne und viel Rotwein trinken.“ Da waren meine Kollegen wieder sehr gründlich. Es ist für mich eher amüsant und ich ärgere mich nicht. Die Welt ist klein und hier in Vancouver kennt man die Vorlieben des Arul Ramassamy. „Ich darf meine Kamera einschalten?“ Packe aus meinem Handgepäck die Minikamera, die das erste Interview aufzeichnen soll. Er nickt. „Wollen sie nun ein Bier?“ - „Ja, gerne!“ Dies ist die erste konspirative Verbrüderung mit meinem Gegner. „Ich war früher leidenschaftlicher Biertrinker.“ Inzwischen wird das Gespräch aufgezeichnet. „Warum leben sie dann nicht in Europa? Sie stammen doch aus Europa.“ - „Ich fand hier bessere Rahmenbedingungen für meine Arbeit. Peter und Mark wohnen nur eine Flugstunde von hier.“ - „Sie meinen Peter Thiel und Mark Zuckerberg“ - „Ja, ohne die beiden wäre aus dem Projekt nicht so schnell was geworden.“ - „Habe ich eine Chance auf Thiel und Zuckerberg zu treffen?“ - „Für Peter kann ich garantieren. Er ist morgen bei der Besichtigung des Life Centers dabei. Mark ist viel beschäftigt. Er ist ja auch noch jünger.“ De Grey lacht. „Ich werde schauen, was sich machen lässt!“ - „Wann soll das Life Center in Betrieb genommen werden“ Er öffnet zwei Bierflaschen. „Schmuggelware aus Dänemark!“ Ich mache ihn darauf aufmerksam, dass unser Gespräch aufgezeichnet wird. „Das ist mir egal. Ich bin ein erbitterter Gegner der Prohibition. Außerdem schätze ich sie so ein, dass sie das Material nicht gegen mich verwenden.“ Er schüttet mir ein, und obwohl ich kein Biertrinker bin, schmeckt mir dieser kühle Gerstensaft. Der Mann könnte mir sympathisch werden. „Wer werden die Ersten sein?“, frage ich. „Peter, Mark und ich, wir sind die Pioniere. Vielleicht geht ja auch was schief. Das Life Center hat eine anfängliche Kapazität von drei Menschen pro Monat“ - „Dann wird es ja noch etwas dauern, bis die Menschheit unsterblich ist“ - „Es wird bald viele Life Center geben. Zeigt sich der erste Erfolg, gibt es keine Komplikationen, wird sich die Technologie verbreiten, effizienter werden. Wir werden Kapital bekommen. Ich beneide sie da auf Reunion. Dort müssen es schon sehr viele sein, die sich der Behandlung unterziehen konnten.“ - „Es sind einige Tausende, die genauen Zahlen kenne ich nicht, es mögen nun ein Prozent der Bevölkerung potenziell unsterblich sein.“ - „Wurden sie behandelt?“ - „Ich, nein, ich nicht, ich stehe noch auf der Warteliste. Aber die Kapazitäten werden immer weiter ausgebaut“ - „Das stelle ich mir auch so für die Vereinigten Staaten vor“ - „Mr. de Grey, sie sind schon recht alt. Haben sie irgendwelche Gebrechen?“ - „Einige! Wenn wir noch auf dem medizinischen Stand Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts wären, wäre ich ein Fall fürs Altersheim. Ich würde unter chronischen Schmerzen leiden, dazu hätte ich schwerwiegendes Parkinson. Beides bekommt man heute halbwegs gut im Griff.“ - „Wenn sie sich der Behandlung unterziehen, würde ihr jetziger Zustand eingefroren. Sie wären ein ewig Alter unter Jungen.“ - „Auch mein jetziges Alter ist lebenswert. Ich kann keine hundert Meter mehr in zwölf Sekunden laufen, aber mein Leben lohnt sich jede Minute. Ich leide nicht mit meinen 85. Mit der medizinischen Kunst der Tabok dürfte es noch besser werden. Meine Frau wird die Vierte sein. Im Übrigen glaube ich daran, dass man irgendwann meine Zellen verjüngen kann und das ich mich im Körper des jungen Aubrey de Grey wiederfinden werde, mit meiner jungen Frau an meiner Seite.“ Der Mann ist unverbesserlich. „Verschärft ihr Life Center Programm nicht noch die Ungleichheit in ihrer Gesellschaft? Nur die Superreichen können sich eine Behandlung leisten. Wie teuer wird die erste Behandlung sein, die man sich erkaufen muss?“ - „Wir rechnen mit zwanzig Millionen Dollar. Dies ist ein theoretischer Preis.“
„ Wieso ein theoretischer Preis?“ - „Die tatsächlichen Betriebskosten liegen natürlich wesentlich niedriger. Personalkosten, Energiekosten, Mieten und so weiter. Bei einem Durchsatz von drei Menschen kommen wir auf mindestens 500 Millionen Dollar Überschuss
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