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Variationen zu Emily

Variationen zu Emily

Titel: Variationen zu Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Saarmann
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Etablissement, das wohl wegen der tagsüber mörderischen Hitze auch abends nicht von den Gästen aufgesucht wurde – sie kannten es wahrscheinlich gar nicht. Dabei war es nachts wunderschön dort oben. Wir saßen als einzige Gäste in dem weißen Mondlicht und genossen die Brise vom Meer. Sterne funkelten, das Wasser rauschte sanft, und die Palmen, die nur mit ihren Köpfen über die Brüstung schauten, wiegten sich bedächtig. Schon paradiesisch und wie gemacht für eine kitschige Liebesgeschichte, die hier ihren Anfang hätte nehmen sollen.
    Wir waren völlig ungestört, nur unauffällig bewacht von einem einzelnen schwarzen Kellner, der immer sofort zur Stelle war, wenn wir ein neues Bier oder einen neuen Wein benötigten. Ja, Sarah war eine erfahrene Reisende. Sie wusste, dass in den Tropen alkoholische Mischungen eine Wirkung wie eine Stange Dynamit entfalten können. So trank sie einen leichten Rosé. Wir sprachen immer noch flüssig, es gab keine Pausen in unserem Geplauder. Wir berührten uns nicht, aber in unseren Stimmen und unseren Augen wurde erkennbar, was wir uns beide wünschten, aber vielleicht auch fürchteten.
    Ich trank ziemlich viel, um Zeit zu gewinnen und vielleicht doch noch den Absprung zu s chaffen. Ich sagte mir zwar, dass eine kleine Affaire mit einer Stewardess in Afrika keine großen Folgen haben konnte, aber wer schaut schon hinter die Stirn einer Frau. Frauen denken einfach anders, ist dir das schon mal klargeworden? Außerdem wohnte sie – wenn sie nicht auf Reisen war – in unserer Stadt. Im ungünstigsten Falle könnte das zu peinlichen Situationen führen, wenn sie mir nachlief und mich an unser Abenteuer erinnerte, wenn ich gerade mit jemand anderem zusammen war.
    Nun ja, laß u ns noch eins bestellen. Oder musst du gehen? Und deine Freundin? Egal. Ja, da hast du recht. Ah, sie kommt schon. Danke, Andrea! Ob die liiert ist? Stell dir vor: Du bist mit ihr zusammen, gehst jeden Abend hierher, deine Freundin serviert dir ein kaltes Bier nach dem anderen, und um eins geht ihr gemeinsam nach Hause ins Bett. Toll – für eine Weile. Man kann ja nicht immer trinken.
    Ich machte ihr schließlich den entscheidenden Vorschlag. Es war sehr spät. Mwamburi, der Kellner, wollte wohl langsam heim zu seiner Familie, und Sarah flog am nächsten Tag nach Hause. Ich war mittlerweile angetrunken genug, um alles zu wagen. Ich bewohnte das obere Stockwerk einer angeblich nach Landessitte gestalteten luxuriösen Hütte, in der normalerweise eine zehnköpfige einheimische Familie Platz gefunden hätte. Mindestens vierzig Quadratmeter, ein großer Balkon und ein riesiges, mit einem Moskitonetz beschirmtes Bett auf hohen, geschnitzten Beinen – wahrscheinlich aus dem Holz, das im Feuer so würzig roch. Und eine Minibar, die so ziemlich alles enthielt, was man nachts um zwei noch brauchen konnte. Ich lud sie ein, mich dorthin zu begleiten und die Nacht mit mir zu verbringen.
    Es gab offensichtlich keine Gefahr eines Scheiterns mehr: Sie wollte mich, das stand ihr ins Gesicht geschrieben. Aus reinem Übermut gingen wir erst noch einmal in den nächtlichen Pool, nur in Unterwäsche, und umarmten uns dort im warmen Wasser zum ersten Mal. Und danach musste es schnell gehen: Wir hasteten in mein Zimmer, zogen uns aus, ich mixte uns – ganz Gentleman, allerdings mit pochender Erektion – noch einen Drink und schlüpfte damit unter das Moskitonetz. Sie war durchaus ansehnlich, jung und mit einer wunderbaren glatten Haut. Sie roch lieblich, und in dem Schein des Mondlichts, das durch die Fenster drang, wanden wir uns ineinander, stundenlang. Ich bekam die Küsse und die sanften, üppigen Brüste in tropischer Nacht, die ich mir gewünscht hatte. Beide vom Alkohol leicht betäubt, zögerten wir den Höhepunkt immer wieder heraus, und als es dann endlich kam, dämmerte es schon.
    Leicht wankend brachte ich sie, rudimentär bekleidet, zum Crewbus, der zu einer unvernünftigen Zeit – um sechs Uhr morgens oder so – zum Flughafen abfuhr, amüsierte mich über die Gesichter ihrer Kolleginnen und verabschiedete mich zärtlich, aber unverbindlich von Sarah. Ich würde sie nicht wiedersehen, und das war auch n icht nötig. Es war eine unvergessliche Nacht geworden, aber jetzt ging es wieder um mich allein. Dachte ich.
    Ich schlief zunächst einmal aus, ersparte mir das Frühstück und ging erst am frühen Nachmittag runter zum Pool. Und als ich da auf meiner Liege lag, unfähig, mich meiner Arbeit zu widmen, kam

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