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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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eines Grußes.
    Der Centurio schüttelte langsam den Kopf. »Wir haben keine Spur des Tribuns gefunden. Da ist nur dieser Kerl, der behauptet, er habe ihn nicht retten können.«
    Der Statthalter fuhr sichtlich zusammen. »Wer?«
    »Einer der Legionäre«, erwiderte Marcus Caelius. »Er war feige weggelaufen.«
    »Ich will ihn sehen!«
    Missmutig winkte Caelius einen Soldaten heran, dem er befahl, den soeben verhörten Mann zurückzuholen. Als dieser, von einem anderen Soldaten geführt, näher humpelte,
empfand der Centurio Genugtuung beim Anblick des zerschlagenen, schmerzverzerrten Gesichtes.
    »Centurio Primipilus Marcus Caelius sagte mir, du behauptest, du habest Tribun Caldus nicht retten können«, begann der Statthalter und musterte den Mann mit leicht verengten Augen. »Soldat, ich kenne dich … Nenne mir deinen Namen!«
    Der Legionär atmete schwer und hob mühsam den Kopf. »Titus Annius«, stieß er hervor. »Erste Centuria -«
    »Eigentlich gehört er zu deinem Stab«, unterbrach Caelius ihn. »Als Beneficarius, Stabsschreiber. Als diese Männer gestern Abend auf die kämpfenden Truppen verteilt wurden, steckte man ihn in meine Einheit.«
    Varus beachtete ihn nicht, sein Blick war unverwandt auf den Soldaten gerichtet. »Du und Caldus, ihr kennt euch. Er hat dich angefordert. Du hast von dieser Verschwörung gewusst, nicht wahr?«
    »Nein, Publius Quinctilius, ich habe nicht davon gewusst«, stammelte der Mann. »Ich hatte eine Sklavin, die etwas beobachtet hatte. Drei Soldaten, die einen vierten als Verräter beschimpften und töteten.«
    Varus lehnte sich im Sattel zurück, er war blass geworden. »Ich erinnere mich«, murmelte er.
    Während der Statthalter ein Bein über den Hals seines Pferdes hob, sprang neben ihm ein Praetorianer aus dem Sattel und half ihm so unauffällig auf den Boden, dass der Würde eines Stellvertreters des Augustus Genüge getan war. Varus trat dicht vor den Soldaten hin.
    »Der Mann wird versorgt!«, befahl er. »Bringt ihn zu meinem Reisewagen und ruft einen Medicus - einen guten, keinen von diesen italischen Stümpern!« Während Bewegung in die Umstehenden kam, verharrte Varus auf der Stelle, berührte
Annius’ Schulter. »Danach werden wir beide uns unterhalten über das, was geschehen ist.«
     
    Der Regen hatte wieder zugenommen. Die Soldaten kamen nurmehr schleppend voran, und die ständigen Angriffe, die weitaus tückischer geworden waren, seitdem der Großteil der Reiterei verloren war, brachten zusätzliche Unruhe in den auseinandergerissenen Heereszug. Caelius mühte sich, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, wo immer er konnte, die Stunden zogen sich hin, der Regen strömte vom Himmel und überschwemmte die Wege, heftige Sturmböen behinderten das Weiterkommen, dazwischen pfiffen Pfeilsalven auf sie herab, und immer wieder behinderte Dunst die Sicht. Es war unmöglich, dass sie ihr Tagesziel erreichen würden, so viel stand fest, dachte Caelius, während er der Spitze der Legion nachschaute, und es lag an ihm, Ceionius und Vala, dem Statthalter diese unangenehme Tatsache beizubringen.
    Caelius schnaufte missmutig, als er den klatschenden Hufschlag hörte, ein Bote näherte sich vom hinteren Ende der Legion. Doch ehe der Reiter ihn erreichte, gellte ein Warnschrei auf. Eine Salve von Pfeilen schwirrte durch die Luft.
    »Schilde hoch!«, rief Caelius.
    Der Bote sprang mit einem halsbrecherischen Satz auf den Boden, die Soldaten bückten sich hastig, da es zu spät war, die Schilde vom Rücken zu schnallen, und so prasselten die Pfeile auf ihr Marschgepäck, auf Schilde, Stieltöpfe, Eimer und Feldflaschen. Caelius, der sich mit Optio Opimius unter dessen Schild geduckt hatte, sprang mit seinem Weinstock hervor, brüllte Befehle, und die Männer reihten sich in Windeseile zum Kampf auf. Mit Kriegsgeheul rannten Barbaren in dichten Reihen den Hang hinunter, schleuderten ihre Speere auf die Legionäre, die wieder unter ihren Schilden
verschwanden. Doch kaum verhallte das helle Klackern der aufschlagenden Speerspitzen, rückten die Männer mit gezückten Schwertern gegen die Angreifer vor.
    Caelius packte den Schild, den ihm ein Bursche gereicht hatte, und stürmte nach vorn an die Seite der Soldaten. Das Heft fest umklammert, prallte er in vorderster Linie gegen die anbrandende Menge. Einen Wimpernschlag lang stockte das Gebrüll. Er wurde einen halben Schritt zurückgedrückt, stieß über den Schild hinweg nach dem Feind, der ihm gegenüberstand, nach dessen

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