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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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Füßen habe. An Tagen wie diesen beneide ich die einfachen Soldaten.«
    »Und die einfachen Soldaten beneiden dich um das Vorrecht, in einer Sänfte reisen zu dürfen.«
    »Getragen zu werden«, erwiderte Varus, »ist ein Zeichen der Hinfälligkeit, eine Folge des Alters, in dem man sich bedauerlicherweise nicht mehr seiner Kraft erfreut.«
    »Es ist auch ein Zeichen deiner Macht und Würde«, entgegnete Caldus und erschrak über seine Kühnheit gegenüber dem Statthalter. Verlegen senkte er den Kopf, weil er spürte, dass er errötete.

    »Gaius Caelius, wenn du nicht manchmal krause Einfälle hättest, gehörtest du zu den Besten, denn du bist anstellig und gescheit. Aber dein Argwohn gegenüber den Barbaren verleitet dich zu absonderlichen Schlüssen, die unsere Verbündeten beleidigen.«
    Caldus’ Wangen glühten; er schämte sich, weil ihm sein Verhalten unterwürfig erschien, und verabschiedete sich fahrig, um erleichtert ins halb aufgebaute Marschlager zurückzukehren.
    In seinen Leisten zerrte ein feiner Schmerz vom langen Ritt, sodass er froh war, als er vor dem Holzgerüst eines gro ßen Zeltes auf den morastigen, aber immerhin leidlich festen Boden sprang. Ein Pferdebursche nahm sich des Goldfuchses an. Einmal mehr wunderte Caldus sich darüber, dass stets die richtigen Hände zur Stelle waren. Alle Tätigkeiten, die zum Bau des Lagers benötigt wurden, waren aufeinander abgestimmt. Selbst die Reihenfolge von Truppeneinheiten und Trossteilen war so geschickt aufgeteilt, dass Baumaterial und Werkzeug frühzeitig bereit waren, während Geschütze und Vorräte sowie alles, was verstaut werden musste, erst dann eintrafen, wenn der dafür bestimmte Bereich des Lagers fertiggestellt war.
    Die Soldaten der Vorhut und die der zuerst marschierenden Legion hatten ihre Zeltreihen schon errichtet; vor jeder dieser ledernen Behausungen glomm ein Herdfeuer, auf dem die Abendmahlzeit zubereitet wurde: Fladenbrote oder Grütze aus Weizen, den einer von ihnen mit der Handmühle frisch geschrotet hatte, dazu Speck, harter Käse und was sonst von der am Vorabend zubereiteten Tagesverpflegung übrig geblieben war.
    Unentschlossen machte Caldus sich auf den Weg zu den im Aufbau befindlichen Zelten für die hohen Offiziere, als
er mit einem Blick zum Haupttor bemerkte, dass die Sänfte des Statthalters soeben die Lücke im Wall, die als Tor diente, passierte. Gerade legten Fabri letzte Hand an die Zelte für die Besprechungen und die Quartiere für die Offiziere des Stabes. Caldus wusste, wo sein Quartier stehen würde, im Grunde an der gleichen Stelle wie in der Nacht zuvor. Er hätte es blind gefunden. Seine beiden Sklaven waren damit beschäftigt, Möbel und Kisten hineinzutragen. Bald darauf war das Zelt trotz der Kühle, die in der ledernen Plane nistete, wohnlich eingerichtet, und Caldus nahm eine karge Mahlzeit aus Brot, kaltem Braten, Oliven und frischem Obst zu sich, um sich zu stärken, ehe er zur abendlichen Besprechung ins Hauptquartier aufbrechen musste.
     
    Kalte Dunkelheit umfing Caldus. Regentropfen prasselten, seine Zähne klapperten, und es dauerte eine Weile, bis er begriff, dass er aufgewacht war, in einem Zelt lag, auf einer Matte, die die Kälte des Erdbodens aufgesogen hatte wie ein Schwamm. Von den Wällen ertönte der Ruf zur letzten Nachtwache. Er tastete nach der Decke, die um seine Beine geschlungen war, als hätte er sich im Schlaf davon befreien wollen wie von Fesseln.
    Fröstelnd zog er sie bis zum Hals, kuschelte sich hinein, um die ausgekühlte Wolle aufzuwärmen. Er war gefesselt gewesen in seinem Traum. Männer hatten ihn umringt, ihn verhöhnt und verlacht. Klingen hatten aufgeblitzt, nackt war er gewesen und hatte gezittert vor Angst. Er blinzelte in die Finsternis, hörte die Antwort auf das Signal zum Wachwechsel, die Schritte einer kleinen Mannschaft, die rasselnd an seinem Quartier vorbeimarschierte, Soldaten, die sich vor dem Abmarsch noch ein bisschen Schlaf gönnen durften.
    Die Zunge klebte ihm am Gaumen, und ein pelziger Geschmack
füllte seinen Mund. Caldus seufzte leise, setzte sich auf und rieb sich den Kopf. Den Wasserkrug fände er auch ohne Licht. Langsam richtete er sich auf, tappte durch das Zelt. Er fühlte den Teppich unter seinen bloßen Sohlen, klamm wie die Matte und die Decken, auf denen er geschlafen hatte. Wie der Schlamm, in dem er gestanden war. Er schüttelte die Erinnerung an den Traum ab. Vier Schritte bis zur Truhe, auf der der Wasserkrug stand. Vorsichtig

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