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Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Titel: Vater, Mutter, Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Langer
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beide halb voll.
    Jacqueline rutschte ein Stück zur Seite.
    »Setz dich neben mich.«
    Jacqueline gelang es nicht, seinen Blick zu deuten, als er sich zu ihr setzte.
    Elegant wollte sie wirken, während sie sich vorbeugte und nach dem Stiel ihres Weinglases griff.
    René beobachtete sie aufmerksam und nahm ebenfalls sein Glas auf.
    »Was für einen Wein hast du ausgewählt?«
    »Les Hauts de Larrivet Haut-Brion.«
    »Mmm, sag es noch mal für mich.«
    Seine Stimme vibrierte leicht, als er die Worte wiederholte: »Les Hauts de Larrivet Haut-Brion. Wir trinken ihn oft.«
    Er stockte, biss sich auf die Unterlippe. Doch der zweite Satz hatte sie nicht mehr erreicht.
    »Ich liebe es, wenn du Französisch sprichst.«
    »Ich weiß.«
    Lächelnd prostete sie ihm zu.
    Und ihr fiel auch das dazu gehörende Wort wieder ein: »Santé!«
    Sein Weinglas am Stiel haltend, stieß er es sanft an das ihre. Ein heller, klarer Ton erklang, und er erwiderte den Trinkspruch.
    Sie nahm einen winzigen Schluck und kostete. Zufrieden nahm sie einen größeren.
    Das Glas in der Hand, lehnte sie sich zurück.
    »Erinnerst du dich, als wir damals diesen Französisch-Kurs belegt hatten?«
    »Ja, natürlich.«
    »Wir sind grandios daran gescheitert.«
    René antwortete nicht.
    »Aber die Aussprache haben wir danach noch sehr oft geübt.«
    Jacqueline versuchte, das längst Vergessene aus den Tiefen ihres Gedächtnisses wieder heraufzubeschwören.
    Wenn nur dieser vermaledeite Specht nicht wäre …
    Endlich fielen ihr die Worte wieder ein: »Jacqueline aime René. René aime Jacqueline.«
    Jacqueline sah, dass Renés Oberschenkel leicht zitterte. Beruhigend legte sie ihre Hand darauf. Dass René deswegen noch unruhiger wurde, ignorierte sie.
    »Die wichtigsten Vokabeln hatten wir gelernt«, fuhr sie fort. »Und dazu noch unsere französischen Vornamen. Es klang wie Musik: Je t’aime, je t’aime.«
    Jacqueline genoss es, sein Bein zu berühren. Ein wohliges Gefühl durchfloss ihren Körper. So viel Glückseligkeit hatte sie lange nicht mehr verspürt.
    Sie beugte sich zu ihm vor, sah ihn liebevoll an.
    »Sprichst du die Worte noch einmal für mich? Für deine kleine Jackie?«
    Die Abkürzung ihres Namens hatte sie damals auch so gern aus seinem Mund gehört.
    René holte Luft, ihm schien etwas im Hals zu stecken.
    Dann flüsterte er leise: »Je t’aime.«
    Früher hatte es sich klarer und ehrlicher angehört, befand sie. Aber dennoch war sie zufrieden mit der Ausführung.
    »Ich wusste es«, sagte sie und spürte die Pfeilspitze in ihrem Herzen.
    Sie genoss den Augenblick.
    »Es kann alles wieder gut werden«, fuhr sie fort.
    Sie empfand René als nicht so locker, wie er ihrer Meinung nach hätte sein sollen. Ihre Hand rutschte an die Innenseite seines Oberschenkels, dann wanderte sie langsam nach oben. Jacqueline erzeugte allerdings nicht die Wirkung, die sie erhofft hatte: René wich zurück, so dicht an die Sofalehne, wie es ihm nur möglich war.
    Vielleicht brauchte er noch ein wenig Zeit; sie hielt inne, ihre Finger kurz vor Renés Schritt.
    »Alles wird wieder gut«, bekräftigte sie. »Das Wichtigste ist, dass wir uns lieben.«
    Sie zog ihre Hand zurück, und René entspannte sich unmittelbar.
    »Wir lieben uns doch noch, oder?«
    René nickte schnell, sehr schnell. Dennoch spürte sie Erleichterung. Ein weiterer Schluck aus dem Weinglas dämpfte das Pochen des Spechts.
    »Die Kopfschmerzen«, sagte sie nun.
    Fragend sah René sie an.
    »Wegen ihnen bin ich doch zu Dr. Rakowski in Behandlung gegangen. Erinnerst du dich nicht? Susanne Cantor hatte ihn mir empfohlen. Ich hatte sie auf dem Stadtentwicklungs-Symposium am Wannsee wiedergetroffen.«
    »Du warst auf einem Stadtentwicklungs-Symposium am Wannsee?«, fragte er ungläubig.
    »Aber ich hatte dir doch davon erzählt. Herr Vogt wollte eigentlich teilnehmen, doch er hat mir den Platz überlassen.«
    »Herr Vogt hat was? Ich verstehe nicht.«
    »Du musst mir zuhören, René, wenn ich dir etwas erzähle. Es sind viel zu viele Missverständnisse zwischen uns entstanden. Nur weil du nicht zuhörst.«
    Dieses Mal unterbrach René sie nicht.
    »Auf jeden Fall hatte Susanne auch solche Kopfschmerzen. Sie war meine Kommilitonin während des Architekturstudiums.«
    Jacqueline erkannte, dass René am liebsten die nächste zweifelnde Frage gestellt hätte, doch er beherrschte sich.
    »Sie hatte psychische Probleme, damals. Dann hat sie Dr. Rakowski aufgesucht.«
    Im Moment wusste Jacqueline

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