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Vater sein dagegen sehr

Vater sein dagegen sehr

Titel: Vater sein dagegen sehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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glauben Sie vielleicht, eine junge Frau hat es gern, wenn man ihr zwei fremde Schratzen in die Ehe mitbringt, wie?!« Er sah Roeckel mit einem bösen Blick an, als habe er ihm sein ganzes Unglück zu verdanken.
    »Was ich vorher gesagt habe, dabei bleibt es«, sagte Roeckel beruhigend, »jeden Ersten kriegen die Kinder von mir fuffzig Eier! Ein Mann, ein Wort! Darauf können Sie sich verlassen!«
    Er holte seine Uhr, eine mächtige Zwiebel, die zudem noch in einem vergilbten Zelluloidetui steckte, aus der Westentasche und warf einen Blick aufs Zifferblatt. Plötzlich hatte er es eilig wegzukommen. Vielleicht befürchtete er auch, Lutz könne sich im letzten Augenblick noch anders besinnen.
    »Alsdann — werde ich wohl gehen müssen, wenn ich meinen Zug noch erreichen soll. Und die Kinder treffe ich wohl unten, Wie?« Er griff nach Lutz' Hand, die schlaff neben dem Stuhl herabhing, und schüttelte sie, als zöge er an einem Glockenseil.
    »Also alles Gute! Und wie ich Ihre zukünftige junge Frau kenne...«
    »Hauen Sie bloß ab, Mann! Mir wird schlecht, wenn ich Sie ansehe!« knurrte Lutz äußerst aufrichtig und unliebenswürdig.
    »Und das ganze Zeug, das den Kindern gehört, schicke ich Ihnen noch morgen per Bahnexpreß zu!« rief Roeckel schon von der Tür aus. Lutz blieb in seinem Stuhl sitzen. Er streckte die Beine weit von sich und ließ die Arme hängen. Er fühlte sich so und sah auch wie ein Boxer aus, der nach dem Gongschlag zusammengedroschen und halbbetäubt gerade noch seine Ringecke gefunden hatte. Und genauso saß er noch da, als die Kinder ins Zimmer stürmten und über ihn herfielen, als wollten sie ihn in Stücke reißen. Der Spitz Bello kläffte, als sei er ebenfalls toll geworden, dazwischen.
    »Ist's fei auch gewiß wahr, Onkel Lutz?«
    »Dürfen wir bei dir bleiben?«
    »Ja, es ist wahr, ihr dürft.« Seine Kehle war wie ausgedörrt. Und die niederträchtige Schwäche in den Beinen hielt an. In seinem Schädel pochte ein Wort wie ein unermüdlicher Knöchel an: Margot — Margot — Margot — Margot.
    »Mei', erst, wie er es uns gesagt hat, der Onkel Friedrich, da haben wir gemeint, er will uns bloß derblecken.« Der Rudi sah die Falten auf Lutz' Stirn und glaubte, daß sie seinem unverbesserlichen Bayrisch galten. »I woaß scho, 's hoaßt net derblecken, sondern es heißt... Kreizteifi no amal, jetzt weiß ich selber nicht, wie man auf hochdaitsch zu derblecken sagt!«
    »Es heißt >verkohlen<, du Depp!« sagte seine Schwester belehrend. »Aber wart nur, i werd dir schon noch Hochdaitsch lerna! Jetzt, wo wir wieder beim Herrn Schriftsteller Fentura in seinem Turm sind!«

Z E H N T E S K A P I T E L

    Lutz hatte für diese Tage keine Verabredung mit Margot getroffen. Sie kam, da sie daheim mit ihrer Aussteuer beschäftigt war, nur noch selten in den Turm nach Hallfeld hinaus. Für gewöhnlich fuhr Lutz am Abend in die Stadt, wo er die Stunden bis zur letzten Trambahn im Sonnemannschen Hause verbrachte oder mit Margot ausging, ins Kino oder in eine jener kleinen Weinbeizen, an denen in Würzburg ja kein Mangel herrscht. Es mußte schon etwas Besonderes geschehen, daß sie sich zwei Tage lang nicht sahen. Wahrscheinlich glaubte Margot, er läge krank daheim, als achtundvierzig Stunden vergingen, ohne daß sich Lutz bei ihr hatte blicken lassen. Ihr standen ihre Besorgnisse um ihn auf dem Gesicht geschrieben, als sie, nachdem sie zwei Abende vergeblich auf ihn gewartet hatte, am Vormittag des dritten Tages im Turm erschien.
    Es war sommerlich warm. Die Kinder waren mit dem Hund zum Mainufer hinuntergelaufen, um die freien Tage noch gehörig auszunutzen. Sie waren auch gestern den ganzen Tag unterwegs gewesen, um die alten Freundschaften aufzufrischen. Lutz bemühte sich, ihnen gegenüber unbefangen und heiter zu erscheinen. Aber sie spürten mit sicherem Instinkt, daß es nicht mehr das alte Verhältnis war, das einmal zwischen ihnen bestanden hatte, und daß sich hinter seiner äußeren Gelassenheit Unruhe und Nervosität verbargen. Vielleicht ahnten sie sogar, was Lutz bewegte und was an ihm nagte, denn sie vermieden es geflissentlich, Margots Namen zu erwähnen.
    Im Zimmer war nichts, was auf die Anwesenheit der Kinder hindeutete. Ihre Sachen, die Roeckel als Expreßgut zu schicken versprochen hatte, waren bisher noch nicht eingetroffen. Der arme Kranke, den Margot mit Grippe oder Halsschmerzen im Bett anzutreffen befürchtet hatte, saß rauchend am Schreibtisch, und die kleine Maschine,

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