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Vater sein dagegen sehr

Vater sein dagegen sehr

Titel: Vater sein dagegen sehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Krallen gebrauchte. Aber sie beherrschte sich, und diese Zurückhaltung war fast noch schlimmer als jene reizenden Entgleisungen, die sie sonst in Szene setzte.
    »Mit einem Wort: du willst die Kinder bei dir behalten?«
    »Ich sehe keinen anderen Ausweg. Aber bitte, ich wäre dir dankbar, wenn du mir einen vernünftigen Vorschlag machen könntest.«
    »Du wirst die Kinder weggeben, Lutz!«
    »Sei gescheit, Margot, und mach die Sache nicht noch schlimmer, als sie ohnehin schon ist! Ich kann die Kinder nicht auf die Straße setzen!«
    »Sie sind bei Roeckels nicht auf der Straße!«
    »Nein, das nicht — aber in der Hölle!«
    »Was für ein albernes Wort — Hölle! Was heißt das schon? Und außerdem steht es dir nicht, wenn du pathetisch wirst.«
    »Es geht hier nicht um den Ausdruck, Margot. — Aber was die Kinder mir erzählt haben und was mir Roeckel schließlich selber bestätigt hat, das genügt mir, um auf jeden Fall zu verhindern, daß die Kinder noch einmal nach Coburg zurückgehen. Versuch mich zu verstehn, Margot! Ich fühle mich meiner Schwester gegenüber verpflichtet.«
    »Auf einmal!«
    »Ja, auf einmal! Und vielleicht gerade deshalb, weil ich mich jahrelang nicht um sie gekümmert habe.«
    Margot sprang so heftig auf, daß ihr Stuhl zurückflog. Lutz nickte ihr zu.
    »Schrei ein bißchen, Liebling, tob dich ein wenig aus. Der Turm hat ziemlich dicke Mauern. Und wenn du mir vielleicht ein Büschel Haare ausreißen willst — bitte! Aber die von hinten, da sind mehr.«
    »Lutz«, flüsterte Margot fast stimmlos vor Zorn, und eine Locke fiel ihr wild über die Stirn, »wir wollen in vierzehn Tagen heiraten. Ich heirate dich. Aber ich heirate nicht die Kinder deiner Schwester mit. Überleg dir genau, was du tust.
    — Wenn du die Kinder nicht fortgibst, bin ich heute zum letztenmal bei dir gewesen! Hörst du, Lutz? Es ist mein völliger Ernst!«
    Lutz erhob sich. Er stand langsam von seinem Stuhl auf. Er spreizte die Beine, stützte sich mit den Fäusten auf die Tischplatte und beugte sich vor, die Kante des Tisches drückte sich tief in seine Oberschenkel ein.
    »Überleg dir genau, was du sagst, Margot«, sagte er leise; »wenn du mich wirklich vor solch eine Entscheidung stellen willst — dann ist sie bereits gefallen. Die Kinder bleiben hier.«
    »Lutz!« schrie sie ihn an. Er schüttelte den Kopf.
    »Das ist eine Geschichte, wo ich mit mir nicht handeln lasse«, sagte er gepreßt, »und wenn du glaubst, daß es damit zwischen uns aus ist, kann ich dir nicht helfen.«
    Sie wurde weiß vor Zorn. Einen Augenblick lang sah es geradeso aus, als suche sie mit wilden Augen die leicht erreichbaren Gegenstände aus Glas und Porzellan, um ein paar Scherben und ein paar Löcher in den Wänden zu hinterlassen. Es war etwas in ihrer Haltung und in ihrem Blick, was Lutz an die blinde Verrücktheit durchgehender Pferde erinnerte.
    »Margot! — Margötchen!« Es war der letzte Versuch, den Sturm aufzuhalten. »Zieh die Bremse an, Liebling.«
    »Du Idiot!« schrie sie gellend. »Du niederträchtiger Idiot! Du Schuft, du gemeiner Schuft! Ich hasse dich! Ich will dich nie mehr sehen! Nie mehr im Leben, du Schuft!« Sie riß sich den Ring vom Finger und schleuderte ihn ins Zimmer, er sprang klingend und blitzend über die Dielenbretter und rollte irgendwo unter ein Möbelstück. Und fast im gleichen Augenblick holte Margot mit aller Kraft aus und schlug Lutz die Hand ins Gesicht. Ein Fingernagel riß einen brennenden Strich über seine Wange, einen weißen Strich, aus dem ein paar winzige Blutströpfchen sickerten. Lutz federte vor, ein besinnungsloser Zorn loderte in ihm empor.
    »Raus!« keuchte er heiser vor Wut. »Mach, daß du 'rauskommst, ehe was passiert!«
    Vielleicht hatte der Schlag sie ernüchtert, vielleicht war ihr Zorn mit der Ohrfeige verraucht.
    »Lutz...«, bettelte sie und hob die Hände.
    »Geh!« brüllte er und ging gegen sie los. Sie rannte zur Tür und flüchtete aus dem Zimmer und über die Treppe hinab. Er knallte die Tür hinter ihr ins Schloß.
    Aus! — Dieses Kapitel war zu Ende! — Ziemlich turbulent, wie? Der Riß brannte auf seiner Wange. Die ganze linke Gesichtshälfte brannte. So ein Biest! Ein Glück für die Dame, daß sie sich rechtzeitig aus dem Staube gemacht hatte. Er hätte für nichts garantiert. Ohrfeigen einzustecken war nicht seine Sache. Seine Hände zitterten. Aber der große Zorn verdampfte allmählich. Er ging zur Wasserleitung und kühlte sich das Gesicht. Es tat

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