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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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unmöglich.
    1934 hatte Heydrich einen Gestapo-Agenten namens Georg Hannes Thomae in die Schweiz geschickt, um die Namen von so vielen deutschen Konteninhabern wie nur möglich herauszufinden. Thomae hatte sich in Zürich ni e dergelassen, Affären mit einigen einsamen Kassiererinnen angefangen und sich mit untergebenen Bankangestellten angefreundet. Wenn die Gestapo den Verdacht hatte, daß eine bestimmte Person ein illegales Kont o unterhielt, b e suchte Thomae die Bank als Bote und ve r suchte, Geld auf das Konto einzuzahlen. In dem Auge n blick, in dem Geld angenommen wurde, wußte Heydrich, daß ein Konto b e stand. Der Inhaber wurde verhaftet, bis zur Enthüllung aller Einzelheiten gefoltert, und bald erhielt die Bank in der vo r geschriebenen Form ein Telegramm, in dem die Rüc k überweisung aller Einzahlungen verfügt wurde.
    Der Krieg der Gestapo gegen die Schweizer Banken wurde immer ausgeklügelter und ausgedehnter. Ferng e spräche, Telegramme und Briefe zwischen Deutschland und der Schweiz wurden routinemäßig abgefangen. Ku n den wurden hingerichtet oder in Konzentrationslager g e schickt. In der Schweiz brach ein Sturm der Entrüstung los. Schließlich verabschiedete die Schweizer Nationalve r sammlung in aller Eile ein neues Bankgesetz, das es allen Banken unter Androhung von Haftstrafen verbot, irgen d welche Einzelheiten über die Konten ihrer Kunden bekan n tzugeben. Georg Thomae flog auf und wurde ausg e wiesen. Die Schweizer Banken begannen, Geschäfte mit deutschen Bürgern als zu gefährlich und zeitraubend für eine Weite r führung anzusehen. Mit Kunden in Verbindung zu treten war praktisch unmöglich. Hunderte Konten wu r den von ihren schreckerfüllten Inhabern einfach aufgegeben. Z u mindest ehrbare Bankiers hatten keine Lust, sich in solche Transaktionen auf heben und Tod einzulassen. Die Verö f fentlichungen waren zerstörerisch. 1939 war das einst ei n trägliche deutsche Nummernkontengeschäft zusammenge b rochen.
    »Und dann kam der Krieg«, sagte Charlie. Sie hatten das Ende des Neuen Sees erreicht und gingen jetzt zurück. Von jenseits der Bäume kam das Brummen des Verkehrs auf der Ost-West-Achse.
    Die Kuppel der Großen Halle erhob sich über den Bä u men. Die Berliner spotteten, der einzige Weg, sie nicht s e hen zu müssen, sei, in ihr zu wohnen.
    »Nach 1939 stieg die Nachfrage nach Schweizer Konten aus offensichtlichen Gründen dramatisch an. Die Menschen versuchten verzweifelt, ihre Vermögen aus Deutschland hinauszuschaffen. Also ersannen sich Banken wie Zaugg eine neue Art von Einlagekonten. Für eine Gebühr von 200 Franken bekam man einen Depotkasten und eine Nummer, einen Schlüssel und einen Beglaubigungsbrief..« »Genau wie Stuckart«
    »Richtig. Man brauchte nur Schlüssel und Brief vorz u zeigen, und alles gehörte einem. Keine Fragen. Zu jedem Konto konnte man so viele Schlüssel und Beglaubigung s briefe haben, wie der Inhaber zu bezahlen bereit war. Das Schöne daran war - die Banken hatten nicht länger etwas damit zu tun. Eines Tages mochte, wenn sie sich eine Re i seerlaubnis beschaffen konnte, eine zierliche alte Dame mit den Ersparnissen ihres Lebens auftauchen. Und zehn Jahre danach konnte ihr Sohn mit Brief und Schlüssel kommen und mit seiner Erbschaft fortgehen.« »Oder die Gestapo konnte auftauchen . . .«
    »... und wenn sie Brief und Schlüssel hatte, konnte die Bank ihr alles aushändigen. Keine Peinlichkeiten, keine Publizität. Kein Verstoß gegen das Bankgesetz« »Diese Konten - gibt es die immer noch?« »Die Schweizer Regi e rung hat sie unter Druck von Berlin gegen Kriegsende ve r boten, und seither sind keine neuen mehr zugelassen wo r den. Aber die alten - die gibt es immer noch, denn die B e dingungen der ursprünglichen Vereinbarung müssen eing e halten werden. Sie sind selbst zu Wertgegenständen g e worden. Leute handeln damit. Henry sagt, daß Zaugg da r aus eine Spezialität gemacht hat. Gott allein weiß, was in all seinen Kästen steckt« »Haben Sie gegenüber diesem Nightingale Stuckarts Namen genannt?«
    »Natürlich nicht. Ich habe ihm erzählt, ich schriebe für Tortune, über Die verlorenen Erbschaften des Krieges.« »So wie Sie mir erzählt haben, Sie wollten von Stuckart ein Interview für einen Artikel über Des Führers frühe Jahre?« Sie zögerte und fragte dann ruhig: »Was soll das heißen?«
    Sein Kopf pochte, seine Rippen schmerzten immer noch. Was wollte er wissen? Er zündete sich eine Zigarette an, um Zeit

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