Vatermord und andere Familienvergnuegen
eine eigene Welt?«
»Na ja, ein Haus. Wir müssen nichts weiter tun, als es zu entwerfen. Was hältst du davon?« »Ich finde die Idee toll«, sagte ich.
»Und weißt du, was noch, Jasper? Ich möchte, dass es auch zu deinem Traum wird. Ich bitte dich um deine Hilfe. Ich will deine Vorschläge. Ich will deine Ideen.«
»Okay. Ja. Toll«, sagte ich.
Es hatte geklappt. In seinem Sandsturm hatte Dad ein neues Projekt gefunden. Er hatte sich entschieden, ein Haus zu bauen.
5
Seinen Anweisungen folgend, kaufte ich Dad jedes Buch zur Theorie und Geschichte der Architektur, das ich fand, einschließlich fetter Wälzer über Tierbauten - Vogelnester, Biberdämme, Bienenwaben, Spinnenhöhlen. Er nahm die Bücher hocherfreut entgegen. Wir würden eine Behausung für unsere modrigen Seelen bauen.
Dr. Greg kam herein und sah die Stapel von Büchern zum Thema Architektur. »Was geht denn hier vor?« Stolz erzählte ihm Dad von der Idee. »Der Große Australische Traum, was?« »Bitte?«
»Ich sagte, Sie verwirklichen den Australischen Traum. Ich halte das für eine sehr gute Idee.«
»Was meinen Sie damit? Es gibt einen kollektiven Traum? Warum hat mir niemand davon erzählt? Und worin besteht der noch mal?«
»Die eigenen vier Wände.«
»Die eigenen vier Wände? Das ist der Australische Traum?« »Das wissen Sie doch.«
»Moment mal. Haben wir uns da nicht einfach den Großen Amerikanischen Traum zu eigen gemacht und nur den Namen unseres Landes eingesetzt?«
»Das glaube ich nicht«, sagte Dr. Greg besorgt.
»Wenn Sie es sagen«, sagte Dad und rollte so mit den Augen, dass wir beide es sehen konnten.
Eine Woche später ging ich wieder hin. Die Bücher waren aufgeschlagen und übers ganze Zimmer verstreut. Als ich eintrat, hisste Dad seinen Kopf wie ein Segel. »Bin froh, dass du kommst. Was hältst du davon, wenn wir symbolisch den paradiesischen Zustand im Mutterleib abbilden, ein riesenhaftes, glitzerndes Haus, in dem wir wirklich ungestört verschimmeln können?«
»Klingt gut«, sagte ich und hob einen Stapel Bücher vom Stuhl herunter, damit ich mich hinsetzen konnte.
»Sag mir, ob irgendwas hiervon dich anspricht: französisches Château, englisches Cottage, italienische Villa, deutsche Burg, kleinbäuerliche Schlichtheit.«
»Eigentlich nicht.«
»Aber geometrische Schlichtheit, okay? Fundamental einfach, nicht überladen, laut, prätentiös und grell, ohne dabei deprimierend geschmacklos auszufallen.«
»Wie du möchtest.«
»Vor allem möchte ich keine Ecken, vielleicht sollte es also etwas Rundes sein.« »Gute Idee.«
»Findest du? Wäre dir danach, in einer Kugel zu leben?« »Ja, das klingt schön.«
»Unser Anliegen ist es, mit der natürlichen Umgebung zu verschmelzen. Eine organische Synthese, das streben wir an. Und innen, würde ich sagen, zwei Schlafzimmer, zwei Bäder, ein Wohnzimmer, eine Küche und eine Dunkelkammer - nicht um Fotos zu entwickeln, sondern einfach, damit wir im Dunkeln sitzen können. Tja, und was noch? Reden wir über die Schwelle.«
»Die was?«
»Das Portal des Hauses.« »Du meinst die Eingangstür?« »Wie oft soll ich es denn noch sagen?« »Einmal würde schon reichen.«
Dads Augen verengten sich zu Schlitzen, und seine Mundwinkel bogen sich nach unten. »Wenn du so über das Ganze denkst, ist der Entwurf komplett gestrichen. Was hältst du davon, in einer Höhle zu leben?«
»Einer Höhle?«
»Ich dachte, wir wären uns einig, dass wir in einer sinnbildlichen Gebärmutter leben wollen.« »Dad.«
»Tja, was wäre, wenn wir unter einem alten Baum leben würden wie Merlin? Oder warte. Ich weiß. Wir könnten Plattformen in den Baum bauen. Was meinst du, Jasper - sind wir Baumbewohner?«
»Nicht unbedingt.«
»Seit wann hast du was dagegen, in einer grünen Oase zu leben?«
Dr. Greg hatte das Zimmer betreten. Er fixierte uns wie ein Richter am Obersten Bundesgericht ein paar Neonazis, die an der Ampel sein Auto waschen.
»Dad, lass uns doch einfach ein normales Haus bauen. Einfach ein nettes, stinknormales Haus.«
»Du hast recht. Wir müssen es ja nicht übertreiben. Okay. Was ist dir lieber? Ein kubisches normales Haus oder ein zylindrisches normales Haus?«
Ich seufzte. »Kubisch.«
»Hast du je den Turm von Samarra im Irak gesehen?« »Nein. Du?«
»Also gut, da gibt es ein bauliches Problem, das wir überwinden müssen. Ich will das Echo meiner Schritte hören, aber deine will ich nicht hören. Was können wir da machen?«
»Ich
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