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Vatermord und andere Familienvergnuegen

Vatermord und andere Familienvergnuegen

Titel: Vatermord und andere Familienvergnuegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Toltz
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machen beides. Und ich sag dir noch was: Zum Teufel mit schmückendem Beiwerk. Das schmückende Beiwerk sind wir!«
     
    Da legte ich dann immer auf und verfluchte mich selbst, dass ich Dad wieder auf eine, wie ich meinte, fatale Schiene gebracht hatte. Die Gespräche bereiteten mich jedenfalls nicht auf den abrupten Umschwung vor, der kurz darauf erfolgte.
     
    Eines Tages kam ich in die Klinik und war schockiert darüber, dass Dad alle Bücher zu ordentlichen Stapeln angeordnet hatte. Die ganzen Blätter mit seinen fahrigen Entwürfen waren in den Papierkorb gewandert, und als ich in diesem ordentlichen Zimmer Platz nahm, präsentierte er mir einen einzelnen Papierbogen mit dem schockierend normalen Plan für ein schockierend normales Einfamilienhaus. Keine Wassergräben, Zugbrücken, Iglus oder Stalagmiten. Keine Stierkampfarenen, Innenrutschen, Gräben oder Unterwassergrotten. Einfach ein normales Haus. Die Konstruktion war klar und schlicht: ein klassischer, schuhkartonförmiger Bau mit einem zentralen Wohnbereich und mehreren davon abgehenden Räumen. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass er den Nationalcharakter auf den Punkt brachte, bis hin zur Rundumveranda.
    Er hatte endlich seine Situation klar erkannt: Um das Haus zu bauen, musste er hier raus, und um rauszukommen, musste er die da oben überzeugen, dass er wieder geistig gesund war und wieder auf die Gesellschaft losgelassen werden konnte. Also verstellte er sich. Es muss anstrengend für ihn gewesen sein, seine ganze Energie daranzusetzen, normal zu erscheinen, doch er ließ sich nicht beirren und redete nur noch vom Großen Australischen Traum und Zinssätzen und Hypothekenrückzahlung und Sportteams und seinen Berufsaussichten; er empörte sich über Dinge, die auch seine Landsleute aufregten: Minister, die sich auf Kosten der Steuerzahler einen blasen ließen, Großkonzerne, die den Hals nicht vollkriegten, fanatische Umweltschützer, logische Argumente und zu nachsichtige Richter. Er war in der Verkörperung des Durchschnittsaustraliers so überzeugend, dass Dr. Greg jeden einzelnen Tropfen von dem Bockmist schluckte, den mein Vater für ihn ausschwitzte, und sich am Ende von jeder Sitzung selbst auf die Schulter klopfte.
    Und so wurde Dad vier Monate, nachdem er eingewiesen worden war, wieder entlassen. Wir gingen zu Eddie nach Hause und holten uns sein Darlehen ab, wobei der Vorgang im Grunde darin bestand, dass Dad fragte: »Hast du nun das Geld?«, und Eddie antwortete: »Ja.«
    »Ich zahle es zurück«, sagte Dad nach kurzem, peinlichem Schweigen. »Doppelt. Ich zahle es dir doppelt zurück.«
    »Martin, mach dir darüber keine Gedanken.«
    »Eddie. Du weißt doch, was Nietzsche über Dankbarkeit gesagt hat.«
    »Nein, Marty, das weiß ich nicht.«
    »Er hat gesagt, ein Mann, der Schulden hat, wünscht seinem Wohltäter den Tod.«
    »Okay. Zahl es mir zurück.«
    Nachdem wir Eddie verlassen hatten, zerriss Dad den Plan für sein Haus in kleine Stücke. »Was tust du da?«
    »Das war nur ein Täuschungsmanöver. Alles nur, damit diese Dreckskerle glauben, ich wäre normal«, sagte Dad lachend.
    »Aber es geht dir doch jetzt wieder besser, oder?«
    »Ja. Ich fühle mich gut. Die Idee mit dem Haus hat mich wirklich wieder auf die Beine gebracht.«
    »Wenn das ein Täuschungsmanöver war, wo ist dann der richtige Plan für unser Haus?«
    »Den gibt's nicht. Sieh mal - warum sich den Ärger aufhalsen, ein Haus selbst zu bauen? Das klingt mir doch sehr nach unnötigen Kopfschmerzen.«
    »Wir kriegen also kein Haus.«
    »Doch. Wir kaufen einfach eins.«
    »Okay. Verstehe. Das klingt wirklich gut, Dad. Wir kaufen ein Haus.«
    »Und dann werden wir es verschwinden lassen«, sagte er und strahlte dabei so stolz, dass ich endlich verstand, warum Hochmut eine der sieben Todsünden ist, und die abstoßende Wirkung seines Grinsens war so schlimm, dass ich mich fragte, ob es nicht für alle sieben stand.
     
     

6
    Angeblich war ihm diese Idee während eines Assoziationstests mit Dr. Greg gekommen, fix und fertig ausgearbeitet: Wir kaufen ein Haus und verstecken es in einem Irrgarten.
    »Gesundheit.«
    »Krankheit.«
    »Eier.«
    »Hoden.«
    »Ideen.«
    »Komplexität.«
    »Heim.«
    »Haus. Versteckt in einem von mir selbst entworfenen Labyrinth, das ich auf einem riesigen Grundstück im Busch anlegen werde.«
    »Wie bitte?«
    »Nichts. Ich muss für eine Weile zurück in mein Zimmer. Können wir später weitermachen?«
    Wie mochte er bloß darauf

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