Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)
Zeit führen. Ich werde sie retten. Darauf trinken wir, meine Herren.«
Miguel setzte den Zahnputzbecher an und trank ihn auf einen Zug aus.
Argyle besah sich ein letztes Mal sein Glas misstrauisch, doch was sollte er tun, er musste mitspielen. Er setzte es an und spülte es auf einmal runter. Der Wein brannte in seinem Mund wie Feuer. Zuerst dachte er, es läge an dem ungewohnten Geschmack, aber schon bald breitete sich eine Schwere in ihm aus, die ihn zwang, sich hinzusetzen.
»Verzeiht«, krächzte er und ließ sich in den freien Sessel fallen.
Miguel beobachtete ihn aufmerksam. Argyle ließ das Glas aus seiner Hand rutschen, es zerbrach auf dem Tisch und nur ein kleiner Teil des Weines lief auf dem Boden.
Argyle musste zwischenzeitlich fassungslos miterleben, wie sein gesamter Körper erstarrte. Er konnte noch nicht einmal seinen kleinen Finger bewegen. Er war ein Gefangener in seinem Körper.
»So, und jetzt fangen wir noch einmal von vorn an.« Miguel setzte sich auf die Armlehne des Sessels und begutachtete ihn. »Die Verbrennungen sehen immer noch böse aus, mein Lieber, schmerzen sie noch?«
Argyle dachte fieberhaft nach. Anscheinend war alles, was er bisher gesagt hatte, falsch. Aber vielleicht nur ein Teil. Aber welcher Teil war der falsche? Zwischenzeitlich drehte sich alles um ihn. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Der einzige Gedanke, der sich ständig in seinem Kopf drehte, war der, warum er Miguel nicht schon beim Eintreten angegriffen hatte. Jetzt war es zu spät. Er fluchte auf seine Menschlichkeit, dass er Comitti den Anblick eines fallenden Kopfes vorenthalten wollte.
*
Comitti streckte den Arm nach seinem Glas aus. Dabei fiel ihm erst dieser andere Mann auf. Langsam hoben sich die Nebel, die in seinem Kopf waberten. Wie lange war der Mann schon hier und was wollte er? Comitti sah, dass auf dem Tisch das andere Weinglas zerbrochen lag. Er spähte auf den Boden. Nur wenig Wein war vergossen worden. Miguel hatte diesen Fremden doch nicht etwa den mit Knoblauch versetzten Wein gegeben? Comitti setzte sich weiter auf. Sein Hals schmerzte fürchterlich. Außen wie innen, wie er bemerkte, als er einen Schluck Wein trank. Ein Glas Wasser wäre besser gewesen. Für den Vampir mir gegenüber auch , schoss es Comitti durch den Kopf, als er die Gesamtsituation erfasste.
*
Argyle kochte vor Zorn. Was hatte Miguel ihm gegeben? Sämtliche Mittel, die ihm einfielen, schossen durch seinen Kopf. Das einzige Mal, dass er etwas Ähnliches gehört hatte, war, als Isabella von Rosas Hinterhalt erzählte. Hatte Miguel den Wein etwa mit Knoblauch versetzt?
Aber wie konnte er wissen, dass jemand kam, um ihn anzugreifen? Argyle verstand es einfach nicht. Das Glas hatte doch schon eingeschenkt dagestanden. Gerochen oder geschmeckt hatte er auch nichts. Im Stillen verfluchte er die heutige Zeit und ihre Neuerungen. Im selben Augenblick wurde ihm klar, dass er nicht mehr viel von der heutigen Zeit miterleben würde. Nicht, wenn ihm nicht irgendetwas Passendes einfallen würde.
Miguel wandte sich an Pater Comitti, der zwischenzeitlich einen kräftigen Schluck Rotwein zu sich genommen hatte, um das, was sich gerade abgespielt hatte, besser zu verkraften.
»Na, na, Comitti. Trinken Sie mir nicht zu schnell. Sie verpassen sonst noch das Beste. Darf ich vorstellen …«
Miguel machte eine Verbeugung und streckte die Hand in Argyles Richtung, der die Augen geschlossen hielt.
»Mein Großvater. Ist das nicht köstlich? Nach all den Jahren besucht er mich endlich.«
Comitti verschluckte sich fast an dem Wein, den er trotzig nachgeschenkt hatte.
»Argyle Mac Quiet. Höchstpersönlich. Was das Beste ist: außer Gefecht, dank Ihnen.« Miguel tat einen Schritt auf Comitti zu und nahm ihm das Glas aus der Hand.
»So, jetzt reicht es wirklich, alter Mann. Ich brauche Sie nüchtern. Was soll ich alle Jahre mit einem Betrunkenen anfangen?« Dann wandte er sich wieder zu Argyle.
»Es muss dir merkwürdig vorkommen, so hilflos zu sein. Du, den alle fürchten. Der berühmte Vampirjäger, der Schotte .« Miguel lachte. »Schachmatt gesetzt von unserem lieben Pater Comitti. Ich wusste gleich, dass er mir eine große Hilfe werden würde. Comitti«, Miguel funkelte den verstörten Pater gespielt an, »Sie sind mir schon einer, aber ich will Ihnen verzeihen. Sie haben mir einen großen Gefallen getan. Nicht auszudenken, was mein Großvater mir alles angetan hätte, wenn er nicht gelähmt wäre. Die Frage
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