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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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ist nur, wie lange die Lähmung andauert.« Miguel fuhr sich nachdenklich über das Kinn. »Laut Isadoras Schilderung höchstens eine Stunde.«
    »Isabellas Schilderung.« Comitti mischte sich ein, obwohl es im Moment völlig egal war.
    »Richtig. Auf alle Fälle ist es besser, wenn wir Argyle fesseln. Wir haben ja schon alles zur Hand.«
    Miguel nahm die Handschellen vom Bett des Paters.
    Argyle fragte sich, woher der Pater und Miguel von Isadora und Isabella wussten. Er starrte auf das zerbrochene Glas, das neben einem Stapel Papieren lag. Wieder drehte sich alles vor seinen Augen.
    »Es ist zu schade, dass nicht mehr Personen anwesend sind, um zu bestaunen, was gleich geschehen wird.« Miguel schloss die Handfessel um Argyles leblose Arme.
    Merkwürdige Handschellen , schoss es Argyle durch den Kopf. Als Miguel sie schloss und sie ihn berührten, verstand er auch, warum.
    »Geschmiedet aus Kruzifixen.« Heiß brannte sich das Metall in seine Handgelenke.
    »Jetzt, Comitti, haben Sie das exklusive Vergnügen, mitzuerleben, wie sich die Geschichte der Welt in einem Moment ändern wird. Passen Sie gut auf, Sie sind mein Chronist.«
    Argyle merkte, wie Miguel seinen Kiefer umfasste. In Gedanken schrie er, doch der Einzige, der ihn hören konnte, war Miguel, und der lachte. Argyle wollte sich wehren, er wollte seinen Kiefer aufeinanderpressen, es war sinnlos.
    So einfach, wie man eine Wagentür öffnet, klappte Miguel Argyles Kiefer auseinander.
    Comitti holte tief Luft. Das Atmen fiel ihm immer noch schwer und klang rasselnd. Dieser röchelnde Ton war das einzige Geräusch, das im Zimmer zu vernehmen war.
    Miguel grinste Comitti noch einmal an, fast spitzbübisch, dann steckte er seinen Hals zwischen die geöffneten Zahnreihen seines Großvaters. Wie man einen Papierlocher zusammendrückte, presste er die Kieferknochen Argyles zusammen. Lange blieb er so. Als ob er das Gefühl des Bisses genießen würde.
    Comitti konnte ihn fast verstehen, und doch ekelte ihn dieser Anblick an.
    »Es ist vollbracht.« Miguel strahlte. »Was sagen Sie, Comitti?«
    »Ich gratuliere.« Comitti hatte bisher keine Zeit gehabt nachzudenken, wie es zu alldem hatte kommen können. Zu sehr war er mit seinem eigenen Zustand beschäftigt gewesen. Zu sehr bedrängte ihn die Angst, was mit ihm geschehen sollte, wenn Miguel sein Vorhaben wahr machte.
    »Werden Sie mich jetzt infizieren, Miguel?«
    »Noch nicht, Comitti, noch nicht. Geduld, mein Freund. Zuerst wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht auch den Rest der Familie auftun können.« Miguel sah Argyle drohend an.
    Argyle fing an, sich zu bewegen. Miguel hatte sich nicht eine Sekunde zu früh infizieren lassen.
    Comitti konnte den Zorn im Blick des Mannes in Schwarz sehen.
    »Wo steckt sie denn, Argyle? Hast du sie schon besucht, oder traust du dich nicht?«
    Argyle schwieg.
    Comitti konnte nicht beurteilen, ob es an der Lähmung oder der Weigerung, seine Tochter zu verraten, lag.
    »Du hast es nie ertragen, dass sie dich nicht so liebt, wie du sie, nicht wahr?«
    Argyle gab ein unbestimmtes Brummeln von sich.
    »Du begehrtest sie wie eine Frau und tust es immer noch. Gib es ruhig zu.« Kumpelhaft stieß er seinem Großvater gegen die Schulter.
    »Wenn du mir nicht verrätst, wo sie steckt, werde ich es anders herausfinden.« Gespielt leutselig drehte sich Miguel zu Comitti. »So, Comitti, dann sind Sie wieder dran. Glauben Sie mir, wir mögen mittlerweile Freunde geworden sein, aber ich werde keine Nachsicht mit Ihnen haben, wenn Sie mir diese einfache Frage nicht beantworten.« Er hatte die Hand auf Comittis Knie gelegt. »Sie kennen sie Comitti, ich bin mir sicher, wenn Sie nur ein wenig nachdenken, dann wird Ihnen die Wahrheit vor Augen stehen.«
    Comitti zitterte, er verdrängte die Bilder, die sich ihm zeigten. Er versuchte es mit aller Macht.
    »Danke, Comitti.«
    Comitti sank in seinem Sessel zusammen. Er hatte versagt, selbst bei dieser einfachen Aufgabe hatte er versagt. Er war verantwortlich für den Untergang der Welt. Er war schuld. Er ganz allein. Er hatte Argyle außer Gefecht gesetzt und jetzt auch noch Apollonia verraten, als ihm kurz das Antlitz von Paolina in den Sinn kam. Paolina, wie sie vor ihrem Café San Laurenzio stand und ihm zuwinkte.
     
    »So, da wären wir.« Miguel hielt die beiden Männer, mit denen er unterwegs war, an.
    Argyle hatte sich noch nicht ganz von seiner Lähmung erholt und schleppte sich neben Miguel her. Er hatte weder die Kraft, sich zu wehren,

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