Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)
was ich mir erhofft habe. Nämlich, dass Argyle oder meine Mutter davon Wind bekommt und sich auf die Suche nach mir machen.«
Miguel sah der Reihe nach in die Gesichter. Comitti musste zugeben, dass sein Plan so einfach wie genial war.
»Sie sind alle gekommen. Sie haben ständig auf meinen Angriff gewartet, und ich habe darauf gewartet, dass sie zu mir kommen. Es gab kein Elixier. Es gibt keine Vampire im Vatikan. Kein Vampir ist je in den Katakomben herumgeschlichen und hat nach Zähnen gesucht. Die Vorstellung ist doch wirklich abstrus. Dann schickte meine Mutter ihre Biografie. Sie konnte nicht ahnen, dass sie mir in die Hände fiel und sie mir damit die fehlenden Puzzleteilchen aushändigte.«
Miguel verstummte und fuhr mit seinem Zeigefinger seiner rechten Hand den Kringel nach, den die Champagnerflasche auf der Tischplatte hinterlassen hatte und seufzte.
»Leider bin ich nicht in der Hochstimmung, die ich mir vorgestellt habe. Seit Jahrhunderten stelle ich mir den Moment vor, an dem ich infiziert werde. Ab dem mir alles möglich wäre. Ich malte mir aus, wie ich es genießen würde. Aber heute spüre ich nur noch die große Verantwortung, die auf meinen Schultern ruht. Ihnen habe ich meine Pläne bereits offenbart, Comitti. Es wird eine neue Zeitrechnung geben.« Miguel schüttete sich ein weiteres Glas Champagner die Kehle herunter. Comitti wusste nicht, was er darauf entgegnen sollte.
»Ich verspüre einen Durst, den ich anscheinend nicht mit Champagner stillen kann. Nun ja, wo Licht ist, ist auch Schatten. Was meinen Sie, Comitti?« Miguel stand auf und näherte sich dem Pater.
Comitti holte hörbar Luft. Jetzt war es so weit. Jetzt würde Miguel ihn zum Vampir machen. Comitti bekreuzigte sich und küsste das Kreuz, dass er immer noch um den Hals trug. Dann lehnte er sich auf seinem Stuhl vor und blickte hinaus auf den Vorplatz des Cafés. Er sah, wie die Sonne aufging. Er nahm es mit allen Sinnen wahr. Es wäre sein letzter Sonnenaufgang.
Miguel blieb stehen und betrachtete ebenfalls das Naturschauspiel. »Durch das Privileg meiner Geburt werde ich weiterhin in der Lage sein, Sonnenaufgänge zu betrachten. Sie nicht, Comitti, genießen Sie ihn. Ich werde diesen auch ganz bewusst genießen.«
Er sah auf die zwei Vampire, die immer noch regungslos am Tisch saßen.
»Das wird euer letzter Sonnenaufgang sein.« Miguel bemühte sich, Argyle und Apollonia so auf ihrem Sitzplatz zurechtzusetzen, dass sie nach draußen sehen konnten.
Comitti erstarrte, gleich den Vampiren, als ihm klar wurde, was Miguel vorhatte.
Miguel setzte sich, gleich einem Theaterbesucher, zurecht und betrachtete sich das Arrangement, das er geschaffen hatte: Ganz vorn am Fenster saß Apollonia auf einem Stuhl. Ihr gegenüber etwas schräg versetzt auf einer Bank, Argyle. Wenn die Sonne in den Raum wanderte, würde einer nach dem anderen von den Strahlen erfasst werden. Zuerst Apollonia, dann Argyle. Comitti war des Öfteren morgens bei Maria im Café gewesen und wusste, wie lichtdurchflutet die Räume waren. Hell und freundlich.
Argyle würde Apollonias Tod miterleben müssen. Comitti stand auf und setzte sich neben die beiden. Er fühlte sich mit ihnen verbunden. Er hätte im Moment nicht sagen können, ob es Paolina war, die er zu trösten versuchte, oder die heilige Apollonia, von der er gelesen hatte und der er Respekt zollte. Er nahm ihre Hand in seine und drückte sie. An ihrem Blick konnte er erkennen, dass sie verstand. Die Sonne drehte langsam über den Vorplatz. Comitti spürte, wie ihre Hand leicht zuckte. Es war keine nennenswerte Bewegung und doch hatte er sie gespürt. Die Sonne traf auf die Scheibe.
»Lebt wohl, Freunde.« Miguel ging in Stellung. Er stand hinter Apollonia, als der Sonnenstrahl sie traf. Apollonia sprang auf und zog Argyle von seinem Sitz. Sie brannte bereits, als sie ihn unter die Bank in den Schatten rollte.
So explosiv wie ein ausgetrockneter Weihnachtsbaum , schoss es Comitti durch den Kopf, der dem Schauspiel entsetzt folgte, sich besann und eine Jalousie herunterzog.
Die Sonnenstrahlen breiteten sich unbarmherzig im Raum aus. Nun trafen sie, die Energie und lebenspendenden Sonnenstrahlen, Miguel. Der pure Triumph stand in seinem Gesicht geschrieben und wechselte jäh in Entsetzen, als sein Haar Feuer fing. Comitti riss den Mund auf.
Miguel drehte sich zu ihm um und in seinem Gesicht spiegelte sich der gleiche Unglauben, der auch auf Comittis Gesicht lag. Miguel rannte durch das Café
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