Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
Vom Netzwerk:
war.
    »Jedenfalls hatte ich vor, mich als Sänger nach Paris durchzuschlagen. In Paris hätte ich eine Stelle als Schreiber oder Übersetzer finden können, um mir mein Studium zu finanzieren. Aber dann kamst du.«
    Ich seufzte. Es ist erhebend, wenn man erfährt, dass ein Mensch seine Pläne über den Haufen wirft, wenn man in sein Leben eintritt.
    »Das erste Mal, als ich dich sah, dachte ich, dass du eine Schankmagd wärst. Du knietest neben dem Tisch des Hausherrn und kehrtest die Scherben eines Krugs zusammen.«
    »Da hast du mich schon wahrgenommen?«
    »Nicht wirklich dich, aber deinen Blick, deine Augen. Als mir später klar wurde, dass du die Tochter des Hauses warst …«
    »Warst du hinter meiner Mitgift her.« Ich fiel ihm ins Wort und lachte.
    »War ich entsetzt, wie schlecht du behandelt wurdest. Ich überlegte, wie ich dir helfen könnte. Euer Gut war nur eine Etappe auf meiner Reise nach Paris. Aber ich konnte dich nicht im Stich lassen. Der Gedanke, dass du hilflos zurückbleibst, wurde mir unerträglich. Als dein Vater Lisette zur Braut machte und ich eure Verzweiflung darüber sah, hatte ich mich entschieden. Ich reiste zu meinem Vater und erklärte ihm die Sachlage. Wenn er mir half, würde ich ihm der Sohn werden, den er sich wünschte.«
    »Warum hast du damals nichts gesagt? Als du auf einmal weg warst, fühlte ich mich verlassen, verzweifelt. Ich hatte niemanden, dem ich mich anvertrauen konnte.«
    »Ich musste erst mit meinem Vater sprechen. Wie konnte ich euch meinen Schutz anbieten, ein Sänger, der selbst nichts besitzt, als das Hemd, das er trägt?«
    »Ich wäre auch mit dir gekommen, wenn du nur der Sänger wärst, den du vorgibst.« Salvador nahm mich in die Arme und küsste mich.
     
    Einen anderen Abend besprachen wir die Flucht.
    »Hast du keine Angst, dass wir erwischt werden?«, fragte ich besorgt. Jede Nacht träumte ich, wie die Flucht vereitelt wurde. Erst im Morgengrauen, wenn es dem Träumenden gelingt, seine Fantasien zu lenken, spann ich den Faden von der gelungenen Flucht und der Zeit an Salvadors Seite weiter.
    »Nein. Ich habe keine Angst vor eurem Vater und seinen Männern. Sie trinken zu viel. Das Gebiet, durch das sie reiten, ist mir besser bekannt als ihnen. Mach dir keine Sorgen.«
    Aber ich machte mir Sorgen, größere, als ich zugeben wollte.
    »Auf Dos Campanilles sind wir in Sicherheit, ein Leben lang.«
    »Ein Leben lang«, echote ich.
     
    Die letzten Tage brachen an. Salvador wurde entlassen. Wir hatten damit gerechnet, und doch fiel mir der Abschied schwer. Als er abritt, stand ich zusammen mit zwei Mägden am Hof und sah ihm nach. Er winkte uns zu. Uns allen, er machte keinen Unterschied. Natürlich nicht.
    »Das war ein feiner Kerl. Den hätte ich schon rangelassen«, sagte die eine. Die andere warf Salvador ein Handkuss hinterher und seufzte. »Tja, so ist es mit den Männern, die Guten bleiben nie, nur die Taugenichtse.«
    Ich täuschte einen Niesanfall vor, um die Tränen, die mir in den Augen standen, nicht erklären zu müssen.
     
    Dann reisten wir ab. Der Graf hatte entschieden, dass wir an der Küste entlang nach Spanien ritten. Die Berge zu passieren, war immer noch zu gefährlich. Dieser Weg war zwar der längere, aber der sicherere. So saßen wir Mädchen im Frühjahr des Jahres 1563 auf unsere Pferde auf. Mir wurde weh ums Herz. Nicht, dass ich mein Zuhause bisher besonders geliebt hatte, aber mir wurde klar, dass der Abschied für immer war. Lisette, die immer noch hoffte, dass sie zurückkehren könnte, drehte sich ebenfalls wehmütig um. Uns beiden standen aus verschiedenen Gründen die Tränen in den Augen. Wir hatten Glück, dass ein leichter Frühlingsregen fiel, der die Tränen verbarg. Der Graf war bereits verstimmt, weil wir betrübt dreinschauten.
    Männer wie Pferde freuten sich nach dem langen Winter, wieder hinaus ins Feld zu kommen. Die Truppe, die aus mehr als fünfzig Mann bestand, zog lärmend zur Küste und Richtung Spanien hinab. Mir tat nach kurzer Zeit der Hintern weh. Ich war lange Ritte nicht gewöhnt und der zarten Lisette erging es nicht besser.
    Nach einem halben Tagesritt hielten wir an einer Herberge. Der Graf und Almadar, ihre engsten Vertrauten und wir zwei Mädchen bezogen die Zimmer der Herberge. Die restlichen Männer blieben draußen bei den Pferden. Die Herberge war einfach, aber sauber und wir waren dankbar, ein weiches Bett vorzufinden. Steifbeinig ließen wir uns auf den Bauch fallen. Kein Gedanke daran,

Weitere Kostenlose Bücher