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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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soll ein mittelloser Sänger mit zwei Mädchen fliehen?« Ich ließ den Kopf hängen. Ich konnte mich so viel zwicken, wie ich wollte, der Gedanke blieb ein Traum. »Wie kann ich wissen, dass ich mich auf dich verlassen kann?« Die Verzweiflung der vergangenen Monate übermannte mich. Das Schluchzen, das in meiner Brust aufstieg, konnte ich unterdrücken, aber meine Tränen nicht. Salvador wischte sie mit den Fingerspitzen weg.
    »Ich war auf dem Gut meines Vaters und habe mit ihm gesprochen.«
    »Auf dem Gut deines Vaters?« Ich staunte. »Der Vater eines Sängers?« Ich konnte ihm nicht folgen.
    Salvador winkte ungeduldig ab. »Mein Vater, José Arco de Segura, ist ein Edelmann, genau wie deiner. Nur, dass er sich auch wie ein solcher verhält. Er bietet euch seinen Schutz.«
    »Aber du bist ein Sänger!« Ich konnte nicht so schnell begreifen, was er mir erzählte. Ich war verwirrt, hob die Hände, wollte tausend Dinge sagen und fragen, bekam aber kein einziges Wort heraus. Salvador sah meine Verwirrung und legte seine Hand beruhigend auf meine.
    »Vertrau mir, ich werde dir alles erklären. Bis Lichtmess ist noch Zeit. Wichtig sind nur drei Dinge.«
    Ich sah ihn fragend an.
    »Erstens, es ist besser, wenn Lisette nichts davon erfährt. Sie ist zu jung. Eine unbedachte Äußerung und unser Plan wird vereitelt.« Salvador strich der schlafenden Lisette über den blonden Schopf. »Zweitens, wenn du im Saal arbeitest, hör genau zu. Jedes noch so kleine Detail kann wichtig sein. Und drittens …« Hier verstummte Salvador und sah mich eindringlich an.
    »Drittens?«
    »Drittens, liebst du mich? Ist es wahr, was mir deine Blicke sagten?«
    Ich nickte, ich konnte es nicht länger für mich behalten. Salvador schloss mich in die Arme und küsste mich. Es war wie in meinen Träumen.
    »Und ich liebe dich! Wir werden fliehen und heiraten. Vaters Segen haben wir.«
    Ich verstand zwar nicht, warum mein Sänger einen Edelmann zum Vater hatte, ich wusste noch nicht, wie es uns gelingen sollte, zu fliehen, doch ich fasste Hoffnung. Zum Abschied küsste mich Salvador noch einmal zärtlich auf die Stirn, dann schlich er hinaus. In der Tür drehte er sich um.
    »Halte durch, Lucienne.«
     
    *
     
    Pater Comitti schloss die Augen. Er war ein Mann der Wissenschaft und ein Pater, und doch freute er sich. Er hatte sich eine sanfte Seite bewahrt. Nicht, dass in seiner Bücherwand Liebesromane zu finden waren, aber er hatte auch nichts dagegen einzuwenden, wenn in einem Buch entsprechende Textstellen vorkamen. Hatte Jesus nicht gepredigt, man solle seinen Nächsten lieben? Allerdings machten es einem die Nächsten meistens nicht leicht. Solche Gedanken und den Gedanken, warum das Mädchen Lucienne hieß, obwohl er angenommen hatte, es würde sich um die Briefschreiberin handeln, machte sich der alte Pater, während er einen Schluck trank.
    Arconoskij betrachtete ihn lächelnd. In seinem Lächeln lag Zärtlichkeit, ja, ein geradezu erstaunliches Maß an Verständnis, sodass der Pater erstaunt aufsah.
    »Ich finde es rührend, wenn sich zwei Menschen finden. Wenn sie dem anderen, der bis dahin ein Fremder sein musste, ihre Gefühle gestehen. Wenn sie auf ein Echo stoßen, wenn der andere, der bis dahin der Quell stiller Freude war, dieses Gefühl erwidert. Das ist der Moment, den wir, so denke ich, suchen, wenn wir vom Paradies sprechen.«
    »Sind Sie verheiratet?« Comitti war überrascht, solch poetische Klänge von seinem Gegenüber zu vernehmen. Überhaupt war Arconoskij anders, als er sich einen Mann in dieser Position vorgestellt hatte.
    »Nein, ich war nie verheiratet. Ich hatte nicht das Glück jemanden zu finden, dem ich so zugewandt gewesen wäre, um diesen Schritt zu tun.«
    Er lächelte den Pater spitzbübisch zu. »Und Sie?«
    »Meine Position beantwortet die Frage.«
    »Ich meine natürlich nicht jetzt, lieber Pater. Ich denke an früher, bevor Sie in den Dienst der Kirche getreten sind.«
    Zu seinem eigenen Erstaunen antwortete Comitti.
    »Früher, ja da hat es jemanden gegeben. Leider keine glückliche Geschichte.« Kurz verklärte sich Comittis Blick, doch dann sah er auf. »Nun, das hat mit der Sache hier nichts zu tun. Wollen wir weiterlesen?«
    »Selbstverständlich. Verzeihen Sie mir.«
     
    *
     
    Aufregende Tage folgten. Allerdings noch aufregendere Nächte. Salvador und ich durften uns auf keinen Fall anmerken lassen, dass sich etwas in unserer Beziehung geändert hatte. Ein kurzes Nicken, nicht mehr. Abends im

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