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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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auf ihre Hand. Ich folgte ihrem Blick und ließ sie erschrocken los. Fast hätte ich sie zerdrückt. »Verzeih, Lisette.« Ich streckte meine Hand aus, um ihr übers Haar zu fahren, doch sie wich zurück. Perplex ließ ich meine Hand sinken.
    »Die Männer, die du gesehen hast, gehören zu de Seguras Leuten.«
    Ich brauchte einen Moment, um sie zu verstehen. Sie meinte Salvadors Vater.
    »Er wollte uns retten. Leider kamen sie zu spät. De Segura befindet sich hier in Avila. Er möchte dich kennenlernen. Er hat Salvador versprochen, sich um uns zu kümmern, und das will er auch über seinen Tod hinaus.«
    Ich gab Lisette ein Handzeichen, um sie zu unterbrechen. Das ging mir zu schnell. »Wie hat er uns gefunden?«, fragte ich, um eine verständliche Chronologie zu erhalten.
    »Das habe ich auch nicht verstanden«, sagte Lisette. »Er erzählte mir, er wäre von einem fremden Herrn informiert worden.«
    »Wo sind der Graf und Louis?«
    Lisette wich meinem Blick aus. »Tot.«
    »Tot?« Ich sprang aus dem Bett.
    »Du sollst dich nicht aufregen. Leg dich hin, sonst erzähle ich dir gar nichts.«
    Lisette blieb hart. Erst, als ich mich wieder ins Bett begeben und sie mir mit ernstem Gesicht das Kissen aufgeschüttelt und festgesteckt hatte, erzählte sie weiter. Alle Munterkeit war von ihr abgefallen. Ich nahm ihre Hand und tätschelte sie. Ich hätte sie anschreien mögen, endlich anzufangen. So viele Dinge waren in den vergangenen Tagen geschehen – nicht nur für mich. Sie streckte sich und suchte einen Anfang.
    »Ich war traurig wegen Salvador.«
    Ich nickte. Ich konnte mir vorstellen, wie der Anblick, des zerschlagenen, verstümmelten Mannes auf Lisette gewirkt haben musste.
    »Wie er von Vaters Faust zerquetscht wurde.« Lisette blickte mich an. Ich erkannte in ihrem Blick, dass sie auf mein Verständnis hoffte, doch ich war wie vor den Kopf gestoßen. Sie meinte ihr Eichhörnchen!
    »Ich habe ab diesem Augenblick kaum noch etwas mitbekommen.« Sie schüttelte betrübt den Kopf. »Sie setzten mich auf ein Pferd und wir ritten, doch ich kann mich nicht wirklich erinnern. Es war alles so …«, sie suchte nach dem richtigen Ausdruck, »… es war so unwirklich. Gerade waren wir noch glücklich und dann …« Lisette schniefte. Ich wollte ihr schon Vorwürfe machen, dass es in Anbetracht der Vorfälle unangebracht wäre, sich über ein Eichhörnchen zu grämen, als ich begriff: Lisettes Seele hatte zu einem Schmerz Zuflucht genommen, den sie verstand und den sie verarbeiten konnte.
    »Wir sind auf Almadar und seine Leute getroffen, wir ritten bis nachts und dann?« Ich wollte ihr helfen, den Faden wieder aufzunehmen.
    »Weiß ich nicht. Ich habe noch nicht mal mitbekommen, dass man dich zurückließ. Louis hat mich darauf aufmerksam gemacht.«
    »Sicher auf seine Art.«
    »Nein, nein. Er war erschüttert und grämte sich. Er überlegte, wie er euch helfen könne. Er hatte gedacht, Vater mache Spaß und bat ihn, einen Mann zu dir zu schicken, damit er dich aus dem Brunnen holte. Vater wollte davon nichts wissen.« Lisette putzte sich die Nase.
    »Ich bin Louis nicht böse, Lisette. Das war ich nie. Ich bin nur traurig.«
    Lisette nickte. »Jetzt sind sie alle tot. Um Vater tut es mir nicht leid, aber um Louis. Er war ein Scheusal, aber er war mein Bruder.« Lisette schluchzte erneut.
    Ich streichelte ihren Rücken. Dass Louis tot war, betrübte mich. Zur selben Zeit hoffte ich, der Graf würde in der Hölle schmoren. »Aber erzähl weiter, was geschah dann?«
    »Die Männer waren übel gelaunt. Einige waren nachts verschwunden. Louis und ich hofften, dass sie zurückgeritten waren, um dir zu helfen.« Lisette schüttelte den Kopf. »Jedenfalls waren wir nicht mehr viele. Ein Teil von Almadars Eskorte war vorausgeritten, um den Empfang vorzubereiten . Die Männer, die bei uns blieben, machten keine Scherze mehr. Der Einzige, der noch lachte, war Vater und er trank auf dem Pferd.«
    »Er trank auf dem Pferd?« Ich war perplex.
    »Ununterbrochen. Er ließ bei jedem Dorf anhalten und neuen Wein besorgen. Es war grauenhaft. Wohin wir kamen, starrten uns die Leute an und tuschelten. Ich schämte mich.«
    »Und dann?«
    »Am Abend blieben wir im Freien, weil Vater meinte, er könne die neugierigen Blicke der Dorfbewohner nicht ertragen. Die Männer lagerten um ein Feuer und soffen. Ich hatte mich in meinen Mantel gerollt und versuchte zu schlafen.« Lisette schloss die Augen. Ich unterbrach sie nicht.
    »Reiter kamen,

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