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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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mein Versprechen Lisette gegenüber bereits erneuert und will es auch dir gegenüber tun. Willst du, trotz Salvadors Tod, auf Dos Campanilles leben? Du und deine Schwester? Ich habe euch euren Vater genommen, ich würde an seine Stelle treten. Das bin ich mir nach den Vorkommnissen schuldig.«
    Ich bat um Bedenkzeit und er verabschiedete sich. Wieder hatte mir jemand neuen Stoff zum Nachdenken gegeben. Sollten wir nach Dos Campanilles?
    Lisette sah nur kurz nach mir. Sie war müde. Es war schon sehr spät. Ich gab mich meinem Selbstmitleid hin: keine Hoffnung auf ein Himmelreich, keine Hoffnung auf Liebe oder Sonnenschein.
    Ich war verdammt, allein in der Nacht zu leben und das für die Ewigkeit.
    Schwester Theresa suchte mich auf, nachdem alle gegangen waren. Sie trat an mein Bett und reichte mir eine Art Milchkanne. »Das wird dir guttun.«
    Ich öffnete sie ohne große Erwartung. Der metallische Geruch von Blut strömte hervor. Zum ersten Mal seit langer Zeit bekam ich Hunger. Ohne einen Gedanken an Ekel setzte ich die Kanne an und trank sie in einem Zug leer. Kraft durchströmte mich, Wärme. »Grässlich«, flüsterte ich und doch fühlte ich, dass es richtig war.
    Schwester Theresa betrachtete mich für einen Moment, als müsste sie etwas abwägen, dann reichte sie mir die Hand. »Komm. Ich werde dir dein neues Zuhause zeigen.«
    Der Gedanke an Dos Campanilles schoss mir durch den Kopf, doch ich erhob mich widerspruchslos. »Bin ich keine Gefangene?«
    Schwester Theresa folgte meinem Blick zur Tür, an der das Kreuz hing. Ich war auf den Schluss gekommen, dass sie es dort aufgehängt hatte, um mich von der Tür fernzuhalten.
    »Das hängt da, weil ich dir noch ein paar Regeln auf den Weg geben wollte.« Mit einer Bewegung nahm sie das Kreuz ab, behielt es aber in ihrer Hand. »Ich habe allen Mitschwestern erklärt, dass du seelischen Schaden genommen hast. Dass du Sonnenlicht und die damit verbundene Lebensfreude nicht mehr ertragen kannst, dass du die Gesellschaft meidest. Damit erklärt sich, warum du dein Zimmer nicht verlässt. Du brauchst absolute Ruhe. Solltest du nachts jemandem begegnen, grüße, aber sprich nicht. Ich habe behauptet, dass du nicht mehr sprechen kannst.«
    Ich sah sie fragend an. Mittlerweile waren wir im Kreuzgang angekommen. Es war ein kleiner Kreuzgang, aber wunderschön. Allerlei Kübelpflanzen, die in der Nacht dufteten, sorgten für eine Auflockerung der sonst strengen Architektur. »Warum soll ich mit keinem sprechen?« Ich sog den Blumenduft ein, der von der Mitte des liebevoll angelegten Gartens herüberwehte. Überhaupt fiel es mir auf, dass dieses Kloster, streng und ordentlich in der Führung, verspielt und schön in der Ausführung war.
    Schwester Theresa führte mich zum Kräutergarten. »Weil wir uns sonst in unseren Erklärungen widersprechen. Es ist besser, wenn du nur mit mir sprichst – und das sehr leise.«
    Ich verstand und beschloss, nach Dos Campanilles abzureisen. Hier würde ich vor Langeweile sterben.
    Der Kräutergarten war sehr hübsch angelegt. Ein weniger kundiger Mensch hätte gedacht, dass es sich um einen Ziergarten handelte. Zwischen Liebstöckel und Kamille standen Türkenhosen, zwischen Baldrian und Rosmarin, Narzissen. Ich war traurig, dass ich das Ganze nicht bei Tag sehen konnte. Es musste wunderschön sein.
    Am meisten beeindruckte mich die Bibliothek, die mir Schwester Theresa als Nächstes zeigte. So viele Bücher und Schriftrollen hatte ich noch nie gesehen. Ich stellte mir vor, wie ein emsiger Haufen von Schwestern diese Bücher und Rollen kopierten, illustrierten und studierten, als mich Schwester Theresa aus meinen Gedanken riss.
    »Kannst du lesen, Lucienne?« Ich bejahte. Schwester Theresa winkte mich zu sich. »Hier, das ist ein Buch, das über deine Krankheit berichtet. Wenn es dich interessiert, darfst du es lesen.«
    Und ob mich meine Krankheit, wie Schwester Theresa meinen Zustand nannte, interessierte. Ich stürzte mich auf die ersten Zeilen. Allerdings musste ich feststellen, dass es nicht so einfach war. Die Buchstaben waren verschnörkelt und verlangten mir volle Konzentration ab. Schwester Theresa unterbrach mich. »Schreib doch bitte gleich auf, was du entziffern kannst.« Sie legte mir einen Bogen Papier neben das Tintenglas, bevor sie sich einem dicken Folianten annahm.
    Ich war so in die Ungeheuerlichkeiten über Vampyre vertieft, dass ich Schwester Theresa erst bemerkte, als sie mir über die Schulter blickte. »Du hast

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