Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)
nach drei Wochen Regen hatte ich nur noch einen Wunsch: Ich wollte ins Trockene und nie mehr in nasser Erde schlafen. Nach viel fröhlichem Gelächter und Umarmungen drehten sich die vier zu mir. Das größte der drei Mädchen trat auf mich zu und reichte mir die Hand, um mir vom Pferd zu helfen.
»Du bist deinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.« Sicherlich war das nur eine Redensart. Wenn es so gewesen wäre, dann wäre es auch anderen aufgefallen. Vor allem Miguel.
»Sicher möchtest du ein Bad nehmen.« Sie erriet meinen größten Wunsch und geleitete mich ins Haus.
Isolde war die Älteste und von betörender Schönheit. Isadora, zwei Jahre jünger und damit ungefähr in meinem Alter, besaß die Schönheit der Intelligenz. Isabella mit ihrer Figur und der Verspieltheit eines Kindes betörte durch ihre Naivität.
Die drei Schwestern brauchten genauso wenig Blut wie wir. Sie hatten es sich allerdings zur Angewohnheit gemacht, einmal im Monat zu jagen – aber keine Tiere. Sie blieben dabei, dass ein Vampyr Menschenblut benötigte, und wollten von unseren christlichen Einwänden nichts hören.
»Seid wenigstens vorsichtig«, bat Argyle. »Miguel wird uns suchen. Er soll uns nicht finden, weil ihn die Kadaver bis nach hier oben führen.«
»Wir lassen es schon immer nach einem Erdrutsch aussehen, nach einem Unfall im Gebirge«, sagte Isadora.
»Dass ihr überhaupt töten müsst!« Ich konnte mich mit dem Gedanken nicht anfreunden. »Ein Schaf oder eine Ziege spendet euch die gleiche Kraft.«
»Schmeckt aber nicht.« Isabella sah von ihrem Spiel auf.
»Wir töten nur die, die es verdienen«, sagte Isolde.
»Woher nehmt ihr das Recht, zu verurteilen? Ist es nicht allein Gottes Aufgabe zu richten?«
Alle drei stöhnten wie aus einem Munde.
»Apollonia, es ehrt dich, dass du an deinen Gott glaubst. Aber wir glauben schon lange nicht mehr an ihn. Wir waren einmal gottesfürchtige Mädchen, die so erzogen wurden wie du. Aber wir mussten Dinge erleben, die uns ein für alle Mal an seiner Existenz zweifeln ließen. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, hier und jetzt zu richten. Daran halten wir fest, auch wenn es dir und deinem Vater nicht gefällt.«
»Den ihr infiziert habt. War das einer eurer Richtsprüche?«
»Das mit Argyle war ein Fehler.« Isolde senkte den Kopf und errötete.
»Ein Fehler? Er war ein Fehler?« Ich hielt es nicht länger auf meinem Stuhl aus und lief im Raum auf und ab. »Wir hätten eine glückliche Familie sein können, wenn ihr ihn nicht infiziert hättet!« Ich musste mich an der Wand abstützen. »Wegen euch ist meine Mutter zu einer Bestie geworden, wurde der Stammsitz meines Vaters zerstört und wir wurden getrennt. Das nennt ihr einen Fehler?«
Wir waren übervorsichtig miteinander umgegangen, hatten persönliche Themen vermieden, das fiel mir jetzt auf. Wir hatten uns über Allgemeinplätze unterhalten, über die Gefahr, die von Miguel ausging und wie man sich am besten vor ihm verbergen konnte. Aber warum mein Vater und Isolde miteinander verbunden waren, über dieses Thema wurde nicht gesprochen. Aus gutem Grund, wie ich bemerkte. War das Elend meiner Familie gerecht? Argyle ein Fehler? Ich bebte vor Zorn.
Argyle nahm mich bei der Hand.
»Apollonia, lass es dir erklären und fälle dann ein Urteil. Ich habe ihnen verziehen. In Gottes Namen hör sie an.«
Ihm zuliebe setzte ich mich. Alle vier Augenpaare waren auf mich gerichtet.
Selbst Isabella, die zuvor mit ihrer Katze gespielt hatte, sah auf. »Sagtest du nicht, nur Gott hätte das Recht zu richten?« Sie hatte also zugehört.
Ich funkelte sie an. »Dann erklärt es mir.«
Die drei sprachen sich per Augenkontakt ab und es war an Isolde zu beginnen.
»Wir waren eine glückliche Familie, bis unsere Mutter starb und Vater auf Wallfahrt ging. Er gab uns zum Lehnsherrn, damit er ein Auge auf uns hätte.«
»Das hatte er auch, allerdings anders, als es sich unser Vater vorgestellt hatte.« Isadora übernahm das Erzählen. »Wir arbeiteten alle in der Küche, bis wir eines Abends in den Saal gerufen wurden. Die Herrschaften begutachteten uns und nickten. Wir wurden auf ein neues Zimmer gebracht und wussten nicht, wie uns geschah.«
»Wir wurden gewaschen und gekämmt, wir bekamen schöne Kleider und gutes Essen.« Isabella hatte sich zu uns an den Tisch gesetzt und lächelte mich an. »Ich war begeistert. Ich bekam ein kleines Kätzchen, fast so niedlich wie dieses hier.«
Isadora verdrehte die Augen. »Du und
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