Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)
deine Katzen. Jedenfalls wurden wir fürstlich behandelt. Wir dachten, wir hätten Glück. Die Herrschaften waren ohne Kinder, und so jung und naiv, wie wir waren, glaubten wir, dass sie uns an Kindes statt annehmen wollten.« Isadora seufzte. »Nach Wochen der Pflege wurden wir abermals in den Saal geführt, diesmal waren nur die Herrin und der Herr anwesend. Der Alte schlich um uns herum und zwickte uns hier und kniff uns dort, aber wir waren noch immer ohne Argwohn. Es schien ihm zu gefallen, was er sah, denn er zog die Klingelschnur. Ein dunkel gekleideter Herr trat ein und wir dachten, es sei ein Advokat.«
»Er hat uns alle drei infiziert«, sagte Isabella.
»Und warum?« Ich verstand nicht, worauf sie hinauswollten und was das mit meinem Vater zu tun hatte.
»Um ihre Schönheit und Jugend zu konservieren.« Argyle mischte sich ein. Ich verstand es immer noch nicht. Isadora gab mir mit einem Handzeichen zu verstehen, dass sie es gleich erklären würde.
»Man ließ uns unwissend und unfertig. Man gab uns kein Blut zu trinken, damit wir keine Gefahr wurden. Man rief uns ins Schlafgemach und dort mussten wir unserem Lehnsherrn zu Diensten sein. Seine Frau beteiligte sich an seinen Spielen. Sie kratzte und schlug uns und geilte ihn damit auf.
»Das ist ja entsetzlich!« Ich hatte die Augen geschlossen und wollte mir das nicht vorstellen.
»Das war noch nicht alles.« Isadora, die die Geschichte bisher völlig unbeweglich erzählt hatte, rieb sich übers Gesicht. »Unserem Herrn wurde langweilig. Alles nutzt sich irgendwann ab, auch drei Mädchen, die jede Nacht wieder Jungfrauen sind und die man missbrauchen kann, wie man will, da ihre Wunden heilen. So gab er uns an seine Vasallen weiter. Erst an die reichen, die für uns bezahlten, am Ende konnte jeder Mann oder Frau mit uns machen, was er oder sie wollte. Wir wurden missbraucht, geschlagen, gepeitscht, wieder missbraucht. Einmal, zweimal, hundertmal.«
Ich schlug die Hände vors Gesicht. Ich konnte mir nicht vorstellen, was diese drei Rotschöpfe durchgemacht hatten. Das einzige Mal, dass mir ein Mann nahegekommen war, war es mit Liebe und Zärtlichkeit geschehen.
»Aber ihr seid Vampyre. Konntet ihr euch nicht wehren?«
Isolde übernahm. »Wie Isadora schon sagte: Wir waren ahnungslos, wussten nichts von Vampyren. Wir bemerkten, dass unsere Wunden heilten, wir keine Nahrung brauchten und kein Sonnenlicht vertrugen. Das war alles. Man hatte uns kein Blut gegeben, das die Verwandlung perfekt gemacht hätte. Wir waren wie Raupen. Darum fehlten uns die Kraft und der natürliche Instinkt der Vampyre. Erst Isabella, unser Kätzchen, rettete uns.« Isolde drückte Isabellas Hand. Isadora lächelte ihrer kleinen Schwester zu. »Mit ihren elf Jahren wurde sie bereits gefoltert. Sie hatte keine Ahnung, was Männer mit Frauen machten. Ich litt Höllenqualen, wenn ich ihre aufgerissenen Augen sah, wenn sich wieder ein Bock an ihr zu schaffen machte. Isabella zog sich in eine geistige Kinderwelt zurück. Sie spielte, sie wäre eine Katze. Ein Kätzchen, mit dem die Männer spielten. Eines Nachts war sie besonders wild. Sie kratzte und fauchte. Die Männer fanden das amüsant. Isolde und ich leisteten schon lange keinen Widerstand mehr, wir waren langweilig geworden. Isabella war die Attraktion. Dann wurde sie eine besonders wilde Katze und biss zu. Der Mann, den sie gebissen hatte, lachte, aber nicht lange. Isabella hatte Blut geschmeckt. Bis Isolde und ich begriffen hatten, was vor sich ging, hatte sie bereits zwei Männer überwältigt. Den anderen Männern im Saal erging es nicht anders. Wir starrten gebannt auf unsere kleine Schwester, die erwachsene Männer tötete. Erst der Blutgeruch, der sich im Saal ausbreitete, ließ uns ebenso zu Bestien werden. Es überlebte niemand. Wir bereuten nicht, was wir getan hatten und schworen uns: Wir würden jeden Edelmann töten. Wir waren der festen Überzeugung, dass jeder Mann den Tod verdient hätte. Argyle traf damals auf uns. Er wollte nach einem Grenzstein sehen und entdeckte dabei unsere Hütte. Er war ein Edelmann und damit schuldig. Isolde wollte ihn töten. Erst im letzten Augenblick, als sie bereits ihre Zähne in seinen Hals geschlagen hatte, blickte sie in seine Augen und erkannte, dass er ein guter Mann war.«
Stille senkte sich über den Raum. Allein das Holz im Kamin knackte. Isabellas Katze schnurrte auf ihrem Schoß. »Wir bereuen heute noch, dass wir uns in ihm irrten. Als wir ihn auf einen Becher Met
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