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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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ganz zu Prometheus geworden. Er spricht in tiefem, drohenden Tonfall, gerade laut genug, damit die Bitläuse ihn hören können, und die zornigen Augen in seinem blutigen Gesicht funkeln unter struppigem Haar hervor. Mit grenzenlosem Hass starrt er Henderson an.
    »Ganz richtig«, sagt er. »Dieses junge Küken wird den tapferen Krieger zur Welt bringen, der mich von meinen Ketten befreit, meine kleinen Bitläuse – alles, was euer verfluchter Herr gesät hat, wird der dunkle Affe seines Samens ernten. Das ganze weite Land, das der breite Strom des Nills bewässert, wird er umpflügen. Jack Flash. Ich bin ihm einmal begegnet, müsst ihr wissen.«
    Und es ist 1936, und Seamus Padraig Finnan betrachtet sein Gesicht im Spiegel — ein Gesicht, das sich seit zwanzig Jahren nicht verändert hat, zumindest nicht so, dass es einem auffiele. Seltsam ist das, geradezu unheimlich, aber in Seamus Finnans Leben gibt es viele seltsame und unheimliche Dinge, an jeder Ecke lauern Stimmen und Visionen, und manchmal reden sie so wild durcheinander, dass er nicht weiß, ob er träumt oder wacht. Deshalb fällt es ihm schwer, andere Leute an sich heranzulassen, aber das macht nichts, eigentlich ist es ihm sogar lieber so. Da ist niemand, dem man wehtun kann oder der einem wehtun könnte. Und das erleichtert es ihm auch, das zu tun, was er jetzt tun muss, ohne Familie, ohne Frau und Kind, die sich um ihn sorgen, die ihn anflehen, er solle nicht gehen, nein, sei kein Narr. Soll Spanien doch selbst mit seinen Problemen klarkommen, würden sie sagen. Du musst dafür sorgen, dass wir zu essen haben, dass Brot auf den Tisch kommt, nicht losziehen und mit der Roten Fahne vor der Schnauze des faschistischen Bullen herumwedeln. Nein, Seamus hat keine Familie. Er gehört nur zu ... zu einer Art von Bruderschaft.
    »O ja, und die Herzöge, die jetzt noch so stolz sind«, sagt Finnan, »werden bald von einer Ehe zu Fall gebracht, die sie längst eingegangen sind, eine, die ihnen ihre Macht rauben, sie von ihrem Thron stoßen und aus ihrem Elfenbeinturm vertreiben wird. Und dann wird sich der Fluch derjenigen erfüllen, die vor ihnen die Krone auf dem Haupt trugen – der Fluch, den sie ausstießen, als sie von ihrem angestammten Platz vertrieben wurden.«
    Henderson dreht sich um, als höre er das Geschimpfe des Wahnsinnigen zum ersten Mal. Finnan schenkt ihm ein schiefes Grinsen, wirft ihm eine Kusshand zu und brüllt: »Jawohl, ihr verdammten Wichser! Der Konvent wird untergehen!«
    Von Glasgow nach London mit dem Bus, zu siebt, und während der ganzen Fahrt rauchen sie und schauen zum Fenster auf die trostlose graue Landschaft hinaus. Und dann sind sie auch schon in der Parteizentrale, und die Genossen dort geben Seamus das Geld für ihre Fahrkarten — einschließlich Rückfahrkarte, weiß Gott, warum; so bald kommen sie nicht zurück. Also landen sie in Frankreich (und es ist seltsam, wieder hier zu sein, in Frankreich und im Krieg, schließlich hatte er sich geschworen, nie wieder herzukommen) und machen sich auf den direkten Weg nach Paris, wo sie eine Nacht in einer winzigen Pension verbringen. Am nächsten Tag mit dem Zug nach Perpignan, unten an der Grenze. Die Pyrenäen überqueren sie zu Fuß, und dort patrouilliert ein französischer Grenzer, aber als sie sich vorbeischleichen, schaut er in die andere Richtung und pfeift die Internationale. Nach dem Grenzort Figueras, wo der Jugoslawe Tito das Kommando hat, weiter zur Karl-Marx-Kaserne in Barcelona und schließlich, endlich, nach Albacete, dem Hauptquartier der Internationalen Brigaden.
    »Eins könnt ihr mir glauben«, sagt Finnan. »Außer mir kann ihnen niemand zeigen, wo sie vor dem kommenden Sturm Schutz finden. Ich weiß diese Dinge, ich weiß, was uns bevorsteht. Sollen sie doch dasitzen und denken, sie seien in Sicherheit, sollen sie sich mit Schwert und Feuer in den Händen einmal so richtig mutig vorkommen, von hochtrabenden Unkinworten der Macht umgeben; das wird trotzdem nicht verhindern, dass sie in Ungnade fallen.«
    Die Grundausbildung hat ihren Namen verdient — sie könnte nicht grundlegender sein. Als sie eintreffen, gibt es keine Schießstände, keine Maschinengewehre, und die Hälfte der Jungs hat noch nie ein Gewehr in der Hand gehabt. Also läuft es darauf hinaus, dass Finnan ihnen zeigen muss, wo es langgeht, er muss mit ihnen exerzieren, mit allem, was dazu gehört — in offener Ordnung und in Abteilungen vorrücken, ein paar Runden abfeuern. Ausrüstung

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