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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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ersten Leuchtpunkt sehen. Die Stimme Gottes, der Schreiber des Konvents ... hegt Zweifel. Und Seamus hat selbst genügend Glaubenskrisen durchgemacht oder bei anderen miterlebt, um die geschürzten Lippen seines Gegenübers richtig zu deuten.
    »Esta tarde todos muertos«, sagen sie. Heute Nachmittag werdet ihr sterben.
    Und der Leichenwagen fährt los.
    Sie zwingen die Gefangenen, in einem Kopfbahnhof auf der Linie Lissabon-Madrid zu arbeiten, wo all die Sachen verteilt werden, die aus Portugal eintreffen, aus Großbritannien — aus Großbritannien, verdammte Scheiße! Sardinenbüchsen, Lewis-Maschinengewehre: was man sich nur wünschen kann. Alles ist darauf angelegt, ihren Widerstand zu brechen, ihnen zu zeigen, wie sinnlos das ist, was sie tun und wofür sie kämpfen. Sie können nicht siegen, wenn nicht einmal ihr Vaterland einen Penny auf die Spanische Republik gibt; soll sie sich doch selbst gegen Franco und die Falangisten verteidigen, hinter denen die ganze Macht Roms und des Dritten Reichs steht.
    Nachdem der Leichenwagen mit weiteren dreißig Toten abgefahren ist, lächeln die Wachleute.
    »Esta noche todos muertos«, sagen sie. Heute Abend werdet ihr alle sterben.
    Sie lassen die Gefangenen auf dem Lagerhof in zwei Reihen Aufstellung nehmen und geben jedem von ihnen eine Zigarette, während Männer mit Kameras festhalten, wie gut sie doch behandelt werden, um der Welt zu zeigen, wie ehrenhaft sich die edlen Ritter mit den schwarzen Hemden verhalten. Denn darum geht es doch beim Faschismus, nicht wahr? Zurück zu den Sitten und Gebräuchen des alten Rom, der deutschen Ritterorden und des spanischen Adels, zurück zu den Traditionen und dem Geist des Kriegers. Auf den Fotografien sind die Läuse, die ihnen über die Haut kriechen, nicht zu sehen. Eine Zigarette für jeden, und sie bekommen nicht einmal ein Streichholz.
    »Mañana por a la mañana«, sagen die Wachleute an jenem Abend. Morgen früh werden nicht nur dreißig Männer auf den Leichenwagen liegen, versprechen sie. Aber natürlich sind es dann doch nur dreißig, morgens, mittags und abends.
    Neunzig Männer am Tag.
    »Du denkst wohl, dass ich angesichts deiner neuen Herren vor Angst zittern werde«, sagt Finnan. »Weit gefehlt. Hau ab. Kriech wieder dorthin zurück, woher du gekommen bist. Aus mir bekommst du nichts heraus.«
    Metatron muss sich sehr anstrengen, um nicht zu zeigen, wie wütend er ist. Den Luxus kann er sich nicht leisten, im Unterschied zu diesem blinden, närrischen Rebellen, in dem ein helles Feuer lodert – dieser Prometheus, der der Menschheit die Macht verliehen hat, die Welt zu entflammen, und der nicht versteht, der einfach nicht verstehen will, dass er gegen die Vernunft wettert, gegen die Ordnung der Dinge. Aber nein! Für ihn ist das strahlende Licht der Vernunft eine despotische Macht, der namen- und gesichtslose Deus auf dem leeren Thron ein böser König, nicht der einzig wahre Herrscher aller Seelen, die einzige rechtmäßige Macht all der ursprünglichen Archetypen, deren Gestalt die Unkin annehmen – all die Krieger, Dichter, Jäger, Schreiber. Nur weil es Männer wie ihn gibt, bedarf es überhaupt eines Konvents. Revolutionäre! Wie viele Revolutionen enden mit Strömen von Blut, Leichenbergen und Feuersbrünsten? Sie lieben das Feuer so sehr, dass sie seine furchtbare Schönheit der ganzen Welt nahebringen möchten. Metatron weiß das nur zu gut. Er muss an Gabriel denken und daran, wie er nach Sodom und Gomorra mit Blut und Asche beschmiert war.
    Aber das war etwas anderes. Das musste sein, denkt er. Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. Und jetzt ... er versucht nicht daran zu denken, dass Gabriel jetzt auf einem Thron sitzt, der leer sein sollte.
    »Diese Überheblichkeit war es«, sagt er, »der du dein ganzes Leid zu verdanken hast.«
    »Ich wollte meine Ketten nicht gegen die deinen eintauschen«, sagt Finnan. »Lieber diene ich diesem Felsen, als ein Schoßhund an der Leine der Herzöge zu sein. Diese ›Überheblichkeit‹ ist einem so schimpflichen Gott nur angemessen.«
    Metatron geht in die Hocke, sodass seine Augen auf einer Höhe mit denen des gefesselten Mannes sind. Über die Traurigkeit in seiner leisen Stimme wundert er sich selbst.
    »Fühlst du dich denn hier so wohl, dass du unbedingt bleiben möchtest?«
    »Wohl? Dergleichen wünsche ich meinem liebsten Feind! Und dich schließe ich in mein Gebet mit ein.«
    Metatron legt die Hand auf den Fleischerhaken in Finnans Brust und

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