Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)
entsprechenden Artikel finden wirst.“
„Ich halte aber nicht dagegen“, ließ Katja ihn abblitzen. „Nehmen wir einmal an, sie hätte tatsächlich über den Fall und das Urteil geschrieben. Dabei wäre ihr der Name Hagen Leonhard aufgefallen, dessen Firma L&S BAU die Entsorgung des Sondermülls angeblich an diesen Horst Bernhard abgegeben hatte. Vielleicht hat sie auch mitbekommen, dass die Staatsanwaltschaft Leonhard für den eigentlichen Drahtzieher der illegalen Aktion hielt, ihm aber nichts nachweisen konnte.“
Der Brummi auf der linken Spur brach seinen Überholversuch nach mehreren Kilometern ab und scherte wieder auf die rechte Fahrbahnseite ein. Velten stieß eine deftige Verwünschung aus und zog an den beiden LKW vorbei. „Klingt plausibel. Spinnen wir die These einmal weiter: Als Tina in die Waldenthaler Redaktion versetzt wurde und sich mit den Auswirkungen des Industrieparkprojektes auf die Umwelt beschäftigte, stolperte sie wieder über L&S BAU . Sie fand es wahrscheinlich sonderbar, dass Hagen Leonhards Firma immer wieder in zwielichtige Machenschaften verwickelt war, grub etwas tiefer und stieß auf Unregelmäßigkeiten bei verschiedenen Ausschreibungen. Ihr könnte damals aufgefallen sein, was uns Germann vorhin sagte.“
Katja drehte sich zu ihm um: „Nämlich dass Leonhard seine Angebote für fette öffentliche Ausschreiben häufig erst abgab, nachdem die Unterlagen seiner Konkurrenten bereits im Rathaus eingegangen waren. Und dass er auffällig oft den Zuschlag erhielt. Bleibt die Frage, wie sie dahintergekommen ist.“
„Mit letzter Sicherheit werden wir das vermutlich nie erfahren. Aber wir können ja spekulieren.“
„Lass hören!“
„Wir wissen, dass die Pfaffenwiese in der Stadtverwaltung damals heftig umstritten war und vom früheren Oberbürgermeister und von Roland Dubois, der zu dieser Zeit der starke Mann im Bauamt war, gegen alle Widerstände durchgeboxt wurde. Jemand aus dem Rathaus, der Leonhard wegen dessen Machenschaften nicht mochte und auch das Industriegebiet ablehnte, könnte die Opposition ...“
„... in Person von Ferdi Bauer ...“
„... in Person von Ferdi Bauer mit Informationen über die Terminschwindeleien von L&S Bau munitioniert haben.“
Katja nickte heftig: „Genauso war es. Und Bauer gab das brisante Material an die einzige Journalistin des Kurier weiter, die auf seiner Seite war: Tina Hofer. Sie zählte eins und eins zusammen und kam dahinter, dass Leonhard und mindestens ein Komplize in der Stadtverwaltung gemeinsame Sache machten.“
„Womöglich ist die Sache aber viel größer , und es handelte sich um ein regelrechtes Netzwerk, dem Leute aus Bauwirtschaft, Verwaltung und Politik angehörten“, fuhr Velten fort. „Tina könnte das geahnt haben und dieser illegalen Seilschaft bedrohlich nahegekommen sein. Wahrscheinlich hatte sie keine Ahnung, wie gefährlich und entschlossen diese Leute waren. Als ihre Fragen immer konkreter wurden, hat jemand beschlossen, sie zu stoppen.“
Sie erreichten die westlichen Vororte Waldenthals und fuhren bald darauf von der Autobahn ab. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Als Velten schließlich auf den Parkplatz im Innenhof des Pressehauses einbog, war es Katja, die aussprach, was sie beide dachten: „Wenn dieses kriminelle Netzwerk tatsächlich bis heute aktiv ist, sollten wir auf der Hut sein.“
- - -
„Wollt ihr die Erklärung verständlich oder ausführlich?“
„Verständlich“, antworteten Katja und Velten wie aus einem Mund.
„ War mir fast klar“, sagte Steffen Schneider und rollte mit seinem Drehstuhl zum südöstlichen Flügel seines Schreibtischs, der von Computerkrimskrams, Süßigkeiten und Softwareliteratur wie mit einer Sedimentschicht bedeckt war. Velten hoffte, dass hinter dem vermeintlichen Chaos eine für Laien nicht durchschaubare Ordnung steckte, war sich jedoch nicht sicher. Der schwergewichtige IT-Experte des Morgenkurier verstand es meisterhaft, alle Kollegen über das, was er gerade tat, im Dunkeln zu lassen und stets den Anschein von akutem Zeitmangel und übermenschlicher Fachkompetenz zu erwecken. An die Wände hatte er Fotos gepinnt, die ihn mit Spock-Ohren oder im Klingonen-Outfit inmitten von nachgemachten Ferengi und teighüftigem Sternenflottenpersonal zeigten und als unheilbaren Star Trek – Fan auswiesen.
„Ich fange mit der guten Nachricht an“, sagte Schneider und öffnete eine Coladose. „Der alte Herr Hofer hat anscheinend
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