Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)
Dienstvorschriften zitieren. Das hätte ihn für unsere letzte Chefin zweifellos für höhere Weihen qualifiziert. Für den Dobermann zählt zum Glück nur die Leistung als Polizist.“
Dobermann war der Spitzname der neuen Polizeipräsidentin Beate Dohrmann. Ihre Vorgängerin hatte nicht zuletzt wegen der Recherchen des Waldenthaler Morgenkurier ihren Posten räumen müssen (s. „Velten & Marcks – Die Tote im Klee“) . Dohrmann galt intern als knallharte Chefin, wie Velten von Susanne wusste. Er selbst hatte sie erst wenige Male bei Pressekonferenzen erlebt und hatte einen sehr guten Eindruck von ihr.
„Tina Hofer wurde nach Angaben der Rechtsmedizin der Universitätsklinik Homburg mit massiven Schlägen auf den Schädel getötet“, fuhr Susanne fort.
„Ließ sich noch rekonstruieren, ob Tinas Leiche in die Stützwand einbetoniert wurde?“
„Wir haben in den Verzierungen ihres Anhängers Reste von Zement gefunden. Deshalb gehen wir davon aus, dass sich das Skelett tatsächlich in der Mauer befand und nicht etwa im Erdreich dahinter oder darüber. Wäre die Wand nicht zusammengebrochen, würde die Leiche vermutlich noch für Jahrzehnte darin liegen.
„Waren die Verletzungen unmittelbar tödlich?“
Susanne zögerte einen Moment, bevor sie Veltens Frage beantwortete: „Wir haben das, was ich dir jetzt sage, nicht publiziert. Aber ich denke, da Tina Hofer gewissermaßen eure Kollegin war, habt ihr ein Recht darauf, es zu erfahren.“
„Wir werden es nicht veröffentlichen.“
„Unser Erkennungsdienst hat mehrere Fingernägel von ihr gefunden. Sie waren stark eingerissen, um nicht zusagen zerstört. Das ist laut Rechtsmedizin ein Anzeichen dafür, dass Tina Hofer noch lebte, als sie in die Verschalung der Stützmauer geworfen wurde. Möglicherweise war sie bewusstlos und der Täter hielt sie für tot. Später kam sie wieder zu sich und hat versucht, sich mit bloßen Händen zu befreien. Wegen ihrer schweren Verletzungen ist ihr das aber nicht mehr gelungen.“
„Mein Gott, wie furchtbar“, entfuhr es Katja und auch Velten war entsetzt bei der Vorstellung, dass Tina lebendig und bei vollem Bewusstsein in ihrem Grab gelegen haben könnte.
„Sie wird sicher schnell die Besinnung verloren haben“, vermutete Susanne und es klang wie der vergebliche Versuch, Tinas letzte Minuten etwas weniger schrecklich wirken zu lassen. „Wir haben versucht, das Tatgeschehen zu rekonstruieren und gehen derzeit davon aus, dass der Mörder ihr mehrere schwere Schläge gegen den Kopf beigebracht hat. Die Tatwaffe war ein stumpfer Gegenstand, vielleicht ein Knüppel oder Baseballschläger. Als er sie für tot hielt, warf er sie in die Verschalung der Stützmauer und bedeckte den Körper mit Erdreich und Geröll. Am nächsten Morgen machten sich die ahnungslosen Bauarbeiter ans Werk und Tina Hofers Leiche verschwand unter Tonnen von Beton.“
Katja hielt die Angaben in ihrem Tablet fest: „Der Täter muss also gewusst haben, dass am Tag nach dem Mord die Betonmischer anrücken und die Spuren der Tat beseitigen würden. Er wird kaum riskiert haben, dass die Leiche länger als nötig dort liegt.“
„Schon möglich“, stimmte Susanne ihr verhalten zu. „Aber das muss nicht bedeuten, dass wir es mit einem Insider aus dem Umfeld der Bauarbeiten zu tun haben. Über die Errichtung der Stützmauer wusste ja damals jeder Bescheid, der Zeitung lesen konnte.“
„Aber wenn wir von einem solchen Insider ausgehen“, beharrte Katja, „stoßen wir wieder auf Hagen Leonhard. Seine Firma war für die Bauarbeiten an der Pfaffenwiese zuständig.“
„Tina hat intensiv und ohne Wissen der Kurier -Redaktion zu den ökologischen Auswirkungen des Industrieparks recherchiert“, erklärte Velten.
„Bitte informieren Sie uns über Ihre Erkenntnisse“, bat Staatsanwalt Germann. „Vielleicht ergeben sich ja auch neue Anhaltspunkte für weitere Umweltdelikte, die L&S Bau damals begangen hat.“
In der folgenden Viertelstunde berichteten die beiden Journalisten ausführlich über den Stand ihrer Nachforschungen. „So richtig will mir noch nicht einleuchten, dass Tina dabei über etwas gestolpert sein könnte, was sie das Leben gekostet hat“, schloss Velten seine Schilderung. „Selbst wenn sie weiteren Manipulationen Leonhards auf die Schliche gekommen sein sollte, ergibt sich daraus nach meiner Meinung noch lange kein Mordmotiv. Wir wissen ja jetzt, dass sich L&S Bau durch dieses Verwertungsdingsbums
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