Velten & Marcks - Mordfall Tina Hofer (German Edition)
ein. „Es ist aber auffällig, dass L&S BAU immer wieder Ausschreibungen gewinnt, vor allem in Waldenthal. Doch Vermutungen sind eben noch lange kein zureichender Hinweis, der offizielle Ermittlungen rechtfertigen würde.“
Germann suchte den Blickkontakt mit Susanne. Sie nickte ihm kaum merklich zu. Velten vermutete, dass sich die beiden zuvor über das Gespräch mit den Journalisten unterhalten und etwas abgesprochen hatten.
„Ganz im Vertrauen“, fuhr er fort, „ uns sind nach dem jetzigen Stand der Dinge die Hände gebunden. Die Presse hat natürlich ganz andere Möglichkeiten.“
Jetzt wurde die Sache spannend. Velten legte demonstrativ seinen Kugelschreiber beiseite. „Wenn der Morgenkurier Bewegung in die Sache bringen kann, sind wir gerne behilflich.“
Germann zögerte. Es widerstrebte ihm erkennbar, die Journalisten ins Vertrauen zu ziehen. Dann gab er sich einen Ruck: „Nun gut, was ich Ihnen jetzt sage, wissen Sie nicht von mir und auch nicht von der Staatsanwaltschaft Zweibrücken.“
„Sie können sich darauf verlassen.“
„Wir haben erfahren, dass L&S BAU bei großen Ausschreibungen der Stadt Waldenthal auffällig oft als letztes Unternehmen ein Angebot einreicht. Wir wissen, dass Hagen Leonhard die Abgabe nicht selten so lange hinauszögert, dass er die Unterlagen aus Zeitgründen nicht mehr mit der Post an die Verwaltung schicken kann, sondern sie wenige Stunden vor Fristablauf in den Nachtbriefkasten des Rathauses einwirft.“
„Ich verstehe“, murmelte Velten.
„Ich nicht“, gab Katja zu.
„Das Einreichen eines Angebotes auf den letzten Drücker könnte ein Hinweis darauf sein, dass Leonhard abwartet, welche Preise die Konkurrenz macht“, erläuterte Velten. „Er muss dann nur den günstigsten Kostenvoranschlag seiner Wettbewerber geringfügig unterbieten, um den Zuschlag zu bekommen.“
Bei Katja wollte der Groschen nicht fallen: „Aber sind die anderen Angebote nicht geheim?“
„Doch. Genau das macht die Sache ja so spannend.“
Sie klatschte sich mit der Hand auf die Stirn: „Sorry, ich stand anscheinend auf dem Schlauch. Sie wollen andeuten, Herr Germann, dass jemand in der Verwaltung Leonhard über die Preise der Konkurrenten informiert.“
„Wie ich bereits bemerkte, Frau Marcks, deute ich überhaupt nichts an, erst recht nicht gegenüber der Presse.“
„Natürlich nicht“, antwortete sie augenzwinkernd. „Aber wir könnten uns natürlich bei der Stadtverwaltung erkundigen, ob sie das Timing von Herrn Leonhard nicht auch sonderbar findet.“
„Das steht Ihnen natürlich völlig frei“, sagte Germann ohne die Spur eines Lächelns. „Wenn Sie das tun, sollten Sie dabei auch Ausschreibungen einbeziehen, die schon sehr lange zurückliegen.“
„Zwanzig Jahre?“
„Vielleicht sogar noch etwas länger.“
Velten sog die Luft hörbar zwischen den Zähnen ein. Was der Staatsanwalt ihnen zu verstehen gab, war nicht weniger als der Verdacht, dass in Waldenthal seit etwa einem Vierteljahrhundert Ausschreibungen manipuliert wurden, um Leonhard lukrative Aufträge zuzuschanzen. Das würde auf ein Netzwerk von Akteuren aus Wirtschaft, Verwaltung und womöglich auch aus der Politik hindeuten, die sich schamlos auf Kosten des Steuerzahlers bereichern.
„Ich schlage vor, wir wechseln das Thema“, sagte Germann, der sich sichtlich unwohl fühlte.
Velten war davon überzeugt, dass er nur deshalb so offen gewesen war, weil Susanne ihm dazu geraten hatte. „Kannst du uns schon etwas zum Mordfall Tina Hofer sagen?“, fragte er sie.
„Die Pressemitteilung sollte eigentlich heute Morgen schon rausgegangen sein.“
„Wir waren noch nicht in der Redaktion.“
„Die Identität der Toten ist durch einen DNA-Abgleich mit dem Erbgut ihrer Mutter zweifelsfrei geklärt, aber das war natürlich nur noch eine Formalität, nachdem ihr den Schmetterlingsanhänger der Toten als den von Tina Hofer identifiziert habt.“
„Ich verstehe nicht, wieso die Polizei den Namen der Toten nicht selbst anhand des Schmucks herausfinden konnte“, wunderte sich Katja. „Ich dachte immer, dass Informationen wie Kleidung und Schmuck in der Vermisstendatenbank erfasst sind.“
Susannes Blick verdüsterte sich: „Die beste Datei nützt nichts, wenn mein Kollege Stengel nicht in der Lage ist, sie mit einer korrekten Suchanfrage zu füttern.“
„Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Velten konnte sich das Lachen nicht verkneifen.
„Leider doch. Aber er kann immerhin hervorragend
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