Venezianische Verfuehrung
Ohrringe an und ging schließlich nach unten. An der Rezeption hinterließ sie eine Nachricht für Domenico.
Wie wird dieser selbstbewusste Mann wohl reagieren, wenn er feststellt, dass ich ausgeflogen bin, überlegte sie, während sie über die Brücke schlenderte. Nicht, dass sie weit fortfliegen würde. Sie wollte sich nur ins Café Florian setzen, um die Leute zu beobachten, bis Domenico sich zu ihr gesellte. Wenn er überhaupt kommen würde. Möglicherweise fühlte er sich in seinem Stolz gekränkt, weil sie nicht auf ihn gewartet hatte. Es war ihr ohnehin schleierhaft, warum er sie zum Essen ausführen wollte. Dass Lorenzo ihn darum gebeten hatte, hielt sie für unwahrscheinlich.
Domenico hätte ihr den Grund für seine Einladung genau nennen können. Sie hatte es am Flughafen so eilig gehabt, das Schiff zu erreichen, dass sie ihm nicht die geringste Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Ein solches Verhalten von einer Frau war ihm neu. Ihre Gleichgültigkeit hätte ihn zu jedem anderen Zeitpunkt amüsiert, aber in jenem speziellen Moment hatte sie ihn geärgert.
Später am Abend war er noch mit einem Freund im Stadtteil San Marco etwas trinken gegangen. Spontan hatte er danach beschlossen, im Gästehaus vorbeizuschauen, um sich zu vergewissern, dass Miss Green gut eingetroffen war. Und du wolltest einen besseren Eindruck auf sie machen, gestand er sich belustigt ein, während er erneut auf dem Weg in die Locanda Verona war.
Als er ihr dann ins Florian gefolgt war und sie dort ohne Sonnenhut und –brille gesehen hatte, hatte er sich sehr beherrschen müssen, um sein Erstaunen zu verbergen. Sie hatte ihn mit ihren goldbraunen Augen angeschaut und dabei bezaubernd gelächelt. Zum ersten Mal hatte er ihr Gesicht dort im Café richtig sehen können, das nicht nur hübsch war, sondern von Charakter zeugte. Sie hatte das gewisse Etwas ausgestrahlt, das ihn bei einer Frau so faszinierte. Unwillkürlich hatte er angefangen, seine charmante Seite zu zeigen.
Beim Abschied hatte sie ihn zum zweiten Mal überrascht, als sie es ablehnte, sich zum Gästehaus zurückbegleiten zu lassen. Dies war ebenfalls eine neue Erfahrung für ihn gewesen. Ja, die reservierte Engländerin verkörperte eine echte Herausforderung, die er mit großer Freude annahm.
Zum Auftakt des Abends würde er sie in Harry’s Bar ausführen, das Mekka für alle ausländischen Besucher Venedigs. Und wenn sie nach einem exquisiten Essen mit erlesenen Weinen wohlig entspannt war, würde er den Abend mit einer Gondelfahrt im Mondschein krönen.
Mit dem Elan eines Eroberers betrat er die Eingangshalle des Gästehauses und schaute mehr als ungläubig drein, als Signora Rossi ihm sagte, die junge Frau sei nicht in ihrem Zimmer. Mit bedauerndem Lächeln reichte sie ihm Lauras Nachricht, und nachdem er sie gelesen hatte, verabschiedete er sich und ging zur Tür.
Er war stark versucht, Laura einfach im Florian sitzen zu lassen. Doch als er sie dort in ihrem roten Kleid entdeckte, verrauchte sein Ärger. Sie hatte die Haare zu einer sexy Hochfrisur aufgesteckt, die so aussah, als würde sie sich bei der ersten Berührung in Wohlgefallen auflösen. Einzelne widerspenstige Locken kräuselten sich in ihrem Nacken, und zwar genau an der Stelle, die seine Lippen wie magisch anzog. Überrascht stellte er fest, dass es ihm zutiefst missfiel, welche bewundernden Blicke sie allseits auf sich zog.
Laura hatte Domenico in dem Augenblick bemerkt, als er auf die Piazza San Marco getreten war. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie er auf sie zukam. Er trug einen hellen Leinenanzug, der ihm hinreißend stand. Aber erst als er bei ihrem Tisch angelangt war, wandte sie den Kopf und lächelte ihn reserviert an. „Hallo.“
„ Buona sera. Warum haben Sie nicht auf mich gewartet?“
„Ich bin zu kurz in Venedig, um die Zeit in meinem Zimmer zu vergeuden.“
„Sind Sie mit Ihrer Unterkunft nicht zufrieden?“
„Im Gegenteil. Sie ist bezaubernd. Nur hatte ich schon fast den ganzen Nachmittag dort verbracht, als ich Ihre Nachricht fand. Nach meinem ausgedehnten Schaufensterbummel habe ich einen viel zu langen Nachmittagsschlaf gehalten.“
Domenico setzte sich zu ihr. „Sie trinken doch bestimmt einen Prosecco mit mir.“ Er winkte einen Kellner herbei, bestellte und blickte sie wieder an. „Sie waren also Windowshopping. Haben Sie auch etwas Hübsches gefunden?“
„Nein. Ich wollte zunächst Ideen sammeln. Nur habe ich so viele schöne Dinge gesehen, dass ich mich
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