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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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Augen sehe ich, wie seine geschwungenen Lippen immer näher auf mich zukommen und sein Kopf sich ein wenig zur Seite neigt. Entschuldigung, aber der will mich doch jetzt nicht schon wieder küssen? Das ist doch heute schon mal schief gegangen, obwohl das ja nur so ein Schmatzer war. Und jetzt? Etwa so richtig? Bei der Vorstellung, Bernd könnte seinen offenen Mund auf meinen drücken und dann seine Zunge ausfahren, um darin herumzutasten, beginnt meine Unterlippe plötzlich zu zittern. Ich muss an die vielen Male denken, als ich betrachtet habe, wie diese Zunge sich in einen anderen weiblichen Mund gedrängt hat. Nicht, dass das irgendwie eklig gewesen wäre, aber ich war in diesen Fällen immer eine Außenstehende. Ein neutraler Betrachter. In dem Moment, als seine geschwungenen Lippen sich leicht öffnen und den Blick auf besagte Zunge freigeben, ist es um meine Selbstbeherrschung geschehen, und ich breche in schallendes Gelächter aus. Erschrocken zieht Bernd den Kopf zurück und sieht mich befremdet an.
    »Bernd«, keuche ich nach Luft schnappend und bringe mich mit Mühe wieder unter Kontrolle, »das kann doch nicht wirklich dein Ernst sein?«

8.
    Schon komisch, vor einer guten Viertelstunde, als Bernd dieses Zimmer betreten und mich aufgeweckt hat, war ich noch das reine Opferlamm.Verwirrt und gedemütigt. Jetzt ist es Bernd, der geknickt auf der Couch sitzt. Und ich? Was bin ich? Etwa die Böse? Das mag ich aber gar nicht. Nach einem Blick in seine Augen hat sich mein Lachanfall ziemlich schnell verabschiedet, und jetzt sitzen wir hier, zwischen uns beklemmende Stille.
    »Bernd«, sage ich leise und greife vorsichtig nach seiner Hand. Sofort hebt er den Kopf, sieht mich an – hoffnungsvoll. Auch ein Blick, den ich sonst nur von mir selber kenne. Schnell ziehe ich die Hand wieder zurück. Will ja nichts Falsches suggerieren. In was für eine Situation hat der Typ mich bloß gebracht, denke ich unwillig. Und wenn er mich so waidwund anguckt, kann ich ihn dafür jetzt noch nicht einmal anschreien. Ich fühle mich total unwohl auf dieser Seite des Geschehens. Normalerweise bin ich doch die arme Zurückgewiesene. In diesem Moment kommt wieder Leben in mein Gegenüber, er greift meine beiden Hände und sieht mir in die Augen:

    »Lenchen, ich gebe zu, das alles war vielleicht keine besonders gute Idee.« Vielleicht? »War wohl alles ein bisschen überstürzt. Du bist schließlich verwirrt, hast gerade einen Heulkrampf hinter dir. Ich glaub, ich gehe jetzt erst mal, damit du das Ganze sacken lassen kannst, okay?« Gehen will er? Das klingt in meinen Ohren gut.
    »Okay«, sage ich leise und versuche, mir meine Erleichterung nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Aber der leidende Blick ist aus Bernds Augen verschwunden, jetzt ist er wieder so, wie ich ihn kenne: obenauf.
    »Alles klar! Ich ruf dich an!« Mit diesen Worten springt er auf und will aus dem Zimmer gehen.
    »Warte mal ganz kurz«, fällt mir da plötzlich ein, »und was ist mit Leila?«
    »Leila?«
    »Ja. Ich denke, du bist so verknallt in sie.« Er grinst mich an. Spitzbübisch.
    »Ach Lenchen. Denk doch mal nach.«
     
    Leila – Lenchen.
    Moderedakteurin – Typberaterin.
    Immer wie aus dem Ei gepellt – immer wie aus dem Ei gepellt.
    Fährt ein himmelblaues Auto – fährt ein himmelblaues Auto.
    Liebt Sushi – liebt Sushi.
    Wie konnte ich nur so blind sein?
     
    Erst am späten Nachmittag fahre ich wieder zurück nach Blankenese. Ich kann nur hoffen, dass Angela nicht vergessen hat, Dotty zu füttern. Das macht sie nämlich mit Vorliebe. Immerhin habe ich durchgesetzt, dass die arme Katze sich mittlerweile relativ frei im Haus bewegen
darf. Außer im Wohn- und Esszimmer. Als ich die Türe aufschließe, höre ich Angela mit ihren hohen Absätzen über das Parkett eilig zu mir heranstöckeln. Na wunderbar. Wahrscheinlich will sie mir wieder mal einen Vortrag über meine »ungezogene« Katze halten. Ich habe kaum die Tür hinter mir geschlossen und meine Schuhe ausgezogen, da steht sie schon vor mir. Ich wappne mich gegen den bevorstehenden Angriff und bin bass erstaunt, als sie mich mit einem spitzen »Helena, herzlichen Glückwunsch«, an sich zieht und mir einen Kuss auf die Wange drückt. Häh?
    »Danke«, sage ich vorsichtshalber brav, getraue mich aber nicht, anzumerken, dass ich erstens schon gestern Geburtstag hatte und zweitens ihre diesbezüglichen Glückwünsche bereits entgegengenommen habe. Wenn sie auch wesentlich weniger herzlich

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