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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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den
Augen und ich springe vom Sofa auf. Das … also das kann doch wohl nicht wahr sein:
    »Mitleidssex? Ist das deine Antwort auf eine verzweifelte Frau? Mitleidssex?« Dafür, dass ich ihn so anschreie, bleibt Bernd ziemlich gelassen.
    »Ganz falsch«, sagt er, schlägt die Beine übereinander und greift nach meinem Arm, den ich ihm sofort entreiße.
    »Du hast ja wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank«, ereifere ich mich.
    »Jetzt beruhig dich doch mal und setz dich wieder hin«, sagt er und klopft auffordernd auf den Platz neben sich. Ja, von wegen.
    »Weißt du, so alt und so verzweifelt, dass ich mit dir schlafen müsste, bin ich nun doch noch nicht«, sage ich bissig. Ein Schatten fliegt über sein Gesicht. Okay, das war jetzt nicht nett von mir, aber ist doch wahr. Der Typ latscht ja wirklich von einem Fettnäpfchen ins nächste. »Sorry«, quetsche ich dennoch hervor, »das hab ich nicht so gemeint.«
    »Das hoffe ich schwer«, sagt er leise, »ich hab dir nämlich was zu sagen, und es fällt mir sowieso schon nicht leicht und ehrlich gesagt wird es jede Minute schwerer.«
    »Na was denn?«, frage ich ziemlich unwirsch. Bester Freund hin oder her, mein Nervenkostüm ist stark angegriffen und mein Kummerkastentanten-Potenzial ist heute nicht sehr ausgeprägt.
    »Kannst du dich bitte hier zu mir setzen?« Ich lasse mich in gebührendem Sicherheitsabstand neben ihm nieder. »Also, Folgendes, ich … also, es ist nicht so einfach, weißt du.« Es wird doch hoffentlich nichts Schlimmes sein? »Ich, also, am besten sag ich’s einfach so.« Gute Idee! »Ich bin verliebt in dich und ich möchte mit dir zusammen sein!«
Zwanzig Minuten später hat Bernd mich überzeugt, dass es sich bei seinem Geständnis nicht um einen grausamen Scherz handelt. Sondern um die grausame Wahrheit.
    »Lenchen, ich fand dich schon mit vierzehn klasse. Ich mochte dich vom ersten Augenblick an, obwohl du ein pinkes Micky-Maus-Sweatshirt getragen hast und dein Hintern beinahe die Karottenjeans gesprengt hat. Ich mochte dich auch mit deiner Brille, deiner Zahnspange und deinen mausbraunen Haaren. Ehrlich!«
    »Ach ja«, sage ich schnippisch, »und warum hast du dann immer nur mit mir auf dufte Kumpel gemacht?« Frage ich mich wirklich. Denn auch wenn Bernd heute als potenzieller Partner für mich überhaupt nicht mehr in Frage kommt, damals, in der achten Klasse, da fand ich ihn schon toll. Weil er so groß war, und so lässig. Außerdem hatte er schon einen recht ausgeprägten Bartwuchs und mit sechzehn dann auch eine coole schwarzweiß-karierte Vespa, an der er ständig herumgebastelt hat. Schwarze Ränder unter den Fingernägeln haben mich damals noch nicht gestört. Im Gegenteil. Er war der »Leader of the Pack«, der »Rebell«, mit dem ich meine Eltern zu gerne schockiert hätte. Aber damals hatte Bernd keine Augen für mich. Ich habe sicherlich dreihunderttausendmal seinen Namen in mein Heft geschrieben, bis er mich gebeten hat, mit ihm den Platz zu tauschen, damit er neben Tina sitzen konnte, die schon Brüste und blond gefärbte Haare hatte, die ihre Bücher mit einem Gürtel zusammengehalten zur Schule trug und schon mit mindestens vier verschiedenen Jungs rumgeknutscht hatte (von denen ich wusste). Bald darauf kam noch ein fünfter hinzu und ich hatte ganze drei Wochen lang Liebeskummer. Ich befolgte all die Tipps aus der »Bravo Girl« und der »Mädchen«, schrieb einen Abschiedsbrief, ohne ihn abzuschicken und eine Liste all der positiven und
negativen Aspekte unserer Beziehung, die keine war. Na ja, und irgendwann konnte ich Bernd dann auch wieder in die Augen sehen und mich damit zufrieden geben, nur sein Kumpel zu sein. Immerhin, all seine Freundinnen kamen und gingen, aber ich blieb. Bis heute. Und jetzt will der plötzlich in mich verliebt sein? Wo gibt es denn so was?
    »Das ist doch ganz einfach«, sagt Bernd und streckt seine langen Beine von sich, »du warst damals vierzehn und ich gerade sechzehn. Natürlich war ich nicht so naiv zu glauben, dass wir eine Chance hätten, wenn wir zu diesem Zeitpunkt zusammengekommen wären. Aber ich wusste, dass du die Frau bist, die ich einmal heiraten werde. Und daher musste ich dich gehen lassen. Um Erfahrung zu sammeln. Ich wollte nicht, dass du nach zehn Jahren mit mir sagst, dass du Angst hast, etwas verpasst zu haben.« Mit großen Augen starre ich ihn an. »Und außerdem«, setzt er mit einem breiten Grinsen hinzu, »wollte ich selber auch noch die eine oder andere Erfahrung

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