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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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hat. Ich habe ihm die Schuld an der verfahrenen Situation gegeben. Aber jetzt wird es mir klar: Diesen Karren habe ich ganz alleine in den Dreck gezogen. Schließlich hatte Bernd sich ja mit meiner Entscheidung abgefunden. »Ich werde immer dein Freund sein, Lenchen«, hat er gesagt. Aber jedes Versprechen hat Grenzen. Und ich kann es ihm nicht mal übel nehmen. Schließlich bin ich ihm in die Arme gestolpert, habe mich von ihm trösten lassen und wollte mit ihm schlafen. Und am nächsten Tag ziehe ich
wieder bei meinem Exfreund ein und erwarte von Bernd, dass er das einfach so wegsteckt?
    »Er bemüht sich wirklich sehr«, plappert Jackie vor sich hin, »aber ich glaube, dass wir beide einfach nicht zusammenpassen, verstehst du? Paul ist immer so ernst und korrekt. Er will, dass alles in geordneten Bahnen verläuft. Wenn ich mir meine Zukunft mit ihm vorstelle, weißt du, was ich dann vor mir sehe?«
    »Na?«, frage ich wenig interessiert.
    »Ein Leben wie das von Mama mit Papa. Er verdient das Geld, sie hütet die Kinder und sorgt für ein hübsches Heim. Das reicht mir nicht.« Ich sehe meine kleine Schwester erstaunt an. Solche Gedanken hätte ich ihr niemals zugetraut. »Ich bin doch noch so jung. Ich will ein aufregendes Leben haben. Und einen Mann an meiner Seite, der nicht so ein schrecklicher Spießer ist. Jemanden ganz Besonderen.«
    »Jemanden wie Bernd?«, frage ich ahnungsvoll und sie nickt heftig.
    »Genau.«

13.
    Ich bin so unglücklich. Ich bin ganz alleine auf dieser Welt. Meine Mutter auf Mallorca, Jan auf Geschäftsreise, mein bester Freund aus meinem Leben entschwunden, und die Einzige, die mir noch bleibt, meine allerbeste, allerliebste und einzige Freundin Lara, kümmert sich heute auch nicht um mich. Schnief. Ich verzeihe ihr. Schließlich ist es ihr Hochzeitstag. Eigentlich fing der Tag gar nicht so schlecht an. Nachdem ich mich also damit abgefunden hatte, dass Jan mich nicht auf die Hochzeit begleiten kann, weil seine gesamte berufliche Zukunft von dem heutigen Termin in London abhängt, hat Lara die Nacht vor der Trauung bei mir verbracht. Sie hat natürlich kaum geschlafen vor lauter Aufregung, weshalb wir schon um acht Uhr aufgestanden sind und in Ruhe gefrühstückt haben. Dann habe ich sie angezogen und geschminkt. Die Tränen schießen mir in die Augen, als ich sie fix und fertig in ihrem schlichten mädchenhaften Brautkleid mit dem langen Schleier vor mir sehe. Ihr Gesicht und ihre Figur wirken so zart, sie sieht aus wie eine Porzellanpuppe. Ihre Wangen glühen und sie kann überhaupt nicht stillsitzen.

    »Wie spät ist es. Müssen wir nicht los? Wo bleibt denn mein Vater«, fragt sie alle fünf Minuten, und schließlich gebe ich ihr ein paar Bachblütentropfen auf die Zunge, damit sie mir nicht noch umkippt vor lauter Nervosität. Als Herr Hesse, ganz schick im Smoking, an der Tür klingelt und sie ihm öffnet, betrachte ich gerührt, wie ihm bei ihrem Anblick fast die Luft wegbleibt.
    »Wunderschön siehst du aus, mein Schatz«, sagt er ergriffen und küsst sie links und rechts auf die Wange. Mit einem dicken Kloß im Hals folge ich den beiden die Treppe hinunter. Ich bin gespannt, wie Manu gucken wird, wenn er seine Braut zu Gesicht bekommt. Ich steige hinten ein und gemeinsam fahren wir in dem mit einem wunderschönen Gesteck aus weißen Rosen geschmückten silbernen BMW zur Kirche. Der Platz davor ist geradezu gespenstisch leer. Natürlich, es ist genau zwei Minuten vor drei. Die Trauung soll gleich beginnen und alle Gäste haben schon Platz genommen. Ich umarme Lara, wünsche ihr alles Gute und gehe in die Kirche hinein. Der Altar und die Sitzreihen sind festlich geschmückt, alles ist wunderschön. Manu steht in einem äußerst edlen grau-schwarzen Cut (zu dem ich ihm geraten habe) neben dem Pastor und tritt nervös von einem Bein aufs andere. Er wird doch nicht wirklich befürchten, dass Lara eventuell nicht erscheinen könnte? Aufmunternd nicke ich ihm zu und setze mich auf einen freien Platz in der zweiten Reihe. In diesem Moment erklingen die ersten Töne des Hochzeitsmarschs von Mendelssohn. Die etwa achtzig festlich gekleideten Gäste erheben sich und schauen erwartungsvoll in Richtung Kirchenpforte. Auch ich wende mich um. Leider fällt mein Blick auf ein Pärchen, das nur zwei Reihen hinter mir sitzt. Augenscheinlich sind Bernd und Jackie zusammen gekommen. Ich kann und will nicht glauben,
dass ausgerechnet eine verzogene kleine Göre wie mein Schwesterchen Bernds Typ

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