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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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verleihen. Ich werde ihn einfach ganz schnell abwürgen und mir heute Abend überlegen, wie ich ihm die Nachricht schonend beibringen kann.
    »Ist es wahr?«
    »Was denn?«, frage ich verdutzt. Auf der anderen Seite der Leitung höre ich Bernd tief einatmen.
    »Ist es wahr, dass du zu Jan zurückgehst?« Er klingt ganz ruhig. Gefährlich ruhig.
    »Wer sagt das?« Nervös schaue ich zu Jan herüber, der konzentriert auf die Straße schaut und nichts zu ahnen scheint.
    »Angeblich hast du das gesagt. Zu deiner Stiefmutter, die es wiederum Jackie erzählt hat. Die, wie du dich vielleicht erinnerst, hier bei mir wohnt.« Seine Stimme wird lauter und ungehaltener. Jetzt reißt er sich wieder zusammen und fragt leise: »Also, stimmt es?« Was soll ich tun? Was soll ich sagen? So hatte ich mir das wirklich nicht vorgestellt. Am Telefon.
    »Ich muss dir das erklären«, stammele ich hilflos.
    »Sag einfach, ob es stimmt, Helen. Ja oder nein.«
    »Ja«, sage ich tonlos. »Es stimmt.«
    »Dann ist dir nicht mehr zu helfen«, sagt Bernd und legt auf. Ich starre verzweifelt vor mich hin. Jan wirft mir einen
Blick zu. Ich tue so, als würde ich interessiert aus dem Seitenfenster schauen und sage in den Hörer:
    »Okay, wir sprechen uns morgen, ja? Dir auch einen schönen Abend. Ciao.« Dann lasse ich das Handy langsam sinken.
    »Worum ging es denn?«, will Jan jetzt auch noch wissen.
    »Nichts Besonderes«, antworte ich lapidar. Zum Glück halten wir in diesem Moment in der Osterstraße an und ich springe schnell aus dem Auto. »Bleib ruhig sitzen, ich hol sie schon«, rufe ich Jan zu und stürze zur Haustür. Im Hausflur lehne ich mich an die kühle Wand und atme tief durch. Mist! Verdammter Mist! Armer Bernd. Ich wollte nicht, dass er es so erfährt. Dass in meiner verdammten Familie aber auch nie mal einer die Klappe halten kann. Sophia steht neben mir und schaut mich mitleidig an.
    »Weißt du, es wäre auf jeden Fall schmerzhaft für ihn geworden, egal, wie schonend du es ihm auch beigebracht hättest.« Ich weiß natürlich, dass sie Recht hat, aber ich möchte mir einbilden, dass er mich vielleicht doch ein bisschen verstanden hätte, wenn ich es ihm nur hätte erklären können. Aber das kann ich ja noch tun, fällt mir da plötzlich ein. Natürlich. Morgen gehe ich zu ihm und erkläre ihm alles. Ich steige die Treppen hinauf, um Dotty abzuholen und fühle mich schon viel besser. Es wird alles gut werden.
     
    An diesem Abend liege ich das erste Mal wieder mit Jan in unserem Bett. Es ist ein komisches Gefühl. Am Nachmittag habe ich ausgiebig mit Lara telefoniert, die mir erzählt hat, dass der Junggesellinnenabschied noch ein voller Erfolg war. Na, wenigstens das.
    »Aber wieso hast du mir das mit Jan denn nicht gestern erzählt?«
    »Weil es dein Abend war.«

    »Trotzdem, ich bin doch deine beste Freundin.« Tja, vielleicht hätte ich mich tatsächlich besser bei ihr ausgeheult als bei Bernd, dann befände ich mich jetzt nicht in so einem furchtbaren Dilemma. Meine Neuigkeiten hat sie eher neutral aufgenommen.
    »Süße, mach, was dich glücklich macht«, hat sie gesagt. Na ja, ich hoffe sehr, dass ich genau das tue. Unser Abend war jedenfalls wirklich schön. Jan hat mir mein Lieblingsessen gekocht und danach haben wir uns »Vom Winde verweht« angeschaut. Weil das einer meiner Lieblingsfilme ist. Er kann solche Schmachtfetzen, wie er sie nennt, nicht ausstehen. Dass der Film ein Klassiker ist und eine große literarische Vorlage hat, will er nicht gelten lassen. Ist auch egal, sein Zugeständnis war jedenfalls enorm. Jetzt klettert Jan zu mir ins Bett und schmiegt sich an mich. Doch, das fühlt sich gut an. Ich merke, dass ich es schmerzlich vermisst habe, jemanden neben mir liegen zu haben. Er beginnt, mich zu streicheln und zu küssen, aber ich entwinde mich ihm:
    »Nein, Jan, bitte nicht.«
    »Wieso denn nicht? Wir haben doch so viel nachzuholen«, findet er und rückt mir wieder auf die Pelle.
    »Was nicht meine Schuld ist«, sage ich so aggressiv, dass er mich befremdet anguckt.
    »Ist ja gut«, murmelt er und dreht sich von mir weg auf die Seite. Unglücklich starre ich auf seinen Rücken.
    »Tut mir Leid«, flüstere ich, »ich brauche einfach ein bisschen Zeit.«
    »Ja, das verstehe ich. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.« Aber ich kann noch lange nicht schlafen. Dotty kratzt fortwährend an der Schlafzimmertür und maunzt unglücklich. Sicher versteht sie nicht, warum sie plötzlich nicht mehr bei mir schlafen

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