Venus im Pelz
war sie mit der Teemaschine beschäftigt. Ich legte den Pantoffel feierlich auf den Tisch und stand im Winkel, wie ein Kind, das seine Strafe erwartet.
Ich bemerkte, daß sie die Stirne etwas zusammengezogen hatte und um ihren Mund etwas Strenges, Herrisches lag, das mich entzückte.
Auf einmal brach sie in Lachen aus.
»Also – Sie sind wirklich verliebt – in mich?«
»Ja, und ich leide dabei mehr, als Sie glauben.«
»Sie leiden?« sie lachte wieder.
Ich war empört, beschämt, vernichtet, aber alles ganz unnötig.
»Wozu?« fuhr sie fort, »ich bin Ihnen ja gut, von Herzen gut.« Sie gab mir die Hand und blickte mich überaus freundlich an.
»Und Sie wollen meine Frau werden?«
Wanda sah mich – ja, wie sah sie mich an? – ich glaube vor allem erstaunt und dann ein wenig spöttisch.
»Woher haben Sie auf einmal so viel Mut?« sagte sie.
»Mut?«
»Ja den Mut überhaupt, eine Frau zu nehmen, und insbesondere mich?« Sie hob den Pantoffel in die Höhe. »Haben Sie sich so schnell mit diesem da befreundet? Aber Scherz beiseite. Wollen Sie mich wirklich heiraten?«
»Ja.«
»Nun, Severin, das ist eine ernste Geschichte. Ich glaube, daß Sie mich lieb haben und auch ich habe Sie lieb, und was noch besser ist, wir interessieren uns füreinander, es ist keine Gefahr vorhanden, daß wir uns so bald langweilen, aber Sie wissen, ich bin eine leichtsinnige Frau, und eben deshalb nehme ich die Ehe sehr ernst, und wenn ich Pflichten übernehme, so will ich sie auch erfüllen können. Ich fürchte aber – nein – es muß Ihnen wehe tun.«
»Ich bitte Sie, seien Sie ehrlich gegen mich«, entgegnete ich.
»Also ehrlich gesprochen. Ich glaube nicht, daß ich einen Mann länger lieben kann – als –« sie neigte ihr Köpfchen anmutig zur Seite und sann nach.
»Ein Jahr.«
»Wo denken Sie hin – einen Monat vielleicht.«
»Auch mich nicht?«
»Nun Sie – Sie vielleicht zwei.«
»Zwei Monate!« schrie ich auf.
»Zwei Monate, das ist sehr lange.«
»Madame, das ist mehr als antik.«
»Sehen Sie, Sie ertragen die Wahrheit nicht.«
Wanda ging durch das Zimmer, lehnte sich dann gegen den Kamin zurück und betrachtete mich, mit dem Arme auf dem Sims ruhend.
»Was soll ich also mit Ihnen anfangen?« begann sie wieder.
»Was Sie wollen«, antwortete ich resigniert, »was Ihnen Vergnügen macht.«
»Wie inkonsequent!« rief sie, »erst wollen Sie mich zur Frau und dann geben Sie sich mir zum Spielzeug.«
»Wanda – ich liebe Sie.«
»Da wären wir wieder dort, wo wir angefangen haben. Sie lieben mich und wollen mich zur Frau, ich aber will keine neue Ehe schließen, weil ich an der Dauer meiner und Ihrer Gefühle zweifle.«
»Wenn ich es aber mit Ihnen wagen will?« erwiderte ich.
»Dann kommt es noch darauf an, ob ich es mit Ihnen wagen will«, sprach sie ruhig, »ich kann mir ganz gut denken, daß ich einem Mann für das Leben gehöre, aber es müßte ein voller Mann sein, ein Mann, der mir imponiert, der mich durch die Gewalt seines Wesens unterwirft, verstehen Sie? und jeder Mann – ich kenne das – wird, sobald er verliebt ist – schwach, biegsam, lächerlich, wird sich in die Hand des Weibes geben, vor ihr auf den Knien liegen, während ich nur jenen dauernd lieben könnte, vor dem ich knien würde. Aber Sie sind mir so lieb geworden, daß ich es mit Ihnen versuchen will.«
Ich stürze zu ihren Füßen.
»Mein Gott! da knien Sie schon«, sprach sie spöttisch, »Sie fangen gut an«, und als ich mich wieder erhoben hatte, fuhr sie fort: »Ich gebe Ihnen ein Jahr Zeit, mich zu gewinnen, mich zu überzeugen , daß wir füreinander passen, daß wir zusammen leben können. Gelingt Ihnen dies, dann bin ich Ihre Frau und dann, Severin, eine Frau, welche ihre Pflichten streng und gewissenhaft erfüllen wird. Während dieses Jahres werden wir wie in einer Ehe leben –«
Mir stieg das Blut zu Kopfe.
Auch ihre Augen flammten plötzlich auf. – »Wir werden zusammenwohnen«, fuhr sie fort, »alle unsere Gewohnheiten teilen, um zu sehen, ob wir uns ineinander finden können. Ich räume Ihnen alle Rechte eines Gatten, eines Anbeters, eines Freundes ein . Sind Sie damit zufrieden?«
»Ich muß wohl.«
»Sie müssen nicht.«
»Also ich will –«
»Vortrefflich. So spricht ein Mann. Da haben Sie meine Hand.«
Seit zehn Tagen war ich keine Stunde ohne sie, die Nächte ausgenommen. Ich durfte immerfort in ihre Augen sehen, ihre Hände halten, ihren Reden lauschen, sie überallhin begleiten.
Weitere Kostenlose Bücher