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Venus im Pelz

Venus im Pelz

Titel: Venus im Pelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leopold von Sacher Masoch
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blieb sie mit mir zurück. Ich sah, daß es mit Absicht geschah und jubelte. Was sagte sie mir aber.
    »Meine Freundin begreift nicht, wie ich Sie lieben kann, sie findet Sie weder schön noch sonst besonders anziehend, und dazu unterhält sie mich vom Morgen bis in die Nacht hinein mit dem glänzenden frivolen Leben in der Hauptstadt, mit den Ansprüchen, welche ich machen kannte, den großen Partien, welche ich finden, den vornehmen, schönen Anbetern, welche ich fesseln müßte. Aber was hilft dies alles, ich liebe Sie einmal.«
    Mir verging einen Augenblick der Atem, dann sagte ich: »Ich wünsche bei Gott nicht, Ihrem Glück im Wege zu sein, Wanda. Nehmen Sie auf mich keine Rücksicht mehr.« Dabei zog ich meinen Hut ab und ließ sie vorangehen. Sie sah mich erstaunt an, erwiderte jedoch keine Silbe.
    Als ich aber auf dem Rückwege wieder zufällig in ihre Näht kam, drückte sie mir verstohlen die Hand und ihr Blick traf mich so warm, so glückverheißend, daß alle Qualen dieser Tage im Augenblick vergessen, alle Wunden geheilt waren.
    Jetzt weiß ich wieder so recht, wie ich sie liebe.
     
    »Meine Freundin hat sich über dich beklagt«, sagte mir Wanda heute.
    »Sie mag fühlen, daß ich sie verachte.«
    »Weshalb verachtest du sie denn, kleiner Narr« rief Wanda und nahm mich mit beiden Händen bei den Ohren.
    »Weil sie heuchelt«, sagte ich, »ich achte nur eine Frau, die tugendhaft ist, oder offen dem Genusse lebt.«
    »So wie ich«, entgegnete Wanda scherzend, »aber siehst du, mein Kind, die Frau kann das nur in den seltensten Fällen. Sie kann weder so heiter sinnlich, noch so geistig frei sein, wie der Mann, ihre Liebe ist stets ein aus Sinnlichkeit und geistiger Neigung gemischter Zustand. Ihr Herz verlangt darnach, den Mann dauernd zu fesseln, während sie selbst dem Wechsel unterworfen ist, so kommt ein Zwiespalt, kommt Lüge und Trug, meist gegen ihren Willen, in ihr Handeln, in ihr Wesen und verdirbt ihren Charakter.«
    »Gewiß ist es so«, sagte ich, »der transzendentale Charakter, welchen die Frau der Liebe aufdrücken will, führt sie zum Betrug.«
    »Aber die Welt verlangt ihn auch«, fiel mir Wanda in das Wort, »sieh diese Frau an, sie hat in Lemberg ihren Mann und ihren Liebhaber und hier hat sie einen neuen Anbeter gefunden, und sie betrügt sie alle und ist doch von allen verehrt und von der Welt geachtet.«
    »Meinetwegen«, rief ich, »sie soll dich nur aus dem Spiele lassen, aber sie behandelt dich ja wie eine Ware.«
    »Warum nicht« unterbrach mich das schöne Weib lebhaft. »Jede Frau hat den Instinkt, die Neigung, aus ihren Reizen Nutzen zu ziehen, und es hat viel für sich, sich ohne Liebe, ohne Genuß hinzugeben, man bleibt hübsch kaltblütig dabei und kann seinen Vorteil wahrnehmen.«
    »Wanda, du sagst das?«
    »Warum nichtig, sprach sie, »merk' dir überhaupt, was ich dir jetzt sage: fühle dich nie sicher bei dem Weibe, das du liebst , denn die Natur des Weibes birgt mehr Gefahren, als du glaubst. Die Frauen sind weder so gut , wie ihre Verehrer und Verteidiger, noch so schlecht , wie ihre Feinde sie machen. Der Charakter der Frau ist die Charakterlosigkeit . Die beste Frau sinkt momentan in den Schmutz, die schlechteste erhebt sich unerwartet zu großen, guten Handlungen und beschämt ihre Verächter. Kein Weib ist so gut oder so böse, daß es nicht jeden Augenblick sowohl der teuflischsten, als der göttlichsten, der schmutzigsten, wie der reinsten Gedanken, Gefühle, Handlungen fähig wäre. Das Weib ist eben, trotz allen Fortschritten der Zivilisation, so geblieben, wie es aus der Rand der Natur hervorgegangen ist, es hat den Charakter des Wilden , welcher sich treu und treulos, großmütig und grausam zeigt, je nach der Regung, die ihn gerade beherrscht. Zu allen Zeiten hat nur ernste, tiefe Bildung den sittlichen Charakter geschaffen; so folgt der Mann, auch wenn er selbstsüchtig, wenn er böswillig ist, stets Prinzipien , das Weib aber folgt immer nur Regungen . Vergiß das nie und fühle dich nie sicher bei dem Weibe, das du liebst.«
     
    Die Freundin ist fort. Endlich ein Abend mit ihr allein. Es ist, als hätte Wanda alle Liebe, welche sie mir entzogen hat, für diesen einen seligen Abend aufgespart, so gütig, so innig, so voll der Gnaden ist sie.
    Welche Seligkeit, an ihren Lippen zu hängen, in ihren Armen hinzusterben und dann, wie sie so ganz aufgelöst, so ganz mir hingegeben an meiner Brust ruht und unsere Augen wonnetrunken ineinander tauchen.
    Ich

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