Venus und ihr Krieger
schlaftrunken vorbei zur Latrine. Plötzlich fühlte er sich erhaben und glücklich, Pila gegen das Ungemach der Welt zu beschützen, ihre Festung zu sein, ihre Obhut, ihre Sicherheit. Er wollte für sie da sein, wie ein Mann für seine Frau. Sein Atem streifte über ihr Haar und er presste sein Gesicht hinein. Verdammtes Schicksal, warum bist du so gnadenlos? Sie würde nie seine Frau werden können. Sie war eine Sklavin und er ein elender Gladiator, einem Sklaven gleich. Er spürte Pilas Arme, die sich um seine Hüften schlangen. Sie besaß einen unvergleichlich biegsamen Körper, sanfte Linien, weiche Formen, so sanft und weich wie ihr Wesen. Er stöhnte leise auf.
»Ich möchte dich niemals wieder loslassen«, hauchte er.
»Ich auch nicht. Aber ich sehe keine Zukunft für unsere Liebe.«
»Ist das wichtig? Wir leben hier und jetzt. Es ist doch nur wichtig, dass wir uns lieben.« Claudius presste sie fester an sich.
»Wenn es nur so wäre. Aber die Zeichen stehen schlecht für unsere Liebe.«
»Woher weißt du das? Kannst du in die Zukunft sehen?«
»Oh nein. Und ich weiß nicht, ob es gut wäre zu wissen, was die Zukunft bringt. Einige weise Frauen meines Volkes können das, aber dazu brauchen sie Opfer. Nein, Claudius, ich habe etwas beobachtet und ich glaube, dass es dir schaden
könnte. Romelia hat Lentulus zu sich befohlen.«
»Lentulus? Davon hat er mir kein Wort gesagt.«
Pila nickte. »Warum auch? Denn ich glaube, dass Romelia dir etwas Böses will. Ich weiß nur nicht, was. Sie hat auf Lentulus eingeredet. Es schien, als wäre er nicht einverstanden mit dem, was Romelia wollte oder forderte. Dann hat sie ihm Geld gegeben, viel Geld. Und plötzlich hat er genickt, das Geld eingesteckt und schnell die Villa verlassen.«
Claudius wurde nachdenklich. »Das ist in der Tat sehr merkwürdig. Vor allem, dass Lentulus kein Wort darüber gesprochen hat. Wenn es sich um einen Auftrag gehandelt hätte, dann hätte er mich eingeweiht. Doch was sollte Romelia gegen mich haben? Ich kenne sie ja kaum.«
»Das weiß ich auch nicht. Aber ich kenne Romelia. Sie ist rücksichtslos und grausam. Bitte, Claudius, nimm dich in Acht.« Er suchte ihre Lippen. »Hast du Angst um mich?«
»Ja«, flüsterte sie. »Und niemand wird dir helfen können, sie ist Valerius’ Frau.«
Und dann schloss sie die Augen und gab sich seinen Küssen hin, die so voll Leidenschaft und Zärtlichkeit waren, dass sie am liebsten ihren Tränen freien Lauf gelassen hätte.
Claudius hielt Pila umschlungen und mit Verwunderung bemerkte er, dass seine Hände zitterten.
Achtes Kapitel
DIODOROS
Am letzten Tag der Reise verließ der Zug des Valerius die Via Appia bei Capua und begab sich auf eine schmale Straße, die hinunter an den Sinus Cumanus des Tyrrhenischen Meeres führte. Schon von weitem erblickten sie den gigantischen Berg, der die Bucht zu bewachen schien. Die Straße führte hinab zum Meer und an ihrem Ende lag die kleine Stadt Neapolis. Sie war eine alte Ansiedlung der Griechen, die vor langer Zeit dieses Gebiet besiedelt hatten. Doch die Reise war noch nicht zu Ende, obwohl in der Umgebung wunderschöne Villen entlang des Berghanges lagen.
Schnaufend wies Drusilla zur anderen Seite der Meeresbucht. »Dort drüben müssen wir noch hin«, jammerte sie. Für sie war die Reise zur Tortur geworden.
Pila starrte auf das Meer. Es lag lieblich, still und blau wie der Himmel vor ihnen, befahren von kleinen Fischerbooten, Galeeren und Handelsschiffen, die sich auf dem Weg nach Alexandria befanden. Viele der Sklaven, die geschäftig ihrer Arbeit nachgingen, waren dunkelhäutig. Afrika lag nicht fern.
Doch für Pila hatte das Meer noch eine andere Bedeutung. Einstmals hatte auch sie in der Nähe eines Meeres gelebt, doch es war anders gewesen, dunkel, stürmisch, kalt und unheimlich. Sie erinnerte sich noch schwach, dass sie als kleines Mädchen mit ihren Brüdern am Strand gespielt, Muscheln gesucht und kleine, seltsam geformte Holzstückchen gefunden hatte. Die Mutter hatte sie gewarnt und ihr letztlich verboten, in der Nähe des Wassers zu spielen, weil sonst ein böser Wassergeist sie holen und in die schreckliche Tiefe ziehen würde. Seitdem ängstigte sie sich vor Wasser. Niemals würde sie durch einen See oder einen Fluss schwimmen und keinesfalls im Meer baden.
Doch keiner hatte die Absicht, am Meer zu pausieren, sondern die Reise ging weiter, von der alten griechischen Siedlung Neapolis zu dem kleinen Ort Herculaneum. Auf der
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