Venus und ihr Krieger
liegt sein Sommersitz. Seit fünf Tagen sind wir schon unterwegs und es geht langsam, weil Romelia ihren ganzen Hausstand mitschleppt.«
»Und wir reiten zurück nach Capua. Die nächsten Kämpfe finden in Pompeji statt. Vielleicht besucht Valerius sie und ich darf dich wieder sehen.«
Pila senkte den Blick. Der Gedanke an die Spiele jagte ihr jetzt noch einen Schauder über den Rücken. Nein, niemals wieder würde sie die Spiele besuchen, auch wenn Valerius sie auspeitschen ließe.
»Wir werden uns nicht wieder sehen, Claudius.«
Er blickte sie betroffen an. »Du magst mich nicht? Gefalle ich dir nicht?«
Pila ergriff seine Hand und streichelte sacht seinen Handrücken. Es waren kräftige Hände. »Doch, ich mag dich und du gefällst mir. Aber das haben dir sicher andere Mädchen auch schon gesagt. Nein, es ist etwas anderes. Ich begehre nicht deinen Körper, deine Schönheit. Ich begehre etwas, wovon ich nicht weiß, ob du es überhaupt besitzt.«
»Oh, wenn du Geld meinst, das habe ich. Leider nicht so viel, um dich freizukaufen …«
»Nein, nein, das meine ich nicht. Ich sehe, du verstehst mich nicht. Das ist mir Antwort genug. Ich muss wieder hinein, sonst fällt meine lange Abwesenheit auf.«
Claudius hielt sie fest. »Geh noch nicht, Pila. Das ist nicht der Zeitpunkt des Abschieds, das spüre ich.«
»Es geht nicht, Claudius. Ich muss vor Romelias Kammer schlafen.«
»Dann komm in der Nacht, wenn alle schlafen! Schleich dich fort zu Mitternacht! Wir treffen uns an diesem alten Baum.«
Er zog sie an sich und suchte ihre Lippen. Diesmal ließ Pila es geschehen. Wie heißer Wein kribbelte es in ihrem Körper und eine heftige Sehnsucht erfüllte sie. Doch es war gefährlich, sehr gefährlich!
»Ich werde es versuchen«, sagte sie ausweichend. Er gab sie frei und Pila huschte in das Wirtshaus zurück.
Nachdenklich blickte er ihr nach. Das Mädchen sprach in Rätseln. Ihre Orakel waren dunkel und geheimnisvoll wie die Wälder ihrer germanischen Heimat. Sie war schön, diese blonde Sklavin, und allein ihr Anblick war atemberaubend. Aber es war noch etwas anderes, das Claudius in ihren Bann zog, etwas, wofür er keinen Namen hatte. Noch niemals zuvor hatte er so empfunden. Ihm lagen die Frauen zu Füßen, er konnte jede erobern, die er wollte. Doch genauso schnell, wie er zum Erfolg kam, verließ ihn das Interesse. Es waren auch schöne Mädchen darunter, die es wert waren, mehr als eine Nacht mit ihnen zu verbringen. Doch keine hatte es geschafft, sein Herz zu rühren. Claudius erstarrte. Sein Herz! Natürlich, das war der Sinn ihres seltsamen Spruches! Die anderen Frauen wollten ihn, den Gladiator, den schönen, harten Körper, muskulös und kampferprobt, seine nimmermüden Lenden, seine pralle Männlichkeit. Pila wollte sein Herz, seine Seele, sein Gefühl!
Überwältigt lehnte sich Claudius an die rissige Borke des alten Baumes. Eine seltsame Schwäche zog durch seine Beine. Das war es, wovor die weisen Dichter und Denker warnten, das war es, was Lentulus als den Tod vor dem Tod bezeichnete. Es war Liebe!
Mit schleppendem Schritt und hängenden Schultern ging Claudius zurück zum Feuer und hockte sich etwas abseits. Gedankenverloren kritzelte er mit einem Stock in den Boden. P I L A formte er aus den Strichen.
»He, Claudius, bist du krank? Du siehst richtig elend aus!« Lentulus blickte zu ihm herüber.
»Nein, es ist nichts«, sagte er. »Die Völlerei der letzten Tage war wohl etwas zu viel.«
Lentulus griente. Er dachte gern an das Fest des Valerius, das er sehr ausgiebig genossen hatte. Es kam nicht häufig vor, dass Gladiatoren, auch wenn sie berühmt waren, zu derartigen Gelagen eingeladen wurden, zudem noch von einem Senator.
»So schnell wird es auch nicht wieder passieren«, meinte Lentulus ein wenig bedauernd.
Claudius bereitete sich ein Lager und legte sich hin. Schlafen konnte er jedoch nicht, im Gegenteil. Er war hellwach. Er spürte, dass sich etwas in seinem Leben geändert hatte, etwas Entscheidendes. Er wusste nur nicht, ob es gut war.
Pila wartete, bis alle schliefen. Sie hatte gemeinsam mit Drusilla ihr Lager vor der Kammer der Herrin aufgeschlagen. Die Herberge war klein und wenig komfortabel, wenn auch sauber. Da Valerius darauf bestanden hatte, alle Gegenstände des Gepäcks unter dem Dach zu lagern, wurde es recht eng. Die meisten Sklaven mussten trotzdem draußen schlafen. Zum ersten Mal wünschte sich Pila, auch bei den anderen Sklaven zu lagern, auch wenn es
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