Venus und ihr Krieger
Hangseite reihten sich herrliche Landgüter mit prächtigen Villen an Sommerhäuser der reichen Römer, die sich in dieser lieblichen Gegend niedergelassen hatten. In verschwenderischer Fülle wuchsen Weinstöcke und Obstbäume auf den fruchtbaren Feldern.
Scheu blickte Pila zu dem unheimlichen Berg auf. Ihr waren die vielen kleinen Tempel aufgefallen, die entlang der Straße standen.
»Das ist der Vesuvius Mons«, erklärte Drusilla und dämpfte ihre Stimme. »Es soll ein Gott darin wohnen, der oft zürnt. Dann bebt die Erde und aus dem Berg dringt Rauch. Deshalb wird ihm geopfert, häufiger als allen anderen Göttern. Und wenn er besänftigt ist, lässt er den besten Wein wachsen, den es auf der Welt gibt.«
»Ein Gott, der in einem Berg wohnt?«, fragte Pila ungläubig. Dass es Erdgeister gab, war ihr bekannt, aber ein richtiger Gott?
Drusilla nickte eifrig und vergaß für einen Augenblick ihre schmerzenden Füße. »Er heißt Vulcanus und besitzt einen giftigen Atem. Wer ihm zu nahe kommt, muss schrecklich sterben. Einmal ist eine ganze Herde von Schafen verendet, die an seinem Hang gegrast hatten.«
»Warum leben die Menschen dann hier, in der Nähe dieses schrecklichen Gottes?«
»Weil der Gott, wenn er besänftigt ist, auch viel Gutes tut. Schau dir die üppigen Felder an. Das ist sein Werk. Den Boden, den du hier siehst, hat er in seinem Zorn aus dem Berg gespuckt. Nun trägt er die größten Früchte. Es ist ein wunderbares Leben hier. Und wenn er grollt, dann laufen alle zu den Tempeln und opfern ihm, damit er sich wieder beruhigt. Jedes Jahr am 23. August findet das Fest des Feuergottes statt. Es ist grausig schön, du wirst es noch erleben.«
Pila war nicht geheuer bei dem Gedanken an diesen seltsamen Gott. Die Stadt Herculaneum lag unmittelbar am Fuß des Berges. Doch die Menschen gingen ihren alltäglichen Beschäftigungen nach. Es herrschte ein reges Treiben, viele bestaunten den langen Zug und Romelia hatte wieder ihre Vorhänge zurückgeschlagen. Sie atmete tief durch. Hier in dem herrlichen südlichen Klima würde sie wieder Energie schöpfen, hier lagen Lebenssinn und Sinnlichkeit so dicht beieinander.
»Was ist, meine Söhne, wollen wir nicht vorausreiten und unsere Ankunft auf dem Landgut melden?« Valerius richtete sich auf seinem Pferd auf. Sie hatten Herculaneum verlassen und befanden sich auf der Via Popilia, die nach Pompeji führte.
»Oh ja! Wir reiten um die Wette!«, schrie Titus und Valerius besänftigte mit einer Handbewegung die Kinderfrau.
»Er ist schon ein großer Junge, er kann das!«, sagte er. Auch Severus zügelte sein Pferd und blickte seinen Vater fragend an. Valerius nickte und die drei Reiter galoppierten davon.
Kurz vor Pompeji, in der kleinen Ortschaft Oplontiae, verließen auch die anderen die Via Popilia und jetzt ging der Marsch den sanften Hang hinauf. Hier lagen herrliche Landgüter mit großen Villen inmitten verschwenderischen Grüns. Auf eine dieser prachtvollen Villen steuerten sie zu.
Romelia hatte sich erstaunt in ihrer Sänfte aufgerichtet. Mit ausgestrecktem Arm zeigte sie auf eine weiße Villa, die noch nicht vollständig fertig gestellt war.
»Wir haben einen neuen Nachbarn!«, rief sie. Es war nicht ganz klar, ob sie erfreut oder ärgerlich darüber war.
Die Villa war prachtvoll und schien einem reichen Besitzer zu gehören. Von der Architektur her war sie unzweifelhaft griechisch.
Auf dem weitläufigen Hof der Landvilla des Valerius hielt der Zug endlich an und Romelia erhob sich mit steifen Gliedern. Doch ihre Augen blitzten und sie trieb mit lauter Stimme die Sklaven an, das Gepäck ins Haus zu bringen.
Aus der Villa kamen weitere Sklaven gelaufen, die unter Aufsicht eines Verwalters das ganze Jahr über auf dem Gelände lebten und die Villa und den Park in Ordnung hielten. Hinter den Taxushecken erstreckten sich ausgedehnte Weinfelder, die ebenfalls zu Valerius’ Anwesen gehörten.
Pila blickte sich um. Im Gegensatz zur römischen Villa mit ihren dunklen, hohen Pinien strahlte dieses Anwesen freundliche Helligkeit und Weiträumigkeit aus. Eine weiß getünchte Mauer umgab das gesamte Anwesen, ohne es einzuengen. Von hier aus hatte man einen wundervollen Blick auf das Meer.
Gut gelaunt trat Valerius aus dem Haus und blickte sich um. Die beiden Knaben tobten durch den Park und auch die zwei Mädchen hielt es nicht mehr in der Nähe ihrer Kinderfrauen. Die Sklaven wimmelten durcheinander, um die mitgebrachten Gegenstände an ihren
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