Venus und ihr Krieger
Vielleicht hat sie die heiße Sonne dort etwas ausgedörrt.«
Romelia amüsierte sich köstlich über den Witz und meinte zu ahnen, dass hinter der scheuen Fassade dieses halben Kindes feurige Leidenschaft loderte. Doch sicher nicht für ihren obskuren Gatten. Romelia wäre nicht Romelia, wenn sie der armen Athenais nicht zu etwas frivoler Abwechslung verhelfen könnte. Athenais verabschiedete sich noch vor ihrem Gatten und Romelia ließ sie in ihrer Sänfte und mit mehreren Sklaven als Eskorte nach Hause bringen. Das imponierte wiederum Diodoros und er versprach Romelia, Athenais zu gestatten, sie öfters besuchen zu dürfen.
»Was sagst du zu unserem neuen Nachbarn?«, fragte Valerius, als sie in der lauen Nacht auf der Terrasse saßen, auf das glitzernde Meer hinausblickten und noch einen Becher Wein leerten.
»Geistvoll blöd«, erwiderte Romelia herablassend. »Wozu braucht er eine Frau, die er wie eine Sklavin hält? Da kann er sich doch gleich eine Sklavin zulegen. Diese Griechen sind derart durchgeistigt, dass sie den Blick für die Realität verlieren. Stell dir vor, sie haben keine Kinder! Ich wette, dieser Diodoros weiß nicht einmal, wozu er das Ding zwischen seinen Beinen hat.«
»Romelia!«, tadelte Valerius.
»Weißt du es besser?«, fragte sie spitz.
Valerius rieb sich nachdenklich das Kinn. »Er mag Knaben, hat er mir erzählt. Und er jammert, dass auf den Sportplätzen um Pompeji zu wenig sportliche Knaben seien, um deren Gunst er buhlen könnte.«
»Da hast du es! Pfui, wo er doch so eine hübsche Frau hat. Ich sage dir, über ihren Erziehungsquatsch mit diesen Knaben verlernen sie es, sich fortzupflanzen. Und eines Tages gibt es keine Griechen mehr, weil sie zu dumm sind, ihre Art zu erhalten.« Valerius erhob sich. »Er ist ein sehr kluger Mann. Ich habe ihm einige Gedichte vorgetragen, die ich selbst geschrieben habe, und er war voll des Lobes darüber.«
»Kann ja alles sein. Was nützt ein kluger Kopf, wenn er taube Lenden hat?«
»Liebste Romelia, damit du nicht weiter so eine schlechte Meinung von Männern hast, wie wäre es, wenn du mich heute Nacht in meinem Schlafgemach besuchtest?«
Romelia seufzte tief. »Ich glaube, das ist keine gute Idee. Nach Livias Geburt hatte ich große Mühe, meine Figur wieder zu glätten. Meinst du nicht, dass vier Kinder genug sind?«
Valerius schwieg verstimmt. Was hatte Diodoros gesagt? Frauen neigen zu Frechheit und Aufsässigkeit. Irgendwie musste er ihm Recht geben.
Diodoros wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und blickte sich um. Der Lauf hatte ihn angestrengt, aber es war auch schon das vierte Mal an diesem Tag, dass er das Stadion umrundet hatte, einmal auch mit Schild. Wie alle Sportler – außer den Sportwarten – war er nackt. Er kam gern hierher, um seinen Körper zu ertüchtigen und in den klassischen olympischen Disziplinen zu trainieren. Wenn er auch niemals an einem Wettkampf teilnahm, so legte er doch großen Wert auf die sportliche Betätigung. Denn die modellierte seinen Körper nach dem alten griechischen Ideal: schlank, muskulös, ästhetisch.
Das Oval für den Diskuswurf war frei und er meldete sich beim Sportwart. Auf einer Bank lagen verschiedene Diskus-scheiben, einige aus Stein, andere aus Metall. Diodoros prüfte sorgfältig, bevor er sich für eine Metallscheibe entschied. Er wog sie in der Hand, dann holte er Schwung. Er achtete auf korrekte Körperhaltung während der Drehung und darauf, die Begrenzung nicht zu übertreten, als er die Scheibe losließ. Sie surrte rotierend in den strahlend blauen Himmel hinein. Der Sportwart maß die Weite. Einer der Sklaven, die Diodoros begleiteten, notierte sie. Diodoros war heute sehr mit sich zufrieden und er blickte sich um. In einiger Entfernung trainierten mehrere Gruppen von Knaben, nach Alter getrennt. Während Diodoros sich auf eine Bank setzte und seine Muskeln durch einen seiner Sklaven massieren ließ, beobachtete er die Jungen. Ein etwa dreizehnjähriger Knabe fiel ihm auf. Er zeigte sich sehr gelehrig, lief schneller als seine Altersgenossen, sprang weiter und warf den Speer am besten. Nur beim Diskuswurf wurden einige Ungenauigkeiten in der Drehung sichtbar. Und noch etwas anderes fiel Diodoros an dem Jungen auf. Der Knabe hatte noch keinen Bartwuchs, lediglich seine Lenden wurden von einem zarten dunklen Flaum bedeckt.
Er war noch nicht zu alt, um von Diodoros umworben zu werden.
Diodoros wartete, bis die Knaben ihr Training beendet hatten. Er näherte
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