Venus und ihr Krieger
sterben. Seit Valerius nach Rom zurückgekehrt war, machte Romelia ihr das Leben zur Hölle. Und nun das! Dabei hatte sie dem Knaben aus tiefstem Herzen helfen wollen. Aber hier schien eine verkehrte Welt zu sein. Und jeder fand das in Ordnung. Sie würde diese Menschen nie begreifen. Sie beteten Göttinnen an, die ihre Röcke hoben wie Hetären, sie töteten sich gegenseitig zum Vergnügen und sie verführten Knaben, die auch noch stolz darauf waren!
Romelia kam mit hochrotem Kopf ins Atrium gerauscht. Ihre zusammengepressten Lippen bildeten nur noch einen dünnen Strich. In ihrer Hand hielt sie eine Gerte. Die Schläge klatschten auf Pilas nackte Arme und brannten wie Feuer. Pila ließ die Züchtigung ohnmächtig vor Wut über sich ergehen, bis Athenais ihre Freundin bat, einzuhalten. »Liebste Romelia, woher soll eine heidnische Sklavin unsere Sitten kennen? Sie wird es noch begreifen lernen.«
»Jawohl, durch die Peitsche. Anders kann man doch mit diesem Pack nicht reden«, fauchte Romelia. Aus den Augenwinkeln sah Pila, wie Acme an der Tür stand und Pilas Bestrafung mit einem zufriedenen Lächeln beobachtete. »Aber nein!« Athenais’ Stimme wirkte besänftigend. »Nimm sie mit in den Tempel zum Opferdienst, führe sie an den Götterglauben heran.«
»Wozu? Sie ist nur eine Sklavin! Woran ein Sklave glaubt, interessiert mich weniger als der Baum, an den ein Hund gepinkelt hat.«
»Liebste Freundin, ist es nicht besser, einen Mitwisser als Vertrauten zu haben denn als Feind?«
Romelia stutzte und blickte Athenais an. »Na ja … vielleicht hast du tatsächlich Recht.«
Athenais zog Romelia aus dem Atrium. »Komm, ich glaube, wir müssen uns noch einmal unterhalten.«
Auch Acme verschwand mit einem hämischen Lächeln und Pila war wieder allein. Mit dem Wasser aus dem Becken des Atriums kühlte sie ihre schmerzenden Striemen. Noch mehr brannte Acmes hämisches Lächeln auf ihrer Seele.
Als Romelia wieder erschien, war Pilas Zorn noch nicht verraucht und sie schritt erhobenen Hauptes hinter Romelia her. Mitten auf dem Weg drehte Romelia sich um.
»Dein Stolz ist wohl durch nichts zu brechen?«, fragte sie.
»Nein, Herrin, denn ich habe nichts Unrechtes getan.«
»So? Dann wirst du wohl bald etwas Unrechtes tun müssen, damit du dieses Gefühl kennst.«
Sie lief weiter und verschwand über das Peristyl in ihren Gemächern.
»Geh in die Küche und bereite mir eine kühle Limonade!«, rief sie über die Schulter.
Pila wandte sich dem Wirtschaftstrakt zu, wo sich auch die Küche befand. In Pila brodelte es. Die Bestrafung, die sie erleiden musste, erregte ihren unbändigen Widerstand. Sie würde sich rächen, an Romelia, an Acme, an Nikandros, an all diesen verfluchten Römern und Griechen und Ägyptern, die offensichtlich nur eines im Sinn hatten – Pila zu demütigen. Sie war sich keiner Schuld bewusst. Zugleich wurde ihr aber auch klar, dass ein gutes, mitleidiges Herz in dieser von Härte, Grausamkeit und Machtbesessenheit regierten Gesellschaft geradezu gefährlich war. Und es war ebenso gefährlich, zu viel Vertrauensseligkeit an den Tag zu legen, auch gegenüber Menschen, die augenscheinlich selbst zu den Gedemütigten zählten.
Sie stellte den Krug mit gekühlter Limonade auf ein silbernes Tablett und wollte es zu Romelia in ihr Gemach tragen. Auf dem Weg verstellte ein Mann ihr den Weg. Es war Claudius!
Neuntes Kapitel
ZU EHREN DES PRIAPUS
Pilas Zorn flog davon und machte einer freudigen Erregung Platz. Claudius war da!
Sie war von seinem Erscheinen so überrascht, dass sie beinahe das Tablett fallen gelassen hätte, das sie in der Hand hielt.
»Claudius!« Eine heftige Röte überzog ihre Wangen und Claudius registrierte es mit einem verschmitzten Lächeln. »Was tust du hier?«
Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Mund. »Begrüßt man so seinen Liebsten?«
»Lass den Unsinn! Bei allen Göttern Roms, du bringst dich um Kopf und Kragen!«
»Keine Angst. Ich sehe, du bist auf dem Weg zu deiner Herrin. Melde mich bei ihr an!«
»Bei Romelia?« Pila glaubte sich verhört zu haben.
»Ja, bei Romelia. Sie hat mich zu sich gebeten.« Pila starrte ihn an.
Claudius lachte und küsste sie wieder. »Du siehst wunderbar aus, wenn du so verblüfft bist. Es ist wirklich so, dass Romelia einen Sklaven zu Lentulus geschickt hat. Offenbar gab es tatsächlich eine Absprache zwischen Romelia und Lentulus.«
»Aber was hat Romelia mit dir vor?«
»Ich ahne etwas, aber ich möchte den
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