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Venuskuss

Venuskuss

Titel: Venuskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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drückte auf den Klingelknopf und straffte ihre Schultern. Wie immer ließ er sie warten. Wie immer wurde ihre Hand, die den Griff des Aktenkoffers festhielt, feucht.
    Die Tür schwang auf und der Feind lehnte daran. Auf seinem Gesicht lag das übliche schmierige Grinsen, als er den Daumen in den Bund der abgewetzten Jeans hakte und mit einer Stimme, die ihr Gänsehaut verursachte, sagte: „Willkommen, Prinzessin. Kühl wie ein Dezembermorgen. Und das bei dieser Hitze.“
    An seinem karierten Hemd fehlte ein Knopf. Die anderen waren falsch zugeknöpft und ließen zu viel von seiner glatten Brust sehen. Sein dunkelblondes Haar fiel in wirren Strähnen über seine Augen, die nicht schwarz waren, wie sie anfangs geglaubt hatte, sondern dunkelblau. Aber das merkte man nur, wenn man ihm sehr, sehr nahe kam. Er fuhr mit gespreizten Fingern durch sein Haar und machte eine übertriebene Verbeugung.
    Véro nickte leicht und stolzierte an ihm vorbei. Sein Haus glich einer gigantischen Rumpelkammer, vollgestellt mit bizarren Staubfängern aus allen Ecken der Welt. Kein Teil passte zum anderen. Chinesische Tempelwächter standen neben ägyptischen Götterstatuen auf einer zerkratzten Jugendstilkommode. Die Regale im Wohnzimmer waren bis zur Decke mit Büchern vollgeräumt, Bücher lagen stapelweise auf dem Fußboden oder aufgeschlagen auf dem Tisch und der Couch. Mittendrin ein Laptop. Daneben zusammengeknüllte Chipstüten und leere Zigarettenpackungen. Überquellende Aschenbecher rundeten das Stillleben ab.
    „ Wie ich sehe, hast du noch immer keine Putzfrau“, bemerkte Véro. Sie hatte längst aufgehört, diese Wohnung mit ihrem eigenen Appartement, das in klarem Schwarz und Weiß gehalten war, zu vergleichen. Sie drehte sich um und einen Moment lang überlegte sie, wie er dort aussehen würde. Lächerlich. Und ganz bestimmt sah sie hier genauso lächerlich aus.
    „ Bingo, Prinzessin“, sagte er und schob mit einer Handbewegung alle auf dem Tisch befindlichen Dinge zur Seite, damit sie ihren Koffer abstellen konnte. „Interesse an dem Job?“
    Sie verdrehte die Augen und beschloss, über seine Unverschämtheit hinwegzusehen. Mit einem lauten Klicken ließ sie den Koffer aufspringen. „Machen wir es kurz, Gerrit ...“
    „ Mmm, neues Parfüm?“ Er war hinter sie getreten und schnupperte hörbar an ihrem Hals. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrer Haut und drehte den Kopf weg.
    „ Die Abrechnung des letzten Quartals ...“, begann sie und ignorierte seinen Einwurf.
    „ Was willst du trinken? Cola, Orangensaft, Bier, Espresso?“, unterbrach er sie und fügte mit einem anzüglichen Grinsen hinzu: „Den Champagner sparen wir uns für nachher auf. Wie immer.“
    Véro setzte sich auf die Couch und nahm die Unterlagen aus dem Koffer. Wie sie das alles hasste! Und wie sie ihn hasste. „Selters. So kalt wie möglich.“
    Er verschwand, während sie ihre Mappen zurechtlegte. Ihr Blick fiel auf den Bildschirm des Laptops und sie beugte sich automatisch vor. Aus seinen Büchern quoll Blut. Sie hatte alle gelesen, aber nicht einmal unter Androhung spanischer Folter dritten Grades hätte sie es zugegeben. Abgesehen davon hatte er niemals gefragt. So, wie er sie niemals angerufen hatte, sie niemals zu einem Drink oder einem Abendessen eingeladen hatte. Was ihr natürlich ganz recht war, weil sie sich keine Ausreden einfallen lassen musste. Mit ihm in einem ihrer exklusiven Stammlokale aufzutauchen, war völlig unvorstellbar, nicht nur wegen seiner abgewetzten Jeans, sondern weil er womöglich den Kellner an den Tisch pfeifen und die Serviererin in den Hintern kneifen würde. Und auf solche Erlebnisse konnte sie gerne verzichten. Ebenso, wie auf die Kommentare aus ihrem Freundeskreis, warum sie statt mit einem Börsenguru oder einem Wirtschaftsboss mit jemandem ausging, der davon lebte, seine kranken Gedanken zu Papier zu bringen. Ganz zu Beginn hatte sie ihn einmal gefragt, ob er denn keine Perspektiven, keinerlei Ehrgeiz habe und warum er nichts anderes mache, schließlich besitze er doch mittlerweile ein ansehnliches Vermögen.
    Seine Antwort kam ohne zu zögern, ohne nachzudenken, begleitet von einem beinahe hilflosen Blick. „Das ist alles, was ich kann.“
    Was sollte man darauf schon sagen?
    Mit gerunzelter Stirn las sie die Zeilen auf dem Bildschirm und merkte erst, als sich sein Schenkel an den ihren presste, dass er sich neben sie gesetzt hatte. Sie nahm ihm das Longdrinkglas aus der Hand und trank durstig.
    „

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