Vera Lichte 05 - Tod eines Heimkehrers
mit ihm zu verkuppeln.«
»Ein stattlicher Mann«, sagte Nick. Er grinste.
»Jan erinnert sie an Gustav«, sagte Vera. »Das ist es.«
»Willst du einen zweiten Vater?«
»Jan sei der Einzige, der sich mit mir auf Augenhöhe befände, hat Hauke gesagt. Eines seiner Argumente gegen unsere gemeinsame Zukunft.«
»Was den Reichtum angeht«, sagte Nick, »und das Talent, das Geld mit vollen Händen auszugeben.«
»Nun klingst du doch ein bisschen bitter«, sagte Vera.
»O nein«, sagte Nick. »Ich verdiene nicht schlecht.«
»Er ist nur zwanzig Jahre älter«, sagte Vera.
Nick gab Gas, als die Ampel am Stephansplatz auf Gelb sprang. Das tat er selten. »Soll Jan bei mir um deine Hand anhalten?«, fragte er.
»Nach dem Essen gehen wir noch ins Stilwerk und suchen ein neues Gehäuse für Gläser und Geschirr aus«, sagte Vera.
»Du kannst das Jugendstilbüfett jederzeit zurückhaben.«
»Ich denke, ich gucke mal bei ›Kirsch und Lüttjohann‹ rein.«
»Haben die nicht nur Büromöbel?«
»Stehen schon Möbel von mir bei dir im Keller?«
»Das weißt du?«, fragte Nick.
»Anni ist die schlechteste Geheimnisträgerin, die ich kenne.«
»Was weißt du noch?«
Nick dachte an das Messer im Flurtischchen.
»Es können nur die Beistelltische sein«, sagte Vera, »und das zweisitzige Sofa mit den Volants aus dem Balkonzimmer.«
»Verrat ihr nicht, dass du es weißt. Sie ist so stolz auf die Lösung.«
»Ich habe Jan von Herzen gern«, sagte Vera.
»Dann ist das ja geklärt«, sagte Nick, »dann können wir in aller Ruhe über Perak reden, während wir unseren Fisch essen.« Er bog in die Große Elbstraße ein.
Bielfeldts Bruder lag wirklich nicht auf Rosen gebettet. Die Werkstatt befand sich im Souterrain eines Hauses in der Stresemannstraße, da wo sie am lautesten und schmutzigsten war.
Wenigstens wohnte er von nun an gemütlich im Backsteinträumchen in Marienthai, wenn er dafür auch durch die halbe Stadt fahren musste mit dieser Wellblechbüchse von Auto, die vor der Werkstatt stand.
»Elektro Bielfeldt« stand darauf. Der Kramladen hielt nicht, was das versprach. Kurt Bielfeldt hatte ohne Zweifel das größere Los gezogen als sein Bruder Lud. Vielleicht war er einfach zielstrebiger gewesen.
Gernhardt hatte Nick nicht erreicht.
Er stand allein vor der Werkstatt und hatte die Klinke in der Hand.
»Verdächtigen Sie mich noch?«, fragte der dünne Lud Bielfeldt.
Er schien ein banger Mensch zu sein mit dem Blick des Verfolgten.
»Ich will Ihnen nur zwei Bilder zeigen«, sagte Gernhardt.
Er legte die Kopien von Nicks Fotos auf die verkratzte Theke aus Glas. Kleine Elektrogeräte befanden sich da drin. Rasierer. Telefone.
Der kunstlederne Mann lag nun auf der Glastheke.
Lud mit dem mörderischen Blick.
Bielfeldt schien erschrocken über den eigenen Gesichtsausdruck.
»Ist das der Mann, um dessentwillen Sie Streit mit Ihrer Schwägerin hatten?«, fragte der Herr Hauptkommissar.
»Er tat so, als habe sie Sex mit ihm gehabt«, sagte Lud Bielfeldt, »und Bimbi hat dem nicht wirklich widersprochen.«
Pit konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser dünne triste Mann zu gern selbst Sex mit Bimbi gehabt hätte.
»Gab es eine Annäherung zwischen Ihnen und Ihrer Schwägerin?«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Lud Bielfeldt. Er betrachtete seine Hände, die erstaunlich schmal und elegant wirkten. Ein großer Feinmechaniker hätte aus ihm werden können.
»Dass Sie der Frau Ihres Bruders nähergekommen sind. In einer Weise, die nicht nur verwandtschaftlich war.«
»Kommen Sie mal mit nach hinten«, sagte Bielfeldt. Er schob den braunen Filzvorhang beiseite, und Pit ging um die Theke herum in den hinteren Teil des Ladens. Ein Zwischending aus Werkstatt und einer Wohnküche befand sich da. Eine kleine Anrichte mit Spüle. Eine Kochplatte. Ein Sofa, auf dem Bettzeug lag.
Bielfeldt hatte das Haus seines Bruders wohl noch nicht bezogen.
»Setzen Sie sich doch«, sagte er und nahm einen Stapel Zeitungen von dem einen der beiden Stühle. Sie setzten sich beide.
»Ich habe die Bimbi gemocht«, sagte er, »doch ich habe sie nie angefasst. Höchstens mal ein Küsschen bei einer Feier.«
Er stand auf und öffnete eine Tür, die zum Hof hinausging.
»Trinken Sie auch ein Bier?«, fragte Lud Bielfeldt und holte zwei Flaschen aus einem Kasten. Dieser späte Mai war noch immer kühl genug, um das Bier angenehm zu temperieren.
Pit trank ein Bier. Ab und zu musste man eherne Gesetze übertreten, wenn
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