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Verarschung

Verarschung

Titel: Verarschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Arffssen
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Tweety ein Kanarienvogel . Darüber hatte Blomberg irgendwie nie nachgedacht. Aber trotzdem, was sollte das beweisen?
    «Ich rede mit Bubbles», sagte er, «aber ich bin nicht sicher, ob ihn das dazu bringen wird, die Anklage fallenzulassen. Sonst noch was?»
    «Sieh dir mal das hier an.»
    Blomberg sah zu, wie die Angreiferin ihr Samuraischwert in einer Zurschaustellung mörderischer Virtuosität durch die Luft fahren ließ.
    «Ja, ich sehe es mir an …»
    «Ich bin Linkshänderin, Mister Oberschlau.»
    Es stimmte. Die Kriegerin hielt das Schwert mit der rechten Hand. «Das ist schon mal was», räumte Blomberg ein. «Aber bestimmt nicht entscheidend. Noch was?»
    Als Nächstes hielt Salamander den Film an und vergrößerte das Standbild. Vor diesem Moment war die Angreiferin leichtfüßig die Wände hinauf und über die Decke gelaufen, und nun machte sie sich daran, zum tödlichen Schwerthieb gegen ihr Opfer auszuholen. In diesem Augenblick war der Hals der Angreiferin nach vorn geneigt und zeigte einen Teil einer Tätowierung.
    «Na und?»
    «Das Tattoo. Sieh es dir genau an.»
    Blomberg rückte näher an den Bildschirm. «Es scheint ein … Fisch zu sein … vielleicht ein Stör.»
    «Ein Baltischer Stör, um genau zu sein», sagte Salamander.
    Als hätte sie Blombergs Gedanken gelesen, beugte sich Salamander vornüber und ließ ihr Haar herunterhängen, sodass ihr Nacken frei lag. Über dem Rand ihres Burton-Kapuzenpullis zeigte sich der vertraute Schädel des Tyrannosaurus, der am Bein eines Velociraptors kaute.
    «Siehst du», sagte sie, «keine neuen Tattoos. Nur die alte Zallinger-Wandmalerei.»
    Blomberg dachte an den Moment vor fünf Jahren, in dem er Salamander zum ersten Mal nackt gesehen hatte. Sie war eine energiegeladene, aber überraschend befangene Geliebte gewesen. Und sie hatte über die Tätowierung gejammert, die beinahe ihren gesamten Rücken bedeckte. «Ich sollte es überarbeiten lassen. Zallingers Arbeit ist in einer Zeit entstanden, in der Dinosaurier noch als trübsinnige Reptilien galten. Auf Zallingers Wandgemälde schleppt der Tyrannosaurus seinen Schwanz hinter sich her. Heute glauben die Paläontologen, dass der Schwanz hochgereckt wurde, um bei der Jagd ein Gegengewicht zu seinem Körper zu bilden. Dieser Bursche war keine Trantüte.»
    « Vielleicht hast du den T. rex ja mit Make-up abgedeckt und ein Aufkleber-Tattoo mit einem Baltischen Stör benutzt.»
    «Aha», sagte Salamander. «Und was ist damit?»
    Einer der Vorteile, wenn man den leistungsstärksten Computer von ganz Kontinentaleuropa in seiner Gefängniszelle hatte, bestand darin, dass Salamander Bildvergrößerungen mit unglaublicher Auflösung machen konnte. Sie zoomte auf einen Abschnitt vom Nacken der Angreiferin. Blomberg erkannte jede einzelne Hautpore und auch die Einstichstellen für den Farbeintrag in die Haut, aus denen sich das Stör-Tattoo zusammensetzte. Die Tätowierung war echt. Außerdem erkannte er die Ansätze des pechschwarz gefärbten Haars der Angreiferin. Sie waren blond.
    «Tja, wenn das Mädchen mit dem Stör-Tattoo nicht du bist», sagte er, «wer ist es dann?»
    Salamander lächelte ihr schiefes Nichtlächeln. «Da habe ich eine ziemlich genaue Vorstellung.»
     
    Sie stand auf der Waldlichtung. Die Lichtung war ungefähr 14 000 Quadratmeter groß, und vielleicht war sie inzwischen sogar noch ein bisschen größer, nachdem eine Biberfamilie die Douglasfichte am Bach umgelegt hatte. Die Flechten schmeckten für diese Jahreszeit sehr gut. Nicht so gut wie Novemberflechten natürlich, die süß und moosig waren, aber immer noch viel besser als die trockenen, unaromatischen Augustflechten. Ihre Lippen waren ein bisschen wund von dem Geknabber am Permafrost, und ihr vierter Magen grummelte. Sie wusste, dass sie diese modrigen Blätter nach dem Frühstück nicht hätte essen sollen. Wenigstens schmerzte ihr Geweih nicht mehr so sehr. Es hatte seit ihrem Streit mit Partner wehgetan. Es war das erste Mal, dass es zu Tätlichkeiten gekommen war, und jetzt schlichen sie unruhig umeinander herum. Sie konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, worüber sie gestritten hatten. Ich kann mich sogar nicht einmal mehr daran erinnern, wann Junior geboren wurde. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich überhaupt keine Erinnerungen. Alles ist einfach nur eine immerwährende Gegenwart. Es ist echt ätzend, ein Rentier zu sein.
    Wenigstens wusste sie, dass die Tage wieder länger wurden. Bald wäre sie brünstig. Dann

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