Verarschung
Fräulein Chikletts Lippen.
«Sie sind Mikael Blomberg, oder?», flüsterte sie.
«Das stimmt.»
Die Archivarin löste die Nadeln aus ihrem Haar. Glänzende braune Locken fielen auf ihre Schultern herunter. Plötzlich erkannte Blomberg Fräulein Chiklett wieder: Sie war Silbermedaillengewinnerin im Riesenslalom bei den Olympischen Spielen gewesen, bevor sie 2006 zum Fröken Universum gewählt wurde. Blomberg bewunderte ihren wunderschön geformten Körper, als sie aus ihrem Archivar-Overall stieg. Diese ehemaligen Fröken Universums bleiben aber auch phantastisch in Form.
Sie half Blomberg, sich auszuziehen.
«Hier?», fragte er.
«Die merken das gar nicht», flüsterte sie. Mit einer energischen Handbewegung fegte sie das Aschehäufchen vom Tisch, legte sich darauf und spreizte die Beine. Die anderen Archivare schienen alles ganz genau zu beobachten.
«Bist du sicher, dass der Tisch nicht unter unserem Gewicht zusammenbricht?», fragte Blomberg. Er hatte es in letzter Zeit nur selten geschafft, auf seinen Brataal zu verzichten.
«Normalerweise würde ich ja sagen», antwortete Chiklett. «Aber dies ist ein UKEA-Tisch.» Sie lachten.
Die Archivarin war eine zärtliche und phantasievolle Liebhaberin. Man merkte gleich, dass sie ihre Kindheit auf einem Bauernhof in der Gesellschaft von Wolfshunden verbracht hatte.
Als sie fertig waren, zündete sich Blomberg eine Zigarette an.
Chiklett berührte zart seine Lippen. «Entschuldigen Sie bitte, aber das Rauchen ist im UKEA-Unternehmensarchiv streng verboten. Wir wollen ja nicht, dass mit unseren Dokumenten ein Malheur passiert, nicht wahr?» Sie warf einen schelmischen Blick auf die Asche, die verstreut auf dem Boden lag.
Aber Blomberg war plötzlich nachdenklich geworden. «Humida, ich möchte, dass du mir ehrlich eine Frage beantwortest. Ich bin siebenundvierzig und um die Mitte etwas auseinandergegangen. Meine Verdauung macht Geräusche, und meine Knie knacken. Mein Zahnfleisch geht zurück, und dasselbe gilt für meinen Haaransatz. Ich stinke nach kaltem Rauch, meine Rülpser riechen nach dem Kaffee von gestern, und meine Zähne haben die Farbe von Köttbullar. Mein Höhepunkt als Journalist liegt Jahre zurück, seither schreibe ich nur noch einen Blog, den niemand liest, und nehme Aufträge von Verrückten an. Warum finden mich Frauen, wunderschöne Frauen, vollkommene Frauen, bloß so unwiderstehlich?»
«Weil du so süß bist», antwortete sie und drückte ihm einen Kuss auf die Nase.
«Aber das bin ich doch gar nicht. Kein bisschen. Ich meine, hey, ich bin doch nun wirklich nicht Daniel Craig. Ich bin plump und alt. Manchmal habe ich das Gefühl, den Traum von jemandem zu leben, der gern ein Weiberheld wäre. Als ob mein ganzes Leben nur die Projektion eines Losers wäre, der sich vorstellt, einen irren Schlag bei den Frauen zu haben. Ergibt das irgendeinen Sinn?»
Chiklett war eingenickt. Blomberg betrachtete sie beim Schlafen. Als sie aufwachte, schliefen sie erneut miteinander. Damit die anderen Archivare nichts hören konnten, flüsterte sie ihm auf dem Höhepunkt der Leidenschaft ins Ohr: «Es gibt noch mehr. In den Regalen.»
«Über Chamelea?»
Sie nickte.
«Kannst du es mir bringen?»
«Ich glaube nicht. Aber wenn du mir dein iPad leihst, kann ich alles abfotografieren.»
«iPads haben keine Kameras.»
«Mist. Das hatte ich vergessen.»
«Aber mein iPhone hat eine Kamera.»
«Gut. Schieb es mir ganz unauffällig rüber, damit die anderen es nicht merken. Ich muss es versteckt halten.»
«Wo soll ich es denn hinlegen?»
«Denk dir was aus.»
Sie fuhren in Blombergs Volvo S60 AWD von 2007 zur Bömshüttå am Poppensee. Es war eine Strecke von nur hundert Kilometern, aber sie mussten zweimal anhalten, einmal, weil das Warnlämpchen der Lichtmaschine aufleuchtete, und dann noch einmal, als die Bremsen Feuer fingen.
Humida rollte sich nackt auf dem Bett zusammen und las den neuesten Krimi von Henning Mankell.
«Taugt der was?», fragte Blomberg.
Humida schüttelte den Kopf. «Totaler Mist. Aber man kann damit die Zeit totschlagen.»
Blomberg machte Feuer. Er benutzte eine Ausgabe von BLINK! zum Anfachen. Man schickte ihm die Zeitschrift immer noch umsonst. Er warf einen Blick auf das Inhaltsverzeichnis. Björn Borgs graues Haar: würdevoll oder nur alt? Prinzessin Victorias Köttbullar: BLINK! enthüllt die geheime Zutat. Er warf die Zeitschrift in den Kamin. Sie brannte noch nicht einmal richtig.
«Hast du es bequem?», fragte
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