Verarschung
und wenn Twigs Manuskript Hitlers Verbindung zu UKEA belegt, dann muss sein Buch von unschätzbarem Wert für sie sein.»
«Das ist wahr. Aber warum hätte sie ihn dann köpfen sollen? Warum hat sie ihn nicht einfach sein Buch veröffentlichen lassen? Und warum hat sie Ekkrot umgebracht? Welche Rolle spielt er in der ganzen Sache?»
«Das weiß ich auch nicht. Vielleicht ist sie zu Twig gegangen, hat gebeten, einen Blick auf das Manuskript werfen zu dürfen, und er hat abgelehnt. Er war schon immer ein Geheimniskrämer. Vielleicht hat er das Manuskript verteidigen wollen, und sie hat ihn deshalb getötet.»
«Und Ekkrot?»
«Er war Twigs bester Freund, noch aus der Zeit, in der sie zusammen an der Königlichen Tennis-Akademie waren. Vielleicht dachte Chamelea, dass Ekkrot das Manuskript für Twig versteckt hat. Aber das ist reine Spekulation.»
«Glaubst du, dass Chamelea jetzt im Besitz des Manuskripts ist? Im Mordvideo sieht man deutlich, dass sie Twigs Laptop gefunden hat.»
«Twigs Vater zufolge hat Twig auf seinem Computer nur gebloggt. Er hat alles auf einer alten Hermes-Schreibmaschine getippt.»
«Wie Peter Høeg.»
«Genau.»
«Was bedeutet, dass Chamelea immer noch nach dem Manuskript sucht.»
«Ja.»
«Und Ukea?»
«Ich nehme an, dass er das Manuskript ebenfalls gern hätte.»
In diesem Augenblick wandte sich eine attraktive Frau in den Vierzigern zu ihnen um. «Entschuldigen Sie bitte, aber ich konnte nicht umhin, Ihre Unterhaltung mit anzuhören. Das ist ja so faszinierend. Es klingt, als wäre es direkt aus einem Schwedenkrimi.»
Bubbles zeigte ihr diskret seinen Polizeiausweis. «Offizielle Angelegenheit», flüsterte er. «Streng vertraulich.»
Die Frau nickte, schien aber Bubbles gar nicht zugehört zu haben. Ihre meergrünen Augen waren nur auf Blomberg gerichtet. «Sind Sie nicht zufällig …?»
«Der bin ich.»
Die Frau kritzelte hastig ihre Telefonnummer und ein paar Worte auf einen Zettel und drückte ihn Blomberg unter dem Tisch in die Hand. Wenn Sie mal eine kleine Pause vom Ostseeklima brauchen …
Sie verließ die Kaffeeklinik und warf ihm noch einen sehnsuchtsvollen Blick über die Schulter zu.
Bubbles schlürfte seinen Pfefferminztee. Blomberg leerte sein Espresso-Aquarium.
«Wollen wir uns eine Portion Brataal teilen?», fragte Blomberg.
«Nein, aber bestell dir ruhig etwas. Vielleicht esse ich ein bisschen mit.»
Blomberg bestellte, und Bubbles fasste zusammen, was er erfahren hatte.
«Der Zwei-Meter-Riese, der unempfindlich ist gegen Kälte und den du im Smart gesehen hast, war nicht der Wiedergänger von Ronni Niemand. Es war sein eineiiger Zwilling Reinhard. Im Gegensatz zu den Salamander-Zwillingen scheinen sich die beiden Niemands sehr nahezustehen. Sie wuchsen in Leipzig auf und zogen nach dem Fall der Mauer nach Berlin. Reinhard wollte Koch lernen, aber durch einen Gendefekt kippte er sich ständig versehentlich kochendes Wasser über die Haut oder setzte sich in Brand. Genau wie sein Zwillingsbruder erledigte er hie und da ein paar Kleinigkeiten für seinen Vater – meist schmuggelten sie Waffen nach Island oder erwürgten Prostituierte. Seit dem Mord an seinem Vater und dem Tackertod seines Bruders hat er sich offenbar treiben lassen. Sein IQ ist unterdurchschnittlich, seine Ausbildung minimal. Seine Muttersprache ist Deutsch, sein Schwedisch ist mittelprächtig. Er kann sich gebrochen auf Holländisch, Russisch und Polnisch unterhalten; Französisch, Spanisch und Italienisch liest er nur. Ich würde sagen, dass er lediglich ein ganz normaler Kleinkrimineller ist – wenn wir nicht Beweise hätten, die ihn mit den aktuellen Rentiermorden in Verbindung bringen.»
«Was für Beweise?»
«Ein kleiner Finger, den er sich am letzten Tatort zufällig abgetrennt haben muss. Die DNA ist seine. Und der kleine Finger war riesenhaft.»
«Aber Niemand passt doch gar nicht in das Profil des typischen Rentier-Rippers.»
«Genau. Ich hatte die ganze Zeit gedacht, dass die Enthauptungen von Arssen und Ekkrot nichts mit den Rentier-Ausweidungen zu tun haben können. Aber seit Niemand unter Verdacht geraten ist, habe ich so meine Zweifel daran. Und was du mir über Chamelea erzählt hast, bestärkt mich in der Annahme, dass die beiden Verbrechen miteinander verbunden sein müssen. Weißt du, nachdem er aus der Kochlehre geflogen war, hat Reinhard Niemand kurz als Tischler in der UKEA-Filiale in Hamburg gearbeitet. Und jetzt diese Sache mit dem Einbruch in deine
Weitere Kostenlose Bücher