Verbannt
sehr. Ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, dass sie mich komplett unterschätzt. Das ist für uns sehr gut und für sie sehr schlecht.“ Ich stand auf und ergriff Clints Hand. „Lass uns fahren. Ich habe keine Lust mehr, in ihrem Schatten herumzutapsen.“
III. TEIL
1. KAPITEL
Die Fahrt zurück zum Wald war lang und ermüdend. Wir hatten Broken Arrow kurz nach neun Uhr am Morgen verlassen und machten sechs Stunden später in irgendeinem namenlosen Kaff Halt, um zu tanken und etwas zu essen. (Es gab dort einen „Sonic Drive-in“. Mir war nach einem extralangen Chili-Cheese-Dog, man sage also nicht, dass ich keine mutige Frau sei.) Vier Stunden später, als die Sonne unterging, bremste Clint endlich ab, um die Straße zu verlassen und auf den vom Schnee verdeckten Weg einzubiegen, der durch den Wald direkt zu seiner Hütte führte.
„Nagi Road“, flüsterte ich, als ich den unschuldig aussehenden Straßenabschnitt draußen betrachtete. „Geister der Toten.“ Ich hätte die Straße immer wiedererkannt, sogar mit geschlossenen Augen. Sie strahlte ein bestimmtes Gefühl aus – eine traurige Einsamkeit. Ich hob eine Hand und drückte sie gegen die Scheibe. „Ich werde mich an euch erinnern“, murmelte ich den Geistern zu, die unsichtbar über der schneebedeckten Straße zu schweben schienen.
Ja, es schneite immer noch. Nicht stark, aber genug, um uns wissen zu lassen, dass es immer noch ernst gemeint war.
„Sprichst du zu den Geistern?“, fragte Clint leise.
„Ja.“ In Gedanken machte ich mir einen Vermerk, dass meine Mädchen beim nächsten Vollmondfest ein Trankopfer für die indianischen Krieger vergießen sollten.
„Verdammt, ist das kalt!“ Mein Atem schwebte in dicken Wolken um meinen Kopf, als ich das Auto verließ und zur Hütte rannte. Drinnen zog ich schnell die Stiefel aus und folgte Clint an den Kamin.
„Es braucht nur wenige Sekunden, bis es hier drin schön warm ist.“ Er lächelte mich über die Schulter an. „Setz dich und behalt deinen Mantel noch einen Augenblick an. Du wirst überrascht sein, wie schnell dir wieder warm ist.“
Ich nickte und tat, was er gesagt hatte. Auf der Fahrt hierher war Clints Zurückhaltung verschwunden. Wir hatten zwar nicht gerade wie alte Freunde miteinander geplaudert, aber er war definitiv aus seiner Höhle herausgekommen. Ich wusste, dass es egoistisch war, aber ich mochte ihn so lieber – charmant und aufmerksam. (Wem ginge das nicht so?) Und natürlich, je näher wir seinem Zuhause gekommen waren, desto entspannter war er geworden. Die steife Art, mit der er sich gehalten hatte, als würde er mitten durchbrechen, wenn er sich zu schnell bewegte, war fast vollständig verschwunden.
„So.“ Er legte das letzte Holzscheit auf die brennenden Zweige. „Das sollte erst einmal reichen.“ Dann beschäftigte er sich damit, die altmodischen Kerosinlampen anzuzünden, die auf den robusten Beistelltischchen standen.
„Glaubst du, dass sie schon hier ist?“, fragte ich.
Er setzte sich in den Schaukelstuhl mir gegenüber. „Ich glaube es nicht, aber ich weiß, wie wir es mit Sicherheit herausfinden können.“ Er nickte in Richtung Tür.
„Du willst nach ihr gucken gehen? Oh nein, bitte nicht im Wald. Ich bin einfach zu müde.“
„Ich glaube, es gibt einen einfacheren Weg. Die Bäume lassen mich vielleicht wissen, ob sie irgendwo dort draußen ist, aber ich verwette eine ganze Fuhre Feuerholz, dass sie es dir ganz bestimmt verraten würden.“
Ich merkte auf. „Huh. Ich glaube, du hast recht.“ Ich dachte an die seltsame Szene zurück, die ich in der vergangenen Nacht mit angesehen hatte. „Clint, ich glaube, dass die Bäume Rhiannon nicht sonderlich mögen. Ich meine, nicht nur, dass sie mich Eponas Geliebte nennen und nicht Eponas andere Geliebte, sondern ich habe auch nicht gespürt, dass sie ihr bei ihrem kleinen hässlichen Ritual in irgendeiner Weise geholfen hätten. Meinst du, dass das sein kann?“
„Bevor ich dich kennengelernt habe, hätte ich nicht gedacht, dass es möglich ist, aber sie geht mit den Bäumen nicht so um wie du. Sie scheint ihre Kraft von irgendwo anders herzubekommen. Ich weiß, dass die Bäume nicht mit ihr sprechen, und ich weiß, dass sie Rhiannon nicht so willkommen geheißen haben wie dich.“
„Auf der Lichtung in Chicago haben sie definitiv geschwiegen“, sagte ich nachdenklich.
„Du bist die Auserwählte der Göttin, mein Shannon-Mädchen. Sie nicht“, stellt er fest.
„Dann lass mal sehen,
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