Verbannt
schien ruhig zu schlafen. Clint lag neben mir, in Jeans und T-Shirt. Er lag auf der Decke, sodass unsere Körper sich nicht berührten, und hatte eine Wolldecke über sich gezogen. Seine Augen waren geschlossen, und er atmete tief und ruhig. Bei seinem Anblick machte mein Herz einen kleinen, lächerlichen Hüpfer.
Erlaube dir heute Nacht, ihn zu lieben, Geliebte.
Die Stimme der Göttin erklang in meinem Kopf.
„Aber ich bin mit ClanFintan verheiratet“, erwiderte ich.
Er ist das Spiegelbild deines Mannes, Geliebte. Auch er ist geboren worden, um dich zu lieben.
„Aber...“
Er braucht dich, meine Auserwählte ...
Damit verstummte die Stimme der Göttin in meinem Kopf.
2. KAPITEL
Ich öffnete die Augen. Das Feuer war zu einem warmen Glühen heruntergebrannt. Ich betrachtete es eine Weile und dachte über Eponas Worte nach. Es dauerte nicht lange, bis ich eine Entscheidung traf.
Ich drehte mich auf die Seite, um Clint anzuschauen.
Bei meiner Bewegung öffnete er besorgt die Augen.
„Was?“, fragte er und machte Anstalten, sich aufzusetzen.
„Pst.“ Ich streckte eine Hand aus und berührte seinen Arm. „Alles ist gut.“
Er legte sich wieder hin und strich sich über die Augen. Eine Geste, dir mir inzwischen schon vertraut war.
„Hattest du wieder so einen Traum?“
„So in der Art – dieses Mal habe ich die Vergangenheit gesehen.“
„Was meinst du damit?“ Er war jetzt gänzlich wach und drehte sich ebenfalls so, dass er mich anschauen konnte.
Bei seinem Gesichtsausdruck musste ich lächeln. „Das ist ganz schön bizarr, oder?“
Er erwiderte das Lächeln und tippte mir auf eine Art an die Nasenspitze, die mich sofort an ClanFintan erinnerte.
„Man muss sich ein Weilchen dran gewöhnen, aber ich denke, wir machen das ganz gut. Was hast du dieses Mal gesehen?“
„Die Göttin hat mir Rhiannons Vergangenheit gezeigt. Ich glaube nicht, dass Epona das getan hat, um Rhiannons Verhalten zu entschuldigen. Ich glaube, es soll dazu dienen, dass ich Rhiannon besser verstehe.“
„Und, tust du das?“
„Ja“, sagte ich nachdenklich. „Und sie tut mir leid.“
Er sah mich überrascht an. „Wirklich?“
Ich nickte. „Das hätte auch ich sein können. Verändere die Umstände in meiner Kindheit, und ich wäre vielleicht das geworden, was sie geworden ist.“ Ich lachte humorlos auf. „Ehrlich gesagt ist das ein wenig beängstigend.“
Er schob eine Locke aus meiner Stirn. „Aber aus dir ist nicht das geworden, was sie ist.“
„Nein, aber verurteile sie nicht zu sehr, Clint. Sie ist mir ähnlicher, als ich gedacht hätte. Du musst verstehen, dass auch sie einmal nur ein kleines Kind war, ein verängstigtes Kind, das nicht auf das vorbereitet war, was es erwartete.“
Er gab ein Schnauben von sich, das genauso klang wie bei Clan-Fintan.
Sanft berührte ich seine Wange, erlaubte meiner Hand, an der warmen Haut zu verweilen, die wegen der Bartstoppeln rau war. Aus einem Impuls heraus bat ich ihn: „Versprich mir, dass du dich daran erinnern wirst, Mitleid mit ihr zu haben.“
Er schaute mir lange Zeit schweigend in die Augen. „Ich verspreche es“, sagte er dann sanft.
Ohne weiter darüber nachzudenken, was ich tat, beugte ich mich vor und küsste ihn leicht auf die Lippen. „Danke.“
„Gern geschehen.“
Seine Stimme hatte einen tieferen Klang angenommen, und sein Körper war mit einem Mal merkwürdig angespannt. Ich blieb, wo ich war, und unsere Gesichter waren nur Millimeter voneinander entfernt.
Wieder neigte ich den Kopf ein wenig und küsste ihn; dieses Mal ließ ich die Berührung länger dauern. Er machte keine Anstalten, den Kuss zu vertiefen, aber er öffnete die Lippen und ließ mich genussvoll seinen Mund erkunden.
„Ich mag deinen Geschmack“, flüsterte ich.
„Mein Shannon-Mädchen ...“
Das Kosewort wurde zu einem Stöhnen, als ich mich dichter an ihn drückte und die dicke Decke aus dem Weg schob, um seinen Körper an meinem zu spüren.
Wir schlangen unsere Beine umeinander. Ich liebte es, seine raue Jeans an meiner warmen, nackten Haut zu fühlen. Ich schob eine Hand unter sein T-Shirt und beugte mich für unseren nächsten Kuss vor. Dabei erforschte ich seinen muskulösen Rücken. Meine Finger fanden die lange Narbe, die fast vom Hals bis zur Hüfte an seiner Wirbelsäule entlanglief. Ganz bewusst sammelte ich Energie in meinem Inneren und ließ sie aus meinen Fingerspitzen fließen, um ihm den Schmerz zu nehmen. Ein warmer Strahl durchrieselte
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